Verkaufsgespräch Für ein paar Euro mehr

Darf es noch etwas mehr sein? Wer konsequent über Zusatzleistungen informiert, kann den Umsatz je Kunde nachhaltig erhöhen. Verkaufsprofi Marc Galal erklärt, worauf es dabei ankommt.

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    Zufriedene Kunden sind für Zusatzverkäufe besonders empfänglich.
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    „Die Kunden schätzen es, wenn der Anbieter für sie engagiert mitdenkt.“Marc Galal, Vertriebsprofi und lizenzierter Verkaufstrainer in Frankfurt/Main.

Für ein paar Euro mehr

Dieser Satz ist Millionen wert: „Möchten Sie zu Ihrem Menü noch ein Getränk?“, erkundigen sich die McDonalds-Mitarbeiter bei jedem Kunden, der zunächst nur etwas zu essen bestellt hat. Natürlich sagt nicht jeder begeistert „ja“, doch immerhin jeder Dritte bestellt da-raufhin noch einen Softdrink, Kaffee oder etwas Alkoholisches. „Mit dieser simplen Frage erwirtschaftet McDonalds weltweit jeden Tag etliche Millionen Dollar Zusatzumsatz - und zwar ohne jegliche Mehrkosten“, weiß Marc Galal, Vertriebsprofi und lizenzierter Verkaufstrainer in Frankfurt/Main.

Dabei profitieren Fastfood-Ketten, Finanzdienstleister sowie Mediamarkt & Co. von einem Phänomen, das Verkaufspsychologen schlicht als Kauflaune beschreiben: Hat der Kunde Vertrauen zu einem Anbieter aufgebaut und sich für ein Produkt oder eine Leistung entschieden, ist er fast immer bereit, noch mehr Geld bei diesem Anbieter auszugeben.

Bis zu 30 Prozent mehr Umsatz

Aufgrund der großen Nähe zum Kunden und seinen Bedürfnissen sieht Experte Galal gerade im Handwerk ein großes Potenzial für Zusatzverkäufe: „Sicher funktioniert es nicht bei jedem Kunden, doch 20 bis 30 Prozent mehr Umsatz sind durchaus realistisch.“ Wichtigste Voraussetzung dafür: Der Verkäufer muss überzeugende Argumente bieten und darf keine Angst haben, das Thema zusätzliche Produkte und Leistungen überhaupt anzuschneiden: „Entscheidend ist“, so Galal, „dass der Verkäufer aus Sicht des Kunden denkt und argumentiert, dann fühlt sich dieser gut bei ihm aufgehoben und ist offen für weitere Angebote.“

Je höher die Kundenzufriedenheit, je größer die Bereitschaft für Zusatzkäufe

Wie wichtig die Kundenzufriedenheit für die von Marketingexperten als Cross-Selling bezeichnete Verkaufsstrategie ist, zeigt eine Studie von Professor Frank Huber an der Universität in Mainz. Je breiter demnach die Angebotspalette und je höher die Kundenzufriedenheit, desto größer ist die Bereitschaft für Zusatzkäufe. Als weiteren wichtigen Erfolgsfaktor haben die Wissenschaftler die Beschaffungsverbundenheit ausgemacht. So ist es für den Kunden schlichtweg bequemer, die benötigten Produkte und Leistungen bei einem Anbieter zu kaufen, zu dem er bereits ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat.

Erst die Zusatzprodukte definieren

Um das Potenzial zu nutzen, rät Galal den Unternehmern, zunächst die infrage kommenden Zusatzprodukte zu definieren. Je nach Branche und Angebotspalette bietet sich dabei entweder ein senkrechter oder waagerechter Querverkauf an. Während Ersterer eine Ergänzung zum bereits gekauften Produkt darstellt (Beispiel: die Krawatte zum Anzug), offeriert der Verkäufer beim waagerechten Cross-Selling ergänzende, jedoch nicht verwandte Produke wie etwa einen Wartungsvertrag zur neuen Heizung.

Sind die wichtigsten Varianten definiert, geht es im zweiten Schritt darum, für die Lösungen eine überzeugende Verkaufsargumentation zu entwickeln. „Auch die absoluten Profis im Verkauf legen sich ihre Argumente und mögliche Alternativen vorher zurecht, damit sie im Gespräch alle wichtigen Informationen parat haben“, weiß Galal.

Da es im Handwerk oft die Mitarbeiter sind, die beim Kunden ein Potenzial für Zusatzverkäufe aktivieren können, ist es sinnvoll, das Team einzubeziehen. Bewährt habe es sich auch, die wichtigsten Punkte für die Mitarbeiter kurz und knapp aufzuschreiben: „Als Unternehmer darf ich nicht die Mitarbeiter für den Zusatzverkauf verantwortlich machen, sondern muss sie so weit schulen, dass sie die Kunden beraten können.“

Sie plaudern gerne mit Ihren Kunden? Dann nutzen Sie die Chance, mehr über deren Wünsche zu erfahren. So können Sie Ihr Angbot optimal anpassen.

Von Kunden lernen: Fragen statt sagen

Der Klassiker unter den Verkaufsregeln gehört zum Handwerkszeug jedes Unternehmers. Dennoch bombardieren die meisten Verkäufer ihre Kunden eher mit Zahlen und Produktmerkmalen, als ihnen zuzuhören. Ein, wie Marketingexpertin Anne Schueller in München weiß, verhängnisvoller Fehler. Denn das für die Kaufentscheidung wichtige Vertrauen lässt sich nur aufbauen, wenn der Kunde merkt, dass der Anbieter seine Wünsche ernst nimmt. „Ein wirklich gutes Verkaufsgespräch“, so Schueller, „ist keine Einbahnstraßen-Kommunikation, sondern der Anbieter sollte deutlich signalisieren, dass er sich wirklich für seinen Gesprächspartner interessiert.“ Um die wahren Beweggründe, Ängste und Befindlichkeiten auf den Punkt zu bringen, rät die Expertin deshalb zu fokussierenden Fragen .

Mit Fingerspitzengefühl agieren

Um diese direkte und unmittelbare Form der Marktforschung erfolgreich anwenden zu können, ist jedoch vor allem Fingerspitzengefühl gefragt. Schließlich hat nicht jeder Kunde Zeit und Lust, seine Kaufmotive zu erläutern oder sich über eine Verbesserung des Angebots Gedanken zu machen. Expertin Schueller rät deshalb, diese Technik zunächst bei den Kunden einzusetzen, die das Unternehmen gut kennen und bislang überwiegend gute Erfahrungen mit dem Angebot gesammelt haben: „Fragen Sie den Kunden offen, ob er gerade Zeit hat, noch eine Frage zu beantworten - und reagieren Sie keinesfalls beleidigt, wenn er ablehnt oder ein besonders heikles Thema anspricht.“

So unangenehm Reklamationen im Einzelfall auch sein mögen, das Wissen um die aktuellen Bedürfnisse ist in unserer schnelllebigen Zeit nach Erfahrung der Expertin ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor. „Die Kunden warten nicht, bis ein Anbieter mühsam in die Gänge kommt, sondern gehen zum nächsten - und erzählen im Web der ganzen Welt, warum sie es tun.“

Weiterempfehlung als Ziel

Um negative Mundpropaganda zu vermeiden, sollten Betriebe deshalb alles dransetzen, die Wünsche der Kunden zu erfüllen. Je hochwertiger die Leistung und damit auch das Kaufrisiko für den Kunden, desto sorgfältiger geht dieser bei der Wahl des Anbieters vor. Wie eine aktuelle Studie der Marktforscher von Nielsen zeigt, vertrauen 88 Prozent der Verbraucher dabei vor allem den Empfehlungen von Bekannten, 64 Prozent orientieren sich an den Aussagen in Online-Bewertungsportalen, 51 Prozent schätzen Artikel in Zeitschriften als Informationsquelle. „Zufriedene Kunden sind die beste Werbung“, fassen die Nielsen-Experten das Ergebnis der Studie denn auch folgerichtig zusammen.

Trends frühzeitig erkennen

Um von der positiven Mundprogaganda zu profitieren, kommt es nach Erfahrung von Marketingexpertin Anne Schueller darauf an, die Zufriedenheit nicht anonym per Standard-Fragebogen oder Telefon zu ermitteln, sondern im persönlichen Gespräch. „Ideal ist es, wenn der Unternehmer sich selbst die Zeit dazu nimmt, damit zeigt er dem Kunden auch seine Wertschätzung.“

Wer nicht nur auf Einzelmeinungen setzen möchte, sondern vor allem an der generellen Trendrichtung interessiert ist, könne auch eine „Frage des Tages“ im Betrieb etablieren. Bei dieser Form der Marktforschung wird eine Woche lang jeden Tag eine neue Frage aus dem Katalog ausgewählt, die jeden Tag an zehn Kunden gerichtet wird. „Am Ende der Woche“, so Schueller, hat der Unternehmer dann eine aussagekräftige und individuelle Trendaussage beisammen.“