Lieferantenmanagement: Günstig einkaufen per Datenbank

Deutschlands Schornsteinfeger verfügen seit Herbst 2011 über eine gemeinsame Lieferantendatenbank. Der sächsische Landesinnungsmeister Gunar Thomas erklärt, wie die Idee dafür entstand und wie sie in der Praxis funktioniert.

Schornsteinfegermeister Gunar Thomas erklärt, wie die Lieferantendatenbank der Branche funktioniert. - © LIV Schornsteinfeger Sachsen

Handwerk Magazin: Ein Lieferantenverzeichnis für ein komplettes Handwerk – das ist außergewöhnlich. Wie kam es dazu?

Gunar
Thomas: Die Datenbank ist letztlich ein Ergebnis des Qualitäts- und Umweltmanagementsystems, das nahezu alle Betriebe unseres Handwerks seit 2001 eingeführt haben. Die dafür gültigen Normen schreiben Datenanalysen vor – unter anderem zu Lieferanten. In der Praxis erwies sich das jedoch als schwer umsetzbar, weil die Möglichkeiten der überwiegend kleinen Unternehmen, ihre Lieferanten nach Qualitäts- und Umweltaspekten zu bewerten, in der Praxis doch sehr begrenzt sind.

Also besannen sich die Schornsteinfeger auf das Prinzip „Viele Augen sehen mehr als zwei“?

Genau. Viele von uns greifen doch, zumal wenn es um Spezialausrüstung geht, oft auf die gleichen Lieferanten zu. Unsere Schlussfolgerung daraus war: Aus der Menge der dabei gesammelten Erfahrungen sollte sich doch ein viel detailreicheres Bild erzeugen lassen, als wenn jeder nur auf seine eigenen Eindrücke und Recherchen zurückgreifen kann.

Fehlte also lediglich das passende Werkzeug?

Das wir schließlich mit der Online-Datenbank geschaffen haben. Gegenüber einer konventionellen EDV-Lösung, die wir auch erwogen haben, bietet sie den Vorteil, dass sie stets aktuell ist und jeder Nutzer jederzeit auf dieselben, auf die neuesten Daten zugreifen.

Welche Vorteile bietet die Datenbank Ihnen im Arbeitsalltag?

Ich kann zum Beispiel Lieferanten für verschiedenste Zwecke oder für meine Region suchen, kann sehen, welche Erfahrungen Kollegen mit ihnen bereits gemacht haben und selbst Bewertungen abgeben. Ich kann Bestenlisten erstellen und eine eigene Lieferantenliste pflegen. Vor allem spare ich viel Zeit, Nerven und Geld. Das wissen immer mehr Kollegen zu schätzen.

Wie umfangreich ist die Datenbank?

Bislang sind etwa 150 Lieferanten verzeichnet, von Kehr- beziehungsweise Messgeräte-Herstellern über die einschlägigen Einkaufsgenossenschaften bis hin zu Büroartikelversendern oder Versicherern, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch Bildungseinrichtungen gehören dazu, wir haben den Begriff „Lieferanten“ bewusst weit gefasst. Einige auf die Branche spezialisierte Anbieter wurden zentral eingepflegt, manche durch Innungen und Verbände ergänzt. Ein großer Teil aber wurde bereits durch die Betriebe selbst hinzugefügt.

Sind die Lieferanten mit der Aufnahme in die Datenbank immer einverstanden?

Die schriftliche Einverständniserklärung des Lieferanten ist die Voraussetzung dafür, dass er für alle Nutzer sichtbar in der Datenbank geführt wird. Neben dem offenen Bereich gibt es noch einen internen, den nur der jeweilige Schornsteinfegerbetrieb selbst einsehen kann. Hier hat jeder Kollege die Möglichkeit, eigene Lieferanten zu führen und zu bewerten. So erhält er auf jeden Fall einen kompletten Überblick über seine Zulieferer – auch wenn einer die Einverständniserklärung verweigert oder für andere Betriebe schlicht nicht relevant ist, wie vielleicht der kleine Schreibwarenladen um die Ecke.

Wie erfolgt die Bewertung der Lieferanten?

Dafür gibt es Online-Formulare mit zahlreichen Kriterien, die auf die Art der erbrachten Dienstleistung zugeschnitten sind. Zu jedem Kriterium können Betriebe, die Leistungen eines Anbieters in Anspruch genommen haben, Bewertungen nach dem Vorbild von Schulnoten, also von 1 bis 6, abgeben. Ich habe zum Beispiel neulich eine Kamera bestellt, die kam in einem Riesenpaket mit einem Haufen Knüllpapier darin. Der Versender erhielt von mir bei Liefertreue, Preis-Leistung, Produktqualität und so weiter durchweg Einsen, aber bei der Verpackung eine Fünf.

Was zahlen Schornsteinfegerbetriebe für die Nutzung der Datenbank?

Die Kosten sind so gering, dass sie für den einzelnen Betrieb kaum ins Gewicht fallen. Einmal mehr profitiert unser Handwerk hier vom hohen Organisationsgrad, der bei über 98 Prozent liegt. Etwa 7.500 Betriebe und 100 Handwerksorganisationen gehören zum Nutzerkreis der Lieferantendatenbank. Die Kosten für Programmierung, Pflege und Hosting machen einen kleinen Anteil des Beitrags für das Qualitäts- und Umweltmanagement aus. Und der liegt – wohlgemerkt insgesamt – bei etwa 35 bis 40 Euro pro Betrieb und Jahr.

Könnten solche Datenbanken auch für andere Branchen eine Option sein?

Ich weiß, dass die Handwerkskammer Service GmbH auch schon für die Orthopädietechniker und Orthopädieschuhmacher etwas Ähnliches programmiert hat. Grundsätzlich ist es vorstellbar, dass weitere Branchen solche Systeme für sich entwickeln. Die entscheidende Frage lautet: Gibt es genügend Interessenten, um die Datenbank zum einen mit Leben zu erfüllen und zum anderen zu finanzieren?