Gefährliches Versprechen

Bürgschaft Bei der Kreditvergabe pochen Banken auf Sicherheiten. Gerne werden Bürgschaften von Ehefrauen akzeptiert, weil sie als gute Schuldner gelten. Die Frauen übernehmen dabei ein hohes Risiko.

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    Kein Einzelfall: Christiane Brehme bürgte für den Betrieb und haftete für die Schulden.
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    Steigende private Pleiten: 2010 erreichten sie einen neuen Höchststand.

Gefährliches Versprechen

Christiane Brehme hat keine Minute gezögert. Als ihr Mann sich 1997 mit seinem Steinmetzbetrieb selbständig machte, fehlten ihm die notwendigen Sicherheiten. Also unterschrieb sie eine Bürgschaft in Höhe von rund 100000 Mark. „Ich war jung, verliebt und voller Zuversicht.“ Die Sache ging schief. Erst musste das Unternehmen Insolvenz amelden, dann scheiterte die Ehe. Und weil ihr Mann sofort arbeits- und mittellos war, hielt die Bank sich an Christiane Brehme. Sie bemühte sich, doch trotz einer kleinen Erbschaft konnte sie die Schulden nicht stemmen. Bis 2005 waren die Schulden auf 165000 Euro angewachsen. Der bittere Ausweg: Sie meldete Privatinsolvenz an.

Brehme ist kein Einzelfall. Viele Frauen im Handwerk gehen ein hohes Risiko ein, wenn sie eine private Bürgschaft für den Betrieb unterschreiben, oft ohne sich vorher über Haftungsfragen ausreichend zu informieren. „Nach wie vor gehören überschuldete Ehefrauen von ehemaligen Betriebsinhabern zum Alltag in Schuldnerberatungen“, sagt Rita Hornung, Mitglied im Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung. Sie rät nicht grundsätzlich von Bürgschaften ab, fordert Frauen aber auf, sich vorab gründlich über Konditionen und Konsequenzen zu informieren. Nur in einem Punkt unterscheidet sich die Geschichte von Christiane Brehme von anderen Fällen bürgender Ehefrauen, räumt Hornung ein. In der schonungslosen Ehrlichkeit, in der Brehme heute zu ihrem Fehler steht. „Die meisten Betroffenen schämen sich“, sagt die Expertin.

Dabei würde sich Rita Hornung durchaus mehr Offenheit wünschen. „Noch immer lassen sich viele Frauen zu schnell auf eine Bürgschaft ein.“ Entweder weil sie nicht informiert sind oder weil sie sich emotional unter Druck gesetzt fühlen, wie Beate Roll, Landesvorsitzende im Arbeitskreis Berlin der Unternehmerfrauen im Handwerk (UfH), bestätigt. Denn ohne Bürgschaft gibt es keinen Kredit. „Für Unternehmerfrauen ist das ein unerträglicher Druck.“

Die Ehefrau haftet für den Kredit

Zwar gab es Anfang der 90er Jahre zwei Grundsatzurteile, nach denen Sicherheiten sittenwidrig und damit unwirksam sind, wenn sie den Bürgen überfordern. Das bedeutet, wenn die Summe so hoch ist, dass der Bürge nicht einmal die Zinsen bedienen kann. Seitdem sehen Banker zwar etwas genauer hin. Dennoch, bestätigt auch Christiane Bauer, Leiterin Produktmanagement beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband, ist es gerade im Bereich klein- und mittelständischer Betriebe nach wie vor üblich, Ehefrauen mit in die Haftung zu nehmen, sofern ihre finanzielle Leistungsfähigkeit dies erlaubt.

Aus Sicht der Banken gibt es dafür einen guten Grund: die sogenannte Verhinderung der Vermögensverschiebung. Darüber hinaus, so Bauer, profitierten die Frauen, weil sie im Betrieb mitarbeiten und so die Unternehmensentwicklung beeinflussen. „Da sollten sie beteiligt sein.“ Außerdem gelten Frauen bei den Finanzinstituten als die besseren Schuldner - auch wenn sich mit dieser Aussage kein Banker zitieren lassen will. In ihrem Alltag erlebt Beraterin Hornung immer wieder, dass die Frauen ein schlechtes Gewissen haben und alles daran setzen die Schulden auch zu begleichen. „Viele Männer tauchen einfach ab.“

Vorab informieren

Hornung würde sich dieses Engagement bei Frauen früher wünschen. Dabei rät sie nicht in jedem Fall von Bürgschaften ab, sondern fordert von Frauen eine bessere Recherche im Vorfeld. Nur dann kann man gute Konditionen verhandeln. „Mit guten Vertragsbedingungen lässt sich die Haftung begrenzen“, rät die Expertin. Außerdem ist Bürgschaft ist nicht gleich Bürgschaft (siehe Kasten). Und oft gebe es auch Alternativen zu einer Bürgschaft, gibt Rita Hornung zu bedenken.

Drei Regeln gibt die Fachfrau Bürgen mit auf den Weg: Erstens sollten sie das Gespräch mit der Bank nie alleine führen, sondern immer einen neutralen Zeugen mitnehmen und auf einem unterschriebenen Protokoll bestehen. Dies ist auch deswegen wichtig, weil die Banker selbst oft mit emotionalem Druck arbeiten. „Sie wollen Ihrem Mann doch helfen.“

Zweitens sollten Bürgen die Summe begrenzen und drittens bereits im Vorfeld die Zahlungsbedingungen für den Ernstfall regeln. Kann die Summe abgestottert werden? Wie hoch sind die Zinsen? Die Banken mögen solche Einschränkungen nicht. „Aber im Zweifel lassen sie sich meisten doch darauf ein - wenn man hartnäckig bleibt“, sagt Hornung.

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de

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