Kooperationen Was Netzwerke im Handwerk bringen

Trotz guter Konjunktur tobt in vielen Branchen noch immer ein harter Preiskampf. Vier Hamburger Druckereien wollen nun gegensteuern. Wie Teamarbeit im Handwerk erfolgreich funktioniert.

  • Bild 1 von 2
    © Henning Angerer
    Mit Qualität und schnellem Service will die Hamburger Printarena gegen Billiganbieter punkten (v.l.): Peter Gutsche (Gutsche GmbH), Olaf Kern (Eurodruck), Jens Neugebauer (Kompage GmbH), Marc Ahrweiler (Ahrweiler Offset).
  • Bild 2 von 2
    © handwerk magazin
    Kundenwünsche besser erfüllen: Viele Chefs sehen in Teamarbeit dazu ein ideales Mittel.

Gemeinsam gegen Billiganbieter

Jeder macht das, was er am besten kann: das Motto der neu gegründeten Kooperation „Printarena“ in Hamburg klingt simpel, ist aber nach Einschätzung der vier beteiligten Druckereiunternehmer die einzige Chance im Kampf gegen die Billigkonkurrenz. „Wir bieten unseren Kunden auch kurzfristig hochwertige Leistungen aus einer Hand“, erklärt Olaf Kern, Geschäftsführer beim größten Partner Eurodruck. Da sich die Dienstleistungspalette in den letzten zehn Jahren enorm ausgeweitet habe, könne heute keine Druckerei mehr die ganze Palette von der Druckvorstufe bis hin zu Spezialkartonagen bieten. „Am Bau gibt es schließlich auch mehrere Gewerke“, begründet Kern die Arbeitsteilung. Da die Kunden jedoch weiterhin alles aus einer Hand beziehen möchten, arbeitet Eurodruck schon seit Jahren mit den Druckspezialisten von Ahrweiler, Peter Gutsche und Kompage zusammen. Im März 2012 wurde die Kooperation mit der Gründung der Printarena nicht nur unter ein gemeinsames Markendach gestellt, sondern die vier Betriebe teilen sich jetzt auch ein gemeinsames Firmengelände. „Bei uns“, so Olaf Kern, „muss alles sehr schnell gehen, deshalb ist die räumliche Nähe wichtig.“

Wenig Mut zum Netzwerken

So viel Pragmatismus und Entschlossenheit ist trotz des ähnlich hohen Marktdrucks in vielen Handwerksbranchen noch selten. Wie eine Studie der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) zu „Kooperationen im Handwerk“ zeigt, werden Informationen zur Teamarbeit in der Beratung nur mittelmäßig nachgefragt, mehr als zwei Drittel der Berater in den Handwerkskammern stufen das Interesse gar als „gering“ ein. Dabei sind die Vorteile von Netzwerken nach FHM-Recherchen durchaus bei den Betrieben angekommen: knapp zwei Drittel sehen darin ein probates Mittel zur Angebotserweiterung, mehr als die Hälfte schätzt den Vorteil der besseren Kundenorientierung, und 29 Prozent erhoffen sich von der Teamarbeit einen Produktivitätsgewinn (siehe rechts). „Die gezielte Zusammenarbeit rüstet Handwerksbetriebe ideal für den steigenden Wettbewerbsdruck“, bestätigt auch Dieter Schlimmer, Kooperationsexperte bei der Gewerbeförderungsstelle des NRW-Handwerks in Düsseldorf.

Die Gründe für die Zurückhaltung der Betriebe sind nach Erkenntnis der FHM-Experten indes vielschichtig, in den Diskussionen mit Unternehmern wurden neben organisatorischen Schwierigkeiten und der Aussage „es läuft auch so“ vor allem Bedenken wegen des Marktrisikos geäußert. Frei nach dem Motto: „Wir haben einen guten Ruf zu verteidigen, da können wir uns keine Experimente mit Kooperationspartnern erlauben.“ Vor 165 Jahren waren die Unternehmer noch deutlich wagemutiger, schließlich liegen die Wurzeln der allerersten Genossenschaft im Handwerk: 1847 gründete Hermann Schulze-Delitzsch mit der Rohstoffassoziation für Tischler und Schuhmacher die erste Genossenschaft, im internationalen Jahr der Genossenschaften 2012 haben sich inzwischen über 20 Millionen Mitglieder dem bewährten Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ verschrieben.

Olaf Kern, Initiator der Printarena, kennt die Schwierigkeiten und Risiken der engen Zusammenarbeit aus langjähriger Erfahrung. „Die Printarena ist keine kurzfristige Idee, sondern deren Entwicklung war ein Prozess.“ So hat sich das für eine Kooperation notwendige Vertrauen Stück für Stück so weit aufgebaut, dass die vier Betriebe am gemeinsamen Standort auch ihre Arbeitsprozesse aufeinander abgestimmt haben. Wer einen Auftrag akquiriert, rechnet komplett mit dem Kunden ab und kauft die notwendigen Leistungen bei den Partnern zu. Läuft mal etwas schief und ist Nacharbeit erforderlich, klären das die Partner intern, der Kunde erhält schließlich die gewünschte, qualitativ hochwertige Printarena-Leistung. „Aus der Not heraus“, ist sich Kern sicher, „würde eine solche Kooperation nicht funktionieren, das erfordert viel Toleranz und menschliche Größe im Umgang miteinander.“

Wie Anette Icks vom Bonner Institut für Mittelstandsforschung bestätigt, hat vor allem die ältere Unternehmergeneration Schwierigkeiten, sich an den Teamgedanken zu gewöhnen. Hinzu kommt, dass - unabhängig vom Alter - jeder Mensch andere Voraussetzungen zur Teamarbeit mitbringt (siehe Cheftypen oben).

Handwerker misstrauen Partnern

Speziell im Handwerk haben die FHM-Experten denn auch den psychologischen Aspekt als Haupthindernis ausgemacht: 91 Prozent der befragten Kammerberater sehen besonders Misstrauen und die Angst vor Identitäts- und Selbständigkeitsverlust als Gründe für das Scheitern oder Nichtzustandekommen von Kooperationen an. An zweiter Stelle der Hindernisgründe werden organisatorische Probleme wie das Fehlen eines Organisators und Kümmerers oder auch Ziel- und Interessenkonflikte mit dem eigenen Unternehmen genannt. Die oft von den Unternehmern ins Feld geführten Haftungs- und Gewährleistungsfragen rangieren nach Einschätzung der Berater erst an dritter Stelle.

Obwohl es inzwischen zahlreiche bewährte Kooperationsformen im Handwerk gibt (siehe Tabelle Seite 39), haben sich die Partner der Printarena auf eine reine Marketingkooperation verständigt. Jede Druckerei bietet als eigenständige GmbH unter dem gemeinsamen Markendach ihre Leistungen an und rechnet diese mit den jeweiligen Partnern ab. Um die neue Marke schlagkräftig im Markt zu etablieren, haben die vier Partner eigens eine Agentur mit der Entwicklung einer Markenstrategie beauftragt. Knapp sechs Monate nach der Gründung sieht Kern die Printarena auf einem guten Weg: „Der Name erklärt den Kunden einfach besser, was wir bieten können.“ Langfristig hofft er, dass der innovative Zusammenschluss auch dazu beitragen kann, das schlechte Image seiner Branche bei den Banken zu verbessern. „Sonst findet keiner von uns vieren mehr einen Nachfolger.“