Innovationen Gute Geschäftsidee, und was dann?

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Internationale Handwerksmesse und Technologietransfer

Sie haben eine Idee für ein neues Produkt oder eine Dienstleistung? Sie kommen aber nicht weiter, weil Know-how fehlt? Dann ist es Zeit für einen Wissens- und Technologietransfer. handwerk magazin zeigt, wie Sie strategisch vorgehen, Partner finden und Förderung bekommen.

Karim Kudsi, Chef der TGA-Rohrinnensanierung
Karim Kudsi, Chef der TGA-Rohrinnensanierung (rechts), zusammen mit Prokurist Marco Fröhlich: »Mit unserer Erfindung haben wir einen Vorsprung von fünf Jahren auf die Wettbewerber.« - © Stephan Minx

Fußbodenheizungen sind eine angenehme Sache, solange sie funktionieren. Werden sie undicht, steht meist eine aufwendige Generalsanierung ins Haus, zumindest muss der Fußboden aufgerissen und neue Rohre müssen verlegt werden.

Diesen Stress können sich Hausbesitzer dank der Erfindung von Karim Kudsi sparen. Der Heizungs- und Lüftungsbaumeister und Gas- und Wasserinstallateur entdeckte, dass Kunststoffrohre, die vor 1990 in Fußbodenheizungen verwendet wurden, zwar wasserdicht sind, aber nicht sauerstoffundurchlässig. Die Folge sind Korrosionsschäden in der Heizungsanlage. Außerdem verspröden alte Kunststoffrohre und werden dann undicht.

Karim Kudsis „TGA Rohrinnensanierung AG“ aus Fürth hat ein Verfahren entwickelt, das der Fürther mit syrischen Wurzeln einfach erklärt: „Zuerst reinigen wir das Rohr gründlich, dann bringen wir mittels Luftstrom eine spezielle Beschichtung ins Rohr ein, die durch ein kugelförmiges Werkzeug nahtlos an die Wände des Rohrs gepresst wird.“ Nach dem Aushärten sei das Rohr so wasser- und sauerstoffdicht wie ein neues. Der Clou der Methode ist die spezielle Beschichtung, ein Epoxidharz, das Kudsi gemeinsam mit Chemikern der Technischen Hochschule Wildau entwickelte. Die Uni übernahm die Materialtests und die entsprechenden Analysen: Technologietransfer, wie er besser nicht sein kann!

Hilfe von der Wissenschaft

Doch wie finden Handwerker, die zwar eine gute Idee für eine Innovation haben, dann aber nicht weiterkommen, den richtigen Partner für Wissens- und Technologietransfer? Und was leisten Forschungsinstitute für die Betriebe? handwerk magazin hat nachgefragt – bei den beiden großen Forschungsinstituten Steinbeis und Fraunhofer.

Elke Zimmer von der Steinbeis GmbH & Co. KG für Technologietransfer in Stuttgart, sieht die Steinbeis-Forschungseinrichtungen, von denen es weitweit über 1.000 im Steinbeis-Verbund gibt, als Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und Praxis, also bestens geeignet für innovative Handwerker. Es gibt Steinbeis-Transferzentren, Steinbeis-Forschungs- und Innovationszentren, Steinbeis-Beratungszentren und Steinbeis-Transfer-Institute. Die Bandbreite der Forschungsausrichtung reicht von A wie Additive Fertigung bis Z wie Zellkulturtechnik. „Wir sind sehr breit aufgestellt, das macht die Auswahl für Handwerker schwierig“, erklärt Elke Zimmer. Ihr Rat: Mithilfe eines Technologieberaters der Handwerkskammer und der Online-Recherche über die Steinbeis-Website das passende Institut finden.

Fördermittel recherchieren

Danach empfiehlt Elke Zimmer folgendes Vorgehen:

  • I m Erstgespräch mit dem Wissenschaftler abklären, ob es technologisch, aber auch menschlich zusammenpasst.
  • In der Angebotsphase klar festlegen, welche Leistungen zu welchen Kosten das Institut für den Handwerksbetrieb erbringen soll.
  • Zusammen mit dem Technologieberater der Handwerkskammer und den Steinbeis-Experten herausfinden, welche Fördermöglichkeiten es für das Projekt geben könnte.
  • Unterstützung durch Steinbeis-Experten bei eventueller Patententwicklung vereinbaren.

Klingt einfach, aber was ist mit den von Handwerkern oft genannten Hemmschwellen für die Kontaktaufnahme mit einer Forschungseinrichtung: hohe Kosten, zu großer Respekt vor Wissenschaftlern oder die Sorge, andere könnten die Idee vermarkten? Dem entgegnet Elke Zimmer: „Es gibt auch preiswerte Beratungen für Kleinprojekte, mitunter nur für einen Tag, die Institute sind regional, Berührungsängste sind unbegründet, und Steinbeis steigt nicht in die Vermarktung einer Innovation ein.“

Fraunhofer als Partner

Günter Hörcher, Leiter der Forschungsstrategie des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart, sieht sich auch als Partner für Handwerksbetriebe: „Wir sind die Anlaufstelle für Projektvorhaben, Projektideen und Kooperationswünsche aller Art.“ Allerdings seien die rund 70 Fraunhofer-Institute in Deutschland eher auf die Industrie ausgerichtet und kooperieren meist mit größeren Unternehmen. Doch auch für das Handwerk stünde Fraunhofer zur Verfügung, so Hörcher, der auch Jurymitglied beim Transferpreis Handwerk + Wissenschaft (Seifriz-Preis) ist, der von handwerk magazin mit organisiert wird und jährlich stattfindet. Hörcher rät innovativen Handwerkern:

  • Bei der kostenlosen Erstberatung im Gespräch mit dem Institut klären, welche Form der Zusammenarbeit sinnvoll ist. Dazu sollte der Handwerker sein Projekt kurz darstellen.
  • Wichtig ist die Frage nach Fördermitteln, hier kann Fraunhofer aber nur im Rahmen der geplanten Zusammenarbeit beraten, eine Recherche ist nicht möglich. Zu prüfen ist auch, ob die Kooperation ein Anwendungsfall in einem größeren Projekt sein kann, was die Kosten senkt.
  • Entsteht aus der Zusammenarbeit ein marktreifes Produkt, kann ein Fraunhofer-Institut wegen der Gemeinnützigkeit nicht in die Vermarktung einsteigen.

Sowohl Günter Hörcher als auch Elke Zimmer raten Handwerkern, sich zuerst an die Beratungsstellen der Handwerkskammern zu wenden, die bei der Suche nach Wissenschaftspartnern behilflich sind.

Das ist ganz im Sinne von Christian Welzbacher, dem Leiter des Heinz-Piest-Instituts für Handwerkstechnik an der Leibniz Universität Hannover. Dort ist die zentrale Leitstelle für Technologietransfer, die die Arbeit der derzeit 103 Beauftragten für Innovation und Technologie (BIT) in der Handwerksorganisation unterstützt.

Dazu zählt auch das Beratungs- und Informationssystem für Technologietransfer im Handwerk (www.bistech.de). Dort finden Handwerker alle Berater der Handwerksorganisation mit ihren Themenschwerpunkten. Selbstverständlich ist die Beratung kostenlos.

Ihre Innovationsstrategie: In 7 Schritten zum Erfolg

Gute Ideen hat fast jeder Handwerksbetrieb. Doch nur wenige schaffen es bis zur marktreifen Erfindung und der wirtschaft­lichen Vermarktung. Hier helfen eine durchdachte Strategie zusammen mit Technologie- und Wissenstransfer.

  • Die Idee muss über den Stand der Technik hinausgehen und diesem etwas Neues hinzufügen. Das gilt sowohl für neue Produkte als auch für Dienstleistungen.
  • Der erste Kontakt sollte der Berater der Handwerkskammer oder des Fachverbandes sein. Die Innovationsberater helfen bei den ersten Schritten, zum Beispiel auch bei der Klärung, wie die Idee geschützt werden kann.
  • Die Erstberatung mit dem Innovationsberater der Handwerkskammer klärt dann die Fragen über den Entwicklungsstand, den Markt oder den wirtschaftlichen Nutzen der geplanten Innovation. Die Beratungen sind kostenlos.
  • Die Informationsbeschaffung unterteilt sich in Neuheitsrecherche, Konkurrenzanalyse und Marktübersicht. Hier helfen Online-Datenbanken (depatisnet.de, dpinfo.dpma.de, epoline.org) sowie wissenschaftliche Einrichtungen.
  • Die Technologieberatung unterstützt den Innovationsprozess, klärt Fragen zur Technik und Wirtschaftlichkeit, überprüft Verfahren, hilft dem Betrieb bei Umsetzungsproblemen.
  • Die Schutzrechtstrategie schützt Innovationen für den Anmelder zeitlich und geografisch begrenzt. Von Bedeutung sind das Patent, das Gebrauchsmuster, das Geschmacksmuster und die Markenanmeldung. Hier ist ein Patentanwalt wichtig.
  • Die Vermarktung richtet sich daran aus, ob die Innovation selbst vermarktet oder ob Lizenzen vergeben werden sollen. Auch hier sollten externe Berater hinzugezogen werden. Auch bei der Suche nach möglichen Partnern ist wichtig, Expertenrat einzuholen.
Quelle: Bistech (Beratungs- und Informationssystem für Technologietransfer im Handwerk)

Übersicht Förderung: Über 110 Programme

Für Innovations- und Technologietransfer-Förderung gibt es auf Bundesebene über 110 Pro­gramme, auf Länderebene weitere rund 170, bei denen Unternehmen für Forschungs- und Innovationsvorhaben Unterstützung erhalten. Dabei wird unterschieden zwischen technologieoffenen und technologiespezifischen Programmen. Wichtig für Handwerker sind:

  1. ZIM (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand)Mittelständische Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die mit ihnen zusammenarbeiten, erhalten Zuschüsse für anspruchsvolle Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die zu neuen Produkten, technischen Dienstleistungen oder besseren Produktionsverfahren führen.
    Maximale Förderung:
    380.000 Euro pro Unternehmen und 190.000 Euro Zuschuss pro Forschungseinrichtung.
    Info
    : www.zim-bmwi.de
  2. WIPANO (Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen) Gefördert werden die Sicherung und Nutzung von geistigem Eigentum, die wirtschaftliche Verwertung von innovativen Ideen und Erfindungen aus öffentlicher Forschung und die Nutzung des kreativen Potenzials kleiner und mittlerer Unternehmen sowie die Überführung neuester Forschungsergebnisse in Normen und Standards.
    Maximale Förderung:
    50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben, der maximale Zuschuss beträgt 16.575 Euro.
    Info
    : www.innovation-beratung-foerderung.de
  3. Innovationsgutscheine Gibt es in den meisten Bundesländern. Ziel ist in der Regel die Unterstützung der Zusammenarbeit von Betrieben mit Forschungseinrichtungen. Die Förderung ist unterschiedlich.
    Info: Handwerkskammer

  4. Innovationsassistent Unterstützt innovative Unternehmen bei der Fachkräftegewinnung und beim Technologietransfer. Förderung ist unterschiedlich.
    Info: Handwerkskammer