Handwerk 2015: Große Herausforderungen - große Erfolge

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Internationale Handwerksmesse

Anlässlich der Eröffnung der IHM 2015 in München, haben Spitzenpolitiker und Handwerksfunktionäre einige kontroverse Themen diskutiert. Mindestlohn, Energiewende, Nachwuchs- und Fachkräftemangel sowie die Erbschaftssteuer standen im Fokus.

Gute Laune trotz harter Themen bei der Eröffnung der IHM 2015: Unternehmer Friedhelm Hinsenhofen, ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer, Moderatorin Astrid Frohloff, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Grünen-Politikerin Kerstin Andreae und Bayerns Staatsministerin Ilse Aigner (v. li.). - © Frank Muck

"Wir sind die Zahler der Nation" - zu dieser drastischen Einschätzung kam der ehemalige Präsident der Handwerkskammer München und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende der Gesellschaft für Handwerksmessen, Heinrich Traublinger, bei der Eröffnung der IHM im Hinblick auf das Thema Energiewende. Natürlich sei die energetische Gebäudesanierung wichtig, gleichzeitig sei es "aber keineswegs zu akzeptieren, die geplanten Begünstigungen mit dem Handwerkerbonus gegen zu finanzieren".

Streit um energetische Sanierung "unerfreuliche Debatte"

Für Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist die Debatte auch "unerfreulich". Ein Großteil der Länder hätte auf eine Kompensierung der entgehenden Steuereinnahmen gedrängt, nun warte er auf bessere Alternativorschläge. Sollte das nicht zeitnah passieren, werde er Zuschuss-Modelle vorschlagen, um die Einbußen der Länder zu kompensieren. Er betonte aber auch, dass das Programm keineswegs gestoppt sei. Es stünden nach wie vor drei Milliarden Euro zur Verfügung.

Auch zum Mindestlohn - dem "Bürokratiemonster" so Traublinger - bezog er klar Stellung: Dazu gäbe es keine Alternative und auch die Dokumentationspflichten würden bleiben. Man werde aber alles noch einmal ganz genau anschauen, und wo es wirklich Probleme gäbe, werde man nachbessern.

Ein Hoch auf die duale Ausbildung

Mindestlohn, Erbschaftssteuer, Nachwuchssorgen waren die bestimmenden Themen bei einer Podiumsdiskussion mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Bayerns Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie Ilse Aigner, der Grünen-Politikerin Kerstin Andeae, ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer und Friedhelm Hinsenhofen, Geschäftsleitung der LR Gebäudesanierung GmbH.

Zunächst ging es um die Ausbildung. Wollseifer betonte, dass sich das Handwerk um alle Schüler kümmere - egal wie gut sie qualifiziert seien. Auch Gabriel hielt nahezu ein Plädoyer für die "Duale Ausbildung" und die Idee des "Dualen Abiturs" und lobte die unterschiedlichen Initiativen des Handwerks, um dem Nachwuchsmangel entgegen zu wirken. Auch für die Initiative des Handwerks für die Flüchtlingsausbildung fand bei ihm großen Anklang.

Gabriel und Aigner betonten unisono, dass sich in den Köpfen der Menschen etwas ändere müsse: Man brauche nicht unbedingt Abitur oder ein Studium, um beruflich etwas zu erreichen. Im Gegenteil: Jugendliche, die eine berufliche Ausbildung verfolgten, könnten in einigen Fällen ein besseres wirtschaftliches Leben erreichen als mit einer akademischen Ausbildung.

Mindestlohngesetz sorgt für Diskussionen

„Die Betriebe dürfen nicht überbordend belastet werden - insbesondere was die Dokumentationspflicht anbelangt“, bezog ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer klar Stellung. Viele Betriebe würden seit Januar deutlich mehr Stunden mit der Umsetzung der Dokumentationspflichten verbringen. Zeit, die an sinnvolleren Stellen fehlen würde. Unternehmer Friedhelm Hinsenhofen meinte in dem Zusammenhang zu Gabriel gewandt: „Sie haben aus unserer Personalabteilung eine Papierfabrik gemacht.“

Wollseifer regte an, die Kontrollen sollten - ähnlich wie Großbritannien - anlassbezogen sein. Machte aber gleichzeitig deutlich, dass Handwerk und Politik dasselbe Ziel hätten: „Wir wollen die erwischen, die den Mindestlohn unterwandern.“ Dem angesprochenen Modell schon Gabriel allerdings umgehend einen Riegel vor: „Dann würde es unweigerlich zu Denunzierungen führen.“ Und fügte an, dass nicht zuletzt das Handwerk im Rahmen des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz gefordert habe, bestimmte Branchen stärker zu kontrollieren.

„Wir können nicht das Mindestlohngesetz machen und einfach davon ausgehen, dass die Vorschriften von allen eingehalten werden", so Gabriel. Gerade bei Betrieben mit vielen Minijobbern sei die Gefahr hoch, dass diese auf alle möglichen Arten, das Gesetz umgehen wollen. Insofern sei die Kontrolle der Dokumentationspflicht unabdingbar.

Erbschaftsteuer: Streng an den Vorgaben des BVerfG orientiert

Auch die Erbschaftsteuer wurde zum Thema auf dem Podium. Wollseifer machte darauf aufmerksam, dass es in den kommenden zehn Jahren ca. 210.000 Betriebe übergeben werden und diese Planungssicherheit brauchen. Es dürfe nicht dazu führen, dass damit die Betriebsnachfolgen torpediert würden. Dem stimmte Gabriel zu, machte aber deutlich, dass man „ein Gesetz hinbekommen muss, dass sich Streng an den Vorgaben des Bundesverfassungsgericht orientiert und gleichzeitig der Substanz der Unternehmen nicht schadet.“ Ilse Aigner betonte, dass bei der Ausgestaltung des Gesetzes die Zahl der Mitarbeiter der Indikator sein sollte und nicht die wirtschaftlichen Kennzahlen des Betriebs.

"Wir sind ein tolles Land"

Gabriel machte dann in seiner offiziellen Eröffnung der IHM 2015 aber klar, dass es zwar durchaus eine Menge Herausforderungen gäbe, man gleichzeitig aber nicht vergessen sollte, wie erfolgreich Deutschland - nicht zuletzt des Handwerks wegen - sei. Nun gelte es vor allem die jungen Menschen fürs Handwerk zu begeistern. Zudem brach er nochmal eine Lanze für Kammerpflicht und Meisterbrief: "Das sind Qualitätsnachweise für die geamte Wirtschaft und das lassen wir uns nicht kaputt machen."

Branchendialog zwischen Wirtschaft und Handwerk

Um die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe zu stärken, die Herausforderungen wie demografischen Wandel, die Fachkräftesicherung, die Umsetzung von Innovationen und Investitionen, die Energiewende und die Digitalisierung zu meistern und die Chancen für das Handwerk zu verbessern wurde ein Branchendialog zwischen Politik und Handwerk vereinbart.

Über 1.000 Aussteller aus mehr als 60 Gewerken zeigten auf der Internationalen Handwerksmesse 2015, was Handwerk alles kann. Im Fokus standen spektakuläre Neuerungen insbesondere beim Thema Bau: intelligent, energieeffizient und gemütlich soll es sein.