Genuss auf Knopfdruck

Kaffeemaschinen | Kaffee avancierte zum Kultgetränk. Doch was nützt die beste Bohne, wenn sie lieblos aufgebrüht wird? Die optimalen Vollautomaten für Büro und Werkstatt.

Brasilien führt mit zirka 2,8 Millionen Tonnen jährlich die Liste der Kaffeeproduzenten an. - © handwerk magazin

Genuss auf Knopfdruck

Das Verwirrspiel beginnt schon mit den italienisch anmutenden Namen: Alfino, Impressa, Caffeo Lattea, Syntia oder Surpresso heißen die Modelle. Sie produzieren auch keinen herkömmlichen schnöden schwarzen Kaffee, sondern Caffé crema, Cappuccino, Caffè latte, Latte macchiato und Espresso. Kaffee ist zum Kultgetränk avanciert auch in Werkstatt und Büro.

Aber wer hat die Welt um die dunkelbraunen Bohnen in Europa revolutioniert? Nein, nicht die Italiener, sondern ein Schweizer war’s. Ausgerechnet der auf Großanlagenbau spezialisierte Ingenieur und Projektleiter einer Sondermüllverbrennungsanlage Arthur Schmed aus Rüti ertüftelte 1980 den ersten Kaffeevollautomaten für Haushalt und Büro. Schmed gründete mit seinem Partner Sergio Zappella das Unternehmen Sergio, Arthur e Compania – Saeco, belieferte neben Solis anfangs auch den heutigen Marktführer Jura und verkaufte in vielen Ländern unter dem Namen Saeco.

Die Evolution dieser elektronisch gesteuerten Küchengeräte nahm ihren Lauf. Jedes Jahr zur Berliner Messe IFA präsentieren die Hersteller immer raffiniertere Modelle. Preiswerte Geräte gibt es ab 200 Euro, Puristen blättern fast bis zu 8000 Euro für ein High-End-Modell hin. Was rechtfertigt solch enorme Preisdifferenzen? Welche Funktionen nutze ich wirklich? Kaufen oder mieten? Der Markt von Geräten für Haushalt, Werkstatt und Büro ist unübersichtlich.

Schweizer Firmen dominieren

Die Vollautomaten sind trotz klingender italienischer Namen eine Domäne der Schweizer geblieben, obwohl auch deutsche Hersteller immer mehr am neuen Kaffeekult partizipieren. Alfino stammt vom heimischen Edel-Tafelausstatter WMF. Caffeo Lattea ist ein Produkt der westfälischen Traditionsfirma Melitta, und Syntia nennt sich eine Produktlinie von Saeco, inzwischen eine Tochtergesellschaft des holländischen Philips-Konzerns. Impressa heißen die diversen Modelle des Schweizer Spezialisten Jura, der wiederum seine Vollautomaten von der ebenfalls in der Alpenrepublik beheimateten Firma Eugster/Frismag AG fertigen lässt – ebenso wie AEG, Bosch und Siemens. Zusätzlich tummeln sich auf dem Markt noch De’Longhi, Gaggia, Solis, Solac sowie Moulinex, Philips und WMF. Gewerbliche Großgeräte für Gastronomie und Werkskantinen kommen meist von La Cimbali, WMF, Thermoplan, Faema, Schaerer, Melitta oder Astoria. Zudem gibt es Mietgeräte wie beispielsweise MultiBona – ab fünf Euro pro Tag – vom Spezialisten Kaffee Partner aus dem westfälischen Wallenhorst. Solche Getränkeautomaten lassen sich auf Wunsch auch mit einem Abrechnungs- und Münzsystem ausstatten.

Bei dieser erdrückenden Vielfalt ist es besser, nicht zuerst auf Markennamen zu schauen, sondern vor dem Kauf darauf zu achten, was die Geräte können sollen. „Der Kaffeeverbrauch in Büros wird häufig unterschätzt und die Maschine zu klein dimensioniert“, sagt Wolfgang Niessen, Geschäftsführer des Firmen- und Gastronomie-Ausrüsters PH Kaffeemaschinen in Kerpen bei Köln. „Bei mehr als zehn Leuten im Betrieb sind die Geräte oft heillos überfordert, weil zu den Tageszyklen morgens und nachmittags ständig Wassertanks gefüllt und Tresterbehälter mit dem verbrauchten Kaffeepulver entleert werden müssen,“ weiß Niessen aus Erfahrung. Zudem ist bei großem Andrang für Milchmixgetränke eine konstante Dampfleistung erforderlich.

Umgekehrt kommen kleine Büros mit leistungsfähigen Haushaltsgeräten aus. Bei vielen Automaten sind bis zu zwölf verschiedene Kaffeeprodukte wählbar. „Wichtig ist, dass sie bedienungsfreundlich und einfach zu pflegen sind“, sagt der Kölner Kaffee-Sommelier Michael Gliss. Im Idealfall führt ein übersichtliches Display Schritt für Schritt und intuitiv durch das Bedien-Menü.

Im Prinzip besteht jeder Vollautomat aus den Komponenten Mahlwerk, Pumpe, Heizaggregat sowie Brühgruppe, deren Zusammenspiel die integrierte Elektronik regelt. Mahlgrad von grob bis fein sowie die Pulver- und Wassermenge lassen sich mit jeder aufgebrühten Tasse auf dem Display verändern oder sind nach persönlichem Geschmack speicher- und mit jeder Tasse wieder abrufbar.

Nicht zu klein dimensionieren

Austauschbare Wasserfilter sowie Reinigungs- und Entkalkungsprogramme gehören ebenso zur Mindestanforderung wie ein separates Milchaufschäumsystem. Die Bohnenbehälter fassen zwischen 120 und 400 Gramm und die Wassertanks von 1,1 bis 2,8 Liter. Sie sollten beide für den Betrieb nicht zu klein dimensioniert sein. Den für einen guten Espresso erforderlichen Pumpendruck von 9,5 bis 10 Bar schaffen alle auf dem Markt befindlichen Marken-Maschinen.

Für optimale Aroma-Ausbeute sorgen Vorbrühsysteme. Einen herkömmlichen Kaffee aus der Wärmekanne wagen sich jedenfalls immer weniger Gastgeber anzubieten. Kaffeeautomaten gehören vielfach schon so selbstverständlich zum Arbeitsplatz wie PC und Telefon.

holger.externbrink@handwerk-magazin.de

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