Bewertungsportale: Internetnörgler bleiben anonym

Während die einen bei Facebook & Co. das Scheinwerferlicht suchen und dabei keine Gelegenheit auslassen, ihr Privatleben bis in die letzten Details öffentlich zu entblößen, halten sich andere Internetgänger lieber bedeckt. Wie Scharfschützen pöbeln sie auf Bewertungsportalen anonym über Ärzte, Lehrer und auch Handwerker. Dürfen sie, sagt der BGH.

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Nörglern ist im Internet schwer beizukommen. - © guyerwood- iStockphoto

Die Karlsruher Richter haben nämlich in einer Grundsatzentscheidung den Anspruch eines negativ bewerteten Arztes auf Auskunft über die Anmeldedaten seines Kritikers gegen den Portalbetreiber abgelehnt (Urteil vom 1.7.2014, Az.: VI ZR 345/13).  Dieser hatte gegen den Arzt in einem Bewertungsportal mehrfach unwahre Behauptungen aufgestellt. Begründung: Der Betreiber eines Internetportals sei in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nach dem Telemediengesetz außer zu Zwecken der Strafverfolgung nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruchs wegen einer im Raum stehenden Persönlichkeitsrechtsverletzung an den Betroffenen zu übermitteln. Gleichwohl müssen die Daten laut Richterspruch weitergegeben werden – und zwar an die Staatsanwaltschaft, falls die gegen einzelne Heckenschützen ermittelt und die Weitergabe der persönlichen Daten zu Zwecken der Strafverfolgung erforderlich ist.

Reichweite der Anonymität war umstritten

Den Kreis der Auskunftsberechtigten kann man auch weiter ziehen, wie die anderslautenden Entscheidungen der Vorinstanzen zeigen. Das Landgericht und ihm folgend das Oberlandesgericht Stuttgart hatten den Portalbetreiber noch zur Unterlassung der Verbreitung der vom Arzt beanstandeten Behauptungen und zur Auskunft über Name und Anschrift des Verfassers der Bewertungen verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat einen Auskunftsanspruch des Arztes bejaht, obwohl das Telemediengesetz die Nutzung des Internets anonym oder unter Pseudonym garantiert.

Staatsanwaltschaften und Polizei gefragt

Der BGH hat den Auskunftsanspruch unter Hinweis auf § 14 Absatz 2 des Telemediengesetzes erheblich gestutzt. In der Vorschrift heißt es: „Auf Anordnung der zuständigen Stellen darf der Diensteanbieter im Einzelfall Auskunft über Bestandsdaten erteilen, soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr durch die Polizeibehörden der Länder, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder des Bundeskriminalamtes im Rahmen seiner Aufgabe zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich ist“. Von diesen Ausnahmen abgesehen sieht der BGH keine Handhabe, anonyme Nörgler zu outen. Allein der Gesetzgeber könnte an dieser Situation etwas ändern, falls er Handlungsbedarf sähe.

Praxistipp: Immer Strafanzeige stellen

Was ist zu tun? Wer als Handwerker in einem Bewertungsportal schlecht beurteilt wird, sollte darauf schauen, ob die Bewertungen falsche Tatsachenbehauptungen oder so genannte Schmähkritik enthalten. Bei letzterer geht es dem Bewerter gerade darum, den Kritisierten in seiner Persönlichkeit und Ehre nieder zu machen. Ist das der Fall, sollte er über einen Anwalt eine Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Polizei stellen. Im Rahmen der Ermittlungen kann die Polizei den Delinquenten ermitteln. Der Anwalt beantragt sodann Einsichtnahme in die Ermittlungsakten und erfährt so ggfls. den Namen des digitalen Heckenschützen.

Davon unabhängig muss der Portalbetreiber über die rechtswidrigen Inhalte informiert werden, damit er den Nutzer auffordern kann, den Bewertungstext zu korrigieren. Erst wenn der Portalbetreiber auf stur schaltet und nichts unternimmt, kann der Handwerker gegen den Nutzer auf Unterlassung klagen. Damit das funktioniert, muss der Portalbetreiber Auskunft über die Identität des Users geben.