Software-Lösungen Fuhrpark-Management: Alle Kosten auf dem Display

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Mit der passenden IT-Anwendung können Handwerksbetriebe nicht nur ihre Firmenfahrzeuge verwalten, sondern auch Auswertungen analysieren und die Kosten im Griff halten. Doch angesichts der vielfältigen Angebote gilt es, vor der Investitionsentscheidung den Bedarf genau zu prüfen.

Unternehmer Holger Ried
Unternehmer Holger Ried beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit dem Management von Fahrzeugen - © Tim Wegner

Mit dem Fahrzeugmanagement beschäftigt sich Holger Ried seit Gründung der Ried Blitzschutz GmbH vor gut 35 Jahren. Denn seine mittlerweile 36 Firmenfahrzeuge müssen laufen. „Wir montieren Blitzschutzanlagen an Gebäuden aller Art und das in einem Gebiet bis zu 100 Kilometer vom Standort und bearbeiten durchschnittlich 400 Baustellen gleichzeitig“, sagt der Unternehmer. In Sonderfällen geht es für Stammkunden auch weiter weg oder ins Ausland. Parallel dazu finden Baustellenkontrollen und die Akquise der Kunden durch die Projektleiter vor Ort statt. Die 20 Pkw und 16 Transporter sind daher wichtige Arbeitsmittel .

Bei der Organisation ermittelt der Kaufmann immer wieder Verbesserungspotenziale. Einen Sprung nach vorne hat er in diesem Jahr mit der Entscheidung für eine neue GPS-gestützte Fahrzeugortung gemacht. Hintergrund: Die Erfassung der Fahrt- und Arbeitszeiten zur Abrechnung der Stundenlöhne durch die bisherige Lösung reichten ihm nicht mehr aus. Es sollten mehr Informationen in einem höheren Tempo fließen. „Ich dachte mir: Es muss doch zu machen sein, auch die Abrechnungsprozesse zu automatisieren und meine Baustellen in Echtzeit einsehen zu können.“

Genau das setzte Ried mit Fleetize als IT-Dienstleister um. Das Start-up hat eine Anwendung entwickelt, die die Daten via Dongle an der OBD-II-Schnittstelle aus dem Auto erzeugt. Zusätzlich wurde eine Schnittstelle zum Buchhaltungssystem implementiert. Seither lassen sich alle Projekte abbilden. „Ich sehe nun grafisch übersichtlich, wo die Baustellen sind, die Fahrtzeiten von und zum Einsatzort und welche Fahrzeuge und Mitarbeiter gerade vor Ort sind. Das Ganze wird historisch dokumentiert.“ Auch die Arbeitszeiten werden jetzt automatisch herausgefiltert und zur Abrechnung in die Finanzbuchhaltung übertragen. Dafür zahlt Ried eine monatliche Gebühr inklusive Hardware, Service, Online-Zugang mit Datenvorhaltung.

Detaillierte Zahlen via Reports

Überhaupt ist für ihn die Datenqualität und Transparenz das A und O. Und diese geht weit über die Ortung hinaus. Seit Juli dieses Jahres nutzt Ried daher vom neuen IT-Dienstleister auch das Tool zur Fuhrparkverwaltung. Damit ruft Ried beispielsweise ab, wann die Leasingverträge für die Fahrzeuge auslaufen, wann Inspektionen und Termine für die Hauptuntersuchung fällig sind. Außerdem warnt ihn das System, wenn ein Fahrzeug unerwartet hohe Laufleistungen hat und es abzusehen ist, dass man die im Leasingvertrag vereinbarten Kilometer vor Ablauf überschreitet. „Dadurch kann ich reagieren und den Leasingvertrag anpassen oder das Fahrzeug einem anderen Mitarbeiter geben, der weniger fährt“, erklärt er. „Längerfristig wollen wir unsere gesamten Dokumente wie Verträge, Rechnungen etc. mit der Software verwalten“, so der Unternehmer. Zu diesem Zweck lässt er derzeit die Altdaten aus den Excel-Listen und Dokumente einpflegen – vom Leasingvertrag über die TÜV-Zertifikate, Zulassung und Abmeldung bis hin zu den Reparaturrechnungen. „Wir haben jetzt eine Basis für digitales Flottenmanagement gelegt. Es gibt zwar noch keine Referenzwerte für Kostenvergleiche, ich rechne aber damit, dass die ersten Auswertungen in Kürze stattfinden können.“ Sein Ziel: die tatsächlichen Gesamtkosten pro gefahrenem Kilometer zu ermitteln und bei Bedarf gegenzusteuern.

In eine Gesamtstrategie betten

Doch ab welcher Fuhrparkgröße lohnt es sich überhaupt, eine Fuhrparkmanagement-Software einzusetzen? Tobias Werthwein, Beauftragter für Innovation und Digitalisierung der Handwerkskammer Düsseldorf, will das nicht an einer Zahl festmachen: „Auch mit nur wenigen Firmenwagen kann die Anwendung eine Hilfe sein, wenn das komplette Management darüber läuft. Das umfasst die Organisation der Aufgaben wie Wartungstermine genauso wie die Planung von Routen, die Disposition von Aufträgen sowie die Dokumentation aller Kosten.“

Denn gerade Betriebe mit kleinen bis mittelgroßen Flotten sind Meister in Sachen Mobilität. Sie geben viel Geld für Fahrzeuge aus. Leider nehmen das viele Handwerkschefs als alternativlos hin. Da ihnen häufig das entsprechende Volumen fehlt, meinen sie, nicht verhandeln zu können. „Datentransparenz kann das ändern und so manche Möglichkeiten aufdecken“, betont Werthwein. Ein Beispiel: die Optimierung der Fahrtrouten, mit der die Betriebe ihre Ausgaben senken.

„Außer Acht gelassen werden zudem die indirekten Kosten wie der interne Zeitaufwand, der bei der Verwaltung von Fahrzeugen in Papierform oder Excel entsteht und mit einem professionellen Tool sich ebenfalls verringert“, so Werthwein. Allerdings sollte es in eine digitale Gesamtstrategie eingebettet sein. „Wichtig wäre es, dass die jeweilige Branchen-Software mit dem Flottenmanagement-System zusammenarbeitet. Insellösungen sind kontraproduktiv und zu vermeiden.“ Daneben sollte sich der Handwerksunternehmer darüber klar werden, ob er die Lösung lokal auf seinem Server oder in der Cloud betreiben möchte.

Kleine und mittlere Fuhrparks

Ungeachtet dessen scheinen die kleinen und mittleren Flotten für die spezialisierten IT-Dienstleister an Attraktivität zu gewinnen. Einige bieten ihre Lösungen den Betrieben bereits ab einem bis zwei Fahrzeugen im Bestand an. Welche Lösungen ab wie viel Firmenwagen zu haben sind, zeigt eine Befragung, an der 15 Anbieter teilgenommen haben (siehe Download). So ist Fleetize ab einem Firmenfahrzeug buchbar, Vimcar ab zwei bis 200, Cara Fleet und Fleetster ab drei, Webfleet ab drei bis vier, Yalone-IT sowie Yellow Fox ab fünf Einheiten. Die Dienste von Fleet Expert und Kemas stehen ab zehn Fahrzeugen im Bestand zur Verfügung. Avrios , Carano und K-Soft starten ab 20, Fleet One ab 30 sowie Community4you und Innuce ab 50 Einheiten.

Ist-Situation analysieren

Die IT alleine löst jedoch keine Probleme. Für ein effektives Management der Firmenfahrzeuge muss die Datenerfassung im Vorfeld auf ein solides Fundament gebaut sein. Die Handwerksbetriebe mit oft begrenzten Ressourcen sollten sich dazu so viele Informationen wie möglich einholen. „Die Unternehmer oder Flottenverantwortlichen sollten sich Experten aus den Autohäusern oder den Leasinggesellschaften kommen lassen und sich austauschen“, rät Uwe Seitz, Geschäftsführer der Seitz Management Services. Der Fuhrparkspezialist fügt hinzu: „Der erfolgreiche Einsatz einer Fuhrpark-Software setzt voraus, dass der Nutzer die Daten richtig interpretieren kann. Das erfordert Know-how.“ Erst dann sei es einschätzbar, ob und welches Programm geeignet ist.

Stellt sich bei der internen Analyse heraus, dass dem Betrieb die Stammdaten wie Kfz-Typ, Fahrgestellnummer, Kennzeichen, Zulassungsdatum, Ablaufdatum des Leasingvertrages und vereinbarte Laufleistungen reichen, genügt nach Meinung von Seitz eine konsequente Datenpflege in Excel. In diesen Fällen liefern auch die Reports der Leasinggesellschaften alle relevanten Werte, wenn die Fahrzeuge im Full-Service geleast sind.

Notwendige Software-Features

Fuhrpark-Software kommt ins Spiel, wenn Daten und Prozesse dynamisch werden, beispielsweise beim Kraftstoffverbrauch, den Fahrtrouten oder bei Vernetzung von Bewegungsdaten, etwa zur flexiblen Einsatzplanung. „Bevor die KMU auf die Suche nach einer Anwendung gehen, sollten sie die individuellen Anforderungen in einem Lastenheft definieren“, sagt Seitz. „Einige Eigenschaften sollte die Software immer mitbringen. Sie sollte auf Java-Basis laufen, einfach zu bedienen sein sowie eine Historisierung der Daten und ein Archiv beinhalten, um beispielsweise auch Führerscheinkontrollen und andere Halterpflichten zu dokumentieren.“ Zusätzlich empfiehlt es sich, sie mit der Finanzbuchhaltung zu verbinden und dieser vorzuschalten.

Daten erheben, Kosten senken

Sobald ein Unternehmen die Daten sauber erhebt, steigt die Transparenz. Das fördert wiederum die Sensibilität für die Kosten. Aus seiner langjährigen Tätigkeit kann Berater Seitz auf konkrete Zahlen zurückgreifen. Demnach beläuft sich beispielsweise bei einem Mix aus Pkw und leichten Nutzfahrzeugen die Total-Cost-of-Ownership (TCO) auf 1.000 bis 1.200 Euro pro Fahrzeug und Monat. „Bei 20 Stück reden wir von rund 250.000 Euro pro Jahr“, resümiert Seitz. „Jedem in dieser Fuhrparkgröße sage ich, dass er seine Kosten um mindestens zehn Prozent senken kann und dabei meist noch mit den gleichen Anbietern zusammenarbeitet.“

Als Stellschrauben nennt er: den ­optimalen Ersatzzeitpunkt bei Leasing zu ermitteln und die Verträge entsprechend anzupassen. Das bringe zwischen fünf und sieben Prozent an Ersparnis bei den Raten. Eine weitere Option: die Grenzen für die Mehr- und Minderkilometer von 2.500 auf 5.000 Kilometer erhöhen.

Bei Kauf sieht der Fuhrparkexperte ebenfalls Spielraum beim Rabatt. Seitz: „Das Vorlegen eines günstigeren Angebotes kann hier Bewegung in die Verhandlungen bringen.“ Diese Verbesserungen sind machbar, wenn die Daten offenliegen. Der Schlüssel dazu ist die Fuhrpark-Software.

Checkliste: Darauf sollten Fuhrparkprofis achten

Unternehmer müssen sich vor der Entscheidung für oder wider eine Fuhrparkmanagement-Software klar werden, welche Daten die Anwendung verarbeiten und welchen Nutzen der Handwerksbetrieb daraus ziehen soll. Es empfiehlt sich, folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Tauschen Sie sich mit Experten der Automobilhersteller, Leasinggesellschaften, Autohäuser und anderen Dienstleistern aus. Holen Sie sich aus den Gesprächen mit Spezialisten für gewerbliche Kunden so viel Wissen wie möglich, um daraus Rückschlüsse für Ihre eigenen Anforderungen ziehen zu können.
  • Erstellen Sie ein Lastenheft, in dem Sie Ihre individuellen Anforderungen niederschreiben: von der Erfassung der Kfz-Stammdaten wie Kennzeichen, Zulassungsdatum und Ablauf der Leasingverträge bis hin zu Faktoren wie dem Kraftstoffverbrauch via Tankkarten oder ein integrierbares Tool zur Flottensteuerung.
  • Achten Sie darauf, dass das Fuhrpark-Tool mit der Branchen- respektive Finanzbuchhaltungs-Software in Ihrem Betrieb zusammenarbeitet und via Schnittstellen ein Datenimport sowie -export gewährleistet ist. Die Fuhrpark-Software sollte ferner der FiBu vorgeschaltet sein. Insellösungen gilt es zu vermeiden.
  • Die Software sollte ferner auf Java basieren sowie die Historisierung der Daten ermöglichen und ein Archiv beinhalten.
  • Beratungsangebote: Von den Handwerkskammern gibt es dazu auch Schützenhilfe. Diese leisten die Beauftragten für Innovation und Technologie (BIT). Sie beraten beispielsweise rund um die Digitalisierung, Innovationen und Software für Handwerker. Die BIT sind unter bistech.de nach Postleitzahl und Fachgebiet abrufbar.