Gesundheit optimal absichern

Versicherungsschutz Handwerksunternehmer müssen hohe Belastungen aushalten und haben ein hohes Gesundheitsrisiko. Wie Sie sich vor Krankheits- und Verdienstausfall schützen.

  • Bild 1 von 6
    © Bert Bostelmann
    Gesetzlich und privat krankenversichert: Zahntechnikerpaar Claudia Schmitt-Decker und René Schmitt.
  • Bild 2 von 6
    © Bert Bostelmann
    Gesetzlich und privat krankenversichert: Zahntechnikerpaar Claudia Schmitt-Decker und René Schmitt.
  • Bild 3 von 6
    © handwerk magazin
    Nur fünf Millionen Kassenpatienten liegen nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes über der Beitragsgrenze und dürften in die private Versicherung wechseln.
  • Bild 4 von 6
    © Christian Hüller
    Private Zusatzversicherungen können Leben retten: Dieter Hofmann konnte so seine Wartezeit auf eine wichtige Operation verkürzen.
  • Bild 5 von 6
    © handwerk magazin
    Wie von der Politik beabsichtigt, sinkt die Zahl der gesetzlichen Kassen seit Jahren. Ein Trend, der sich 2011 weiter fortsetzen wird.
  • Bild 6 von 6
    © Albers
    „Die gesetzliche Kasse und privater Zusatzschutz werden von mir oft empfohlen.“Stefan Albers, Betriebswirt und Präsident des Bundesverbands der Versicherungsberater.

Gesundheit optimal absichern

Seit der letzten Gesundheitsreform 2009 ist eine Krankenversicherung, ob gesetzlich oder privat, für jeden Bürger in Deutschland Pflicht. Handwerksunternehmer haben die Qual der Wahl, ob sie freiwillig in der gesetzlichen Kasse bleiben oder die private Variante wählen. Leicht fällt die Entscheidung nicht, denn beide Systeme bieten den Versicherten Vor-, aber auch Nachteile. Was langfristig die bessere Lösung für den Patienten und seine Familie ist, darüber gehen die Einschätzungen von Experten auseinander.

Claudia Schmitt-Decker und René Schmitt aus Limburg setzen zum Beispiel wie viele Handwerkerpaare auf die private und die gesetzliche Krankenversicherung. Als Angestellte im erfolgreichen Familienbetrieb der Hargarter Zahntechnik GmbH ist sie Kassenpatientin. „Wir haben Kinder und müssen an die Kosten für die Krankenversicherung denken“, so Schmitt-Decker. Ihr Mann, René Schmitt, ist dagegen als Einziger in der Familie privat krankenversichert, weil der 43-Jährige als junger Mann noch einen günstigen Tarif abschließen konnte. Für Krankenhausaufenthalte leistet sich die Unternehmerfrau allerdings auch eine private Zusatzpolice. „Als Dentaltechniker kennen wir den Gesundheitsbetrieb. Wer krank wird, sollte nicht mehr auf eine Chefarztbehandlung und ein Zweibettzimmer verzichten“, warnt Claudia Schmitt-Decker.

Basisschutz privat aufpolieren

Das Vorgehen der Unternehmerfrau findet auch den Zuspruch von Experten. Sie raten Unternehmern und ihren Familien derzeit genau zu diesem Modell. „Die Kombination gesetzlicher Schutz für den Normalfall und die private Krankenversicherung für die Zusatzabsicherung gefällt mir und wird von mir auch immer öfter empfohlen“, sagt der unabhängige Versicherungsberater Stefan Albers. Denn ein Vollumstieg in die Private Krankenversicherung berge viele Risiken wie zum Beispiel steigende Beiträge im Alter sowie kein kostenloser Versicherungsschutz für Ehepartner und Kinder. Der wohl größte Vorteil der privaten Krankenversicherung ist die schnelle Behandlung im Krankheitsfall sowie private Zusatzleistungen, die in der gesetzlichen Kasse nicht enthalten sind.

Selbständige Handwerker, die gesetzlich versichert sind, sollten sich außerdem gegen den Verdienstausfall bei Krankheit mit einer privaten Krankentagegeldversicherung absichern (siehe Tabelle Seite 60). Denn bei einer längeren Krankheit können Handwerksunternehmer auf kein soziales Sicherheitsnetz vertrauen. Teure Leistungen wie Zahnbehandlungen oder Krankenhausaufenthalte können ebenfalls privat über Zusatzpolicen versichert werden.

Die Kosten für den privaten Vollversicherungsschutz steigen allerdings von Jahr zu Jahr erheblich. Die Finanzspezialisten von Morgen & Morgen haben auf Basis vorläufiger Zahlen für dieses Jahr einen Beitragsanstieg von durchschnittlich sieben Prozent errechnet, weil die Kosten für die Leistungen im Gesundheitssystem unter anderem aufgrund einer alternden Bevölkerung explodieren. Junge Handwerker haben dagegen bei den privaten Anbietern immer noch gute Karten. „Die Privaten Krankenversicherer sind Rosinenpicker, die nur Gesunde wollen, die erst mal zahlen und nichts kosten“, kritisiert aber Versicherungsberater Stefan Albers.

Kassen in finanzieller Not

Die Prognosen für die kommenden Jahre sehen für das Gesundheitssystem nicht rosig aus. Auch die gesetzlichen Kassen stellen derzeit nur eine eingeschränkte Alternative dar. Sie kürzen Leistungen und müssen monatliche Zusatzbeiträge erheben, weil sie rote Zahlen schreiben. Die ers-ten Kassen wie City BKK und BKK Heilberufe mussten aufgrund finanzieller Probleme bereits schließen (siehe Kasten Seite 60). Nach Angaben des Bundesversicherungsamtes haben 20 gesetzliche Kassen bedenklich geringe Rücklagen. „EinViertel der unserer Aufsicht unterstehenden Kassen liegt unter dem Mindestsoll“, so ein Sprecher. Davon betroffen seien vor allem Betriebs- und Ersatzkassen. Diese kranken Kassen müssen jetzt sparen: Sie können freiwillige Leistungen streichen oder die Zusatzbeiträge erhöhen.

Für 2012 hält der GKV-Spitzenverband Zusatzbeiträge zwischen 50 und 70 Euro im Monat für möglich, wie seine Vorsitzende Doris Pfeiffer bereits in einem Interview spekulierte. Die Kassen müssten Mehrkosten für Ärzte, Krankenhäuser oder Medikamente über Zusatzbeiträge finanzieren. „Von daher ist eine solche Größenordnung denkbar und auch von der Politik gewollt“, begründete Pfeiffer ihre Prognose.

Einheitskasse für alle Patienten

Experten rechnen dagegen mittelfristig mit einem anderen Szenario. „Vorstellbar ist, dass es nur noch eine Krankenversicherung gibt, aber mit unterschiedlichen Leistungen für den Einzelnen. Wer der Anbieter ist, ob privat oder gesetzlich, wäre egal. Patienten, Ärzte, Krankenhäuser und eine unabhängige Schiedsstelle würden die Leistungen festlegen“, sagte der Rechtswissenschaftler Hans-Peter Schwintowski erst kürzlich in einem Gespräch mit einem Wirtschaftsmagazin. Wer mehr Leistungen wolle, könne sich über Extra-Bausteine absichern.

Sinnvoll ist nach Ansicht von Versicherungsberater Stefan Albers hier zum Beispiel eine frühzeitige private Absicherung für Krankenhausaufenthalte und von zunehmend teuren Zahnbehandlungen. In einer Musterrechnung hat Albers nachgewiesen, dass ein solcher umfassender Schutz im Rentenalter für den Versicherten noch immer günstiger ist als der Volleinstieg in eine private Krankenversicherung.

Ein Problem lösen die Kassenpatienten so aber nicht: die langen Wartezeiten bei der ambulanten Behandlung. So bestätigte eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK den Verdacht von vielen gesetzlich Versicherten: Im deutschen Gesundheitssystem gibt es eine Zweiklassengesellschaft. Trotz akuter Beschwerden muss jeder vierte Kassenpatient mindestens zwei Wochen auf einen ambulanten Termin warten. Bei privat Versicherten mit akuten Beschwerden traf dies nur für rund acht Prozent zu.

Wie wichtig eine schnelle Behandlung im Ernstfall ist, zeigt das Beispiel von Dieter Hofmann. Der 55-jährige Brandenburger aus Schmerkendorf ist Multi-Unternehmer. Die Familie betreibt ein Autohaus, ein Reisebüro und nimmt zudem Pensionsgäste auf. „Meine Pumpe war am Ende“, sagt Hofmann. Erste Untersuchungen bestätigten den Verdacht eines schweren Herzproblems. Doch der freiwillig bei der AOK Brandenburg versicherte Selbständige sollte vier Monate auf eine Herzuntersuchung warten.

Privater Schutz ist Risikovorsorge

Doch dann erinnerte sich die Ehefrau von Dieter Hofmann, dass man eine private Zusatzversicherung für stationäre Behandlungen abgeschlossen hatte. Eine Nachfrage bei der Kölner Deutschen Krankenversicherung (DKV) ergab, dass die ganztägige Untersuchung im Krankenhaus im Versicherungsschutz enthalten sei. So konnte der Unternehmer die Wartezeit auf nur drei Wochen verkürzen und sich im Deutschen Herzzentrum in Berlin vorstellen. Sein abgeschlossener Tarif „Best Care“ sieht die Wahl eines beliebigen Spezialisten vor. „24 Stunden später hat mich der Professor dann operiert“, sagt Hofmann. Eine Herzarterie war verstopft. Sie hätte den Tod des Unternehmers bedeuten können.

Mehr zum Thema private Krankenverischerung fnden sie unter: handwerk-magazin.de/krankenversicherung