Geschäftsabläufe grün optimieren

Umweltsiegel | Wer sich im „Qualitätsverbund umweltbewußter Betriebe“ zertifizieren lässt, kann Betriebsabläufe optimieren. Das verhilft zufriedenen Kunden und Geschäftspartern.

Geschäftsabläufe grün optimieren

Auf den ersten Blick sieht der Betrieb aus wie die anderen im Industriegebiet Kiel-Wellsee: Keine ökologischen Ausgleichsflächen vor der Tür, kein seltener Molch im Vorgartenteich, kein blauer Engel, der über dem Gebäude schwebt. Und doch ist die „Förde Tischlerei Kiel GmbH“ etwas Besonderes. Denn sie ist Mitglied im „Qualitätsverbund umweltbewusster Betriebe“ (QuB).

Geringe Kosten

Gekostet hat die Umstellung auf ein umweltorientiertes Unternehmen nicht viel: „Hier in Schleswig-Holstein werden wir vom Land gefördert“, erklärt Rüdiger Heider. Deswegen musste der Geschäftsführer der Förde Tischlerei auch nur „ein paar hundert Euro“ für die Zertifizierung zahlen – deren Vorbereitung allerdings rund ein halbes Jahr dauerte. Hilfe bekam Heider dabei von Henning Eggers von der Firma HEPP, die sich auf Prozessplanung im Allgemeinen und Qualitäts- beziehungsweise Umweltmanagement im Speziellen kümmert (siehe Interview). So geschah auch die Zertifizierung der Förde Tischlerei auf Initiative von Eggers hin. „Als das QuB in Schleswig-Holstein eingeführt werden sollte, suchte HEPP Betriebe, die hier eine Vorreiterrolle spielen“, erinnert sich Handwerksunternehmer Heider. Nicht nur seine Geschäftsverbindungen mit dem Industrieunternehmen „Howaldtswerke – Deutsche Werft“, das das Siegel zwar nicht als Voraussetzung für eine weitere Zusammenarbeit, aber als Empfehlung ansah, waren für Heider entscheidend, sich an dem Projekt QuB zu beteiligen. „Wir wollen einfach zeigen, dass sich unser Betrieb über Umweltaspekte Gedanken macht“, so Heider. Natürlich spielten auch Effizienz und Kostenersparnis eine Rolle. Schließlich geht es bei QuB um durchdachtere Arbeitsabläufe und optimierte Verbräuche.

„Es gibt zwei Gründe, die für eine Zertifizierung sprechen“, erklärt Wolfgang Schulz, verantwortlich für die Vergabe der QuB-Siegel bei „LAG InterCert“ in Nürnberg. Zum einen gebe es einen innerbetrieblichen Nutzen: Im Rahmen der Vorbereitung auf die Zertifizierung müssen Unternehmen ihre Abläufe und Einrichtungen auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften und technische Regeln überprüfen. Dabei werden oft Optimierungspotenziale und Anpassungsbedarf erkannt, so Schulz. Zum anderen würden entsprechende Signale nach außen gesendet. Wie bei allen Zertifizierungen muss sich der Betrieb auch hier an einen bestimmten Kriterienkatalog halten. Dazu gehören die Vorgaben aus dem Umweltrecht, aus der Standortgenehmigung oder der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ebenso wie der Nachweis eines Reklamationsmanagements und die detaillierte Beschreibung der betrieblichen Tätigkeiten sowie des Energie- und Wasserverbrauchs.

Die Förde Tischlerei hat daraus ihren Nutzen gezogen. So musste Heider bei der Tätigkeitsbeschreibung des Betriebes auch alle umweltrelevanten Produkte und Abfallprodukte auflisten. Bei der Tischlerei sind das vor allem Lacke und Stäube. „Auf Datenblättern ist der Verbrauch, die Lagerung und Entsorgung, die Verbrauchsmengen und Inhaltsstoffe zu dokumentieren“, beschreibt der Geschäftsführer. Dabei wurde zum Beispiel festgestellt, dass Stoffe verwendet wurden, die bedenklich sind. Jetzt werden umweltfreundlichere Ersatzstoffe eingesetzt. Insbesondere Abbeizer und Lösungsmittel mussten dran glauben. Alle anderen Lacke, Öle und Lösungen werden jetzt in Wannen oder gesonderten Schränken gelagert.

Wirtschaftlich sinnvoll

„In vielen Betrieben kommt es zu einem Aha-Erlebnis“, sagt Prüfer Schulz. „Die Firmenchefs machen sich vorher relativ wenig Gedanken über Produkte und deren Inhaltsstoffe und erwachen dann, wenn sie die vergleichsweise lange Liste – das Gefahrenstoffkataster – aufstellen.“ Lagerhaltung hat natürlich auch finanzielle Aspekte. Oft wird eine große Stoffvielfalt vorgehalten, die nicht notwendig ist und veraltet. „Darüber nachzudenken ist also nicht nur umweltspezifisch, sondern auch betriebswirtschaftlich sinnvoll“, betont Schulz.

Ist die Zertifizierung erfolgt, kommt der Prüfer alle zwei Jahre erneut in den Betrieb. Um dem Betrieb die Dokumentation zu erleichtern, gibt es vorgefertigte Formulare. Diese braucht das Unternehmen nur noch abzuhaken oder zu ergänzen. So sind beispielsweise Unterlagen zur Wartung und Prüfung von Maschinen, Verbräuche von Wasser, Strom oder Produkten sowie die regelmäßige Unterweisung der Mitarbeiter zu dokumentieren. Zudem wird überprüft, ob sich der Betrieb an die selbst gesteckten Umweltziele gehalten hat. Zertifizierer Schulz zufolge kann dies alles umfassen – vom Aufbau einer Solaranlage bis zur optimierten Tourenplanung. Dabei werde darauf geachtet, dass die Unternehmen auch in der Lage sind, die anvisierten Ziele sowohl zeitmäßig als auch finanziell zu realisieren. Die Förde Tischlerei zum Beispiel hat elektrische Geräte, die zu viel Strom verbrauchen, ausgetauscht sowie lösungsmittelhaltige Produkte reduziert. Künftig sollen Durchlaufbeschränker an den Wasserhähnen den Verbrauch vermindern.

„Natürlich war es anfangs schwer, alles zu erfassen“, resümiert Heider. Aber Nachteile sieht er in keinem Fall. Schließlich ist der Betrieb für den Geschäftsführer transparenter geworden – etwa beim Wasser- oder Kraftstoffverbrauch. Das wichtigste aber sei der fachgerechtere Umgang mit den Produkten. Zwar gebe es gesetzliche Regelungen, aber die kenne man oft nicht, sagt Heider. „Die positive Außendarstellung ist dabei eigentlich nur ein schönes Abfallprodukt.“

Ann-Christin Wimber

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de