Kolumne Mitarbeiterführung von Barbara Seidl, 8. Folge Gerüchte im Betrieb: Woher kommt der ganze Quatsch?

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Mitarbeitermotivation und So geht Mitarbeiterführung – Kolumne von Barbara Seidl

Hast Du schon gehört, dass der Schulze aus dem Lager seit zwei Tagen trotz Fieber weiterarbeitet? Und der Chef greift nicht ein? Gerüchte und Halbwahrheiten belasten nicht erst seit Corona Betriebsklima und Motivation. Barbara Seidl, Wirtschaftsmediatorin und Expertin für Personalführung in München, erklärt, wie Chefs gegensteuern.

Ein scheinbar harmloses Gespräch unter Kollegen kann schnell zum Auslöser übler Gerüchte werden - wenn Chefs nicht gegensteuern. - © stock.adobe.com- Vladimir Mucibabic

Die Frage des Monats

„In unserem Betrieb haben wir mehrere Abteilungen zwischen denen die Gerüchteküche oft so richtig brodelt. Nahezu alles wird aufgegriffen, kommentiert und von einer Abteilung in die andere oder auch nach Außen getragen. Scheinbar haben wir einen regen Austausch, es wird sehr viel geredet, aber leider über die falschen Themen und nicht immer mit der nötigen Wertschätzung. Oft habe ich das Gefühl, dass die Mitarbeiter wirklich überall mitreden wollen und die Gerüchte und das Gequatsche ein schöner Zeitvertreib sind. Wie kann ich das unterbinden und in den Griff bekommen?“

Die Einschätzung von Barbara Seidl

Getratsche, Buschfunk und Gerüchteküche –das kennen fast jeder Betrieb und jede Gemeinschaft wie etwa auch die Familie oder der Verein. Es stellt sich aus meiner Sicht nicht die Frage, wie das abgeschafft werden kann, denn das ist kaum möglich. Der Mensch ist nun einmal neugierig, vergleicht sich gerne mit anderen und möchte sich austauschen.

Ihre Chefaufgabe: Eingreifen, wenn es zu krass wird

Entscheidend für Sie als Chef ist es deshalb zu erkennen, wann es aus dem Ruder läuft, weil etwa Kollegen an den Pranger gestellt oder betriebliche Anforderungen unterlaufen werden. Nach meiner Erfahrung kann aus ein paar scheinbar harmlosen  Ratschereien schnell eine sich hochschaukelnde Gerüchteküche entstehen, die für schlechte Stimmung und eine unangemessene Kommunikation sorgt. Die daraus entstehenden Konflikte drücken auf die Leistungsbereitschaft und sind oft ein Auslöser für eine innere Kündigung.

Der Mechanismus: Wie aus Gerüchten echte Konflikte entstehen

Den Ursprung bildet oft ein ganz harmloses Gespräch zwischen den Kollegen. Zwei Mitarbeiter reden über einen anderen, wenn er nicht dabei ist. Jeder der beiden erzählt einem Dritten von dem Gespräch. Dabei lässt er – oft völlig unbewusst – etwas weg, fügt etwas hinzu oder verändert die Aussage auch nur leicht. Die Folge:  aus einer flapsigen Bemerkung oder einer keinesfall negativ gemeinten Aussage wird eine Beleidigung, die eine hohe Sprengkraft in den zwischenmenschlichen Beziehungen erzeugt.

Wichtig: Die Verursacher sofort zur Rede stellen

Gelingt es Ihnen als Chef, die Quelle von Gerüchten festzustellen, sollten Sie sofort das Vier-Augen-Gespräch mit dem entsprechenden Mitarbeiter suchen. Machen Sie unmißverständlich klar, dass im Betrieb die folgende Regel gilt: „Wir sprechen nicht übereinander, sondern miteinander.“ Lässt sich der Ausgangspunkt nicht feststellen, schauen Sie auf die Mitarbeiter, die an den Schnittstellen arbeiten (Büro, Kundendienst, Lager etc.) und viel persönlichen Kontakt zu anderen Kollegen haben. Denn die meisten Gerüchte werden nicht schriftlich, sondern im Gespräch von Mensch zu Mensch weitergegeben.

Der beste Schutz vor Gerüchten? Offen und regelmäßig infomieren.

Eines ist klar: Gibt es keine oder nur wenige strukturierte Möglichkeiten zum betriebsinternen Austausch der Mitarbeiter, desto heftiger brodelt die Gerüchteküche. Mangels regelmäßiger echter Daten und Fakten werden die Leerstellen, die der Betrieb lässt, eben mit Vermutungen und einer gehörigen Portion Fantasie gefüllt. Insofern haben es Chefs selbst in der Hand, lästige Gerüchte durch eine regelmäßige und transparente Informationspolitik, die alle Mitarbeiter einbezieht, erst gar nicht entstehen zu lassen.