Social Media: Zum Aufbau von Kundenbeziehungen nutzen

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Jeder dritte Kleinbetrieb ist laut einer Studie mittlerweile bei Facebook, Twitter & Co. aktiv. Wie Handwerker schnell Freunde und Fans finden, und welche Netzwerke sich zum Aufbau von Kundenbeziehungen eignen.

Kornelius Faller baut mit seiner Firma in Oberfranken seit 1996 Fahrzeuge behindertengerecht um und engagiert sich seit 2011 auf Facebook und Twitter: Neben Tipps, Fördermöglichkeiten und Werkstattalltag nimmt er dort aktiv an der Lebenswelt seiner Zielgruppe teil. - © Stephan Minx

Social Media erstaunt Kornelius Faller immer wieder. Vor allem, dass sich inzwischen über 800 Follower auf Twitter und mehr als 3.000 Fans auf Facebook für News der Faller Automobiltechnik aus dem fränkischen Niederfüllbach interessieren. Mit einem Mitarbeiter baut der Kfz-Meister seit 1996 Fahrzeuge aller Art behindertengerecht um.

Empfehlungsmarketing lohnt

Auf die Idee, die kleine Werkstatt über die sozialen Netzwerke bekannter zu machen, kam Fallers Frau Kerstin vor gut vier Jahren. „Menschen mit Handicap nutzten Facebook, Twitter und ähnliche Portale damals mit als Erste, um sich auszutauschen oder Unterstützung zu finden“, hatte sie beobachtet. Mit Videos, Bildern und kurzen Texten informiert Faller seit 2011 in den führenden Netzwerken regelmäßig über neueste Umbauten an Fahrzeugen, gibt Tipps zu Hilfsmitteln und Fördermöglichkeiten, gewährt Einblicke in den Werkstatt-Alltag: „Wir posten aber auch, wenn etwa Behindertensportler Erfolge feiern, und leiten Informationen zu Veranstaltungen oder politischen Debatten weiter.“

Bis zu zwei Stunden investiert das Team pro Arbeitstag in die Produktion von Inhalten, das Posten auf den Plattformen und die Kommunikation mit Fans und Followern. Eine Mühe, die sich zur Freude des Kfz-Meisters nicht nur in Form von Mehrumsatz auszahlt: „Zu manchen Nutzern unserer Angebote haben sich regelrechte Freundschaften entwickelt.“ Der Erfolg sei dennoch zählbar: Mehr als jeder zweite Neukunde finde heute über die sozialen Netzwerke den Weg nach Niederfüllbach, „viele auch durch Empfehlungen von Menschen, die selbst noch nie bei uns waren, aber uns von Facebook oder Twitter kennen“, wie der Kfz-Meister aus Kundengesprächen weiß.

Unbegrenzte Möglichkeiten für Interaktionen mit potenziellen Kunden

„Kein Marketinginstrument bietet kleinen und mittelständischen Firmen so vielfältige Potenziale wie die Sozialen Netzwerke“, ist sich Social-Media-Manager Stefan Dickhäuser sicher. Bereits 2006, als Facebook noch in den Kinderschuhen steckte und Twitter gerade gegründet war, begann er das Social Networking des Duisburger Bauelemente-Herstellers Heim & Haus aufzubauen. „Die Accounts auf den Plattformen sind kostenlos verfügbar, und der Start gelingt jedem normalen Computernutzer ohne Programmierkenntnisse und fremde Hilfe“, lobt er die niedrigen Einstiegshürden. Der Clou aber liege in den erzielbaren Reichweiten und den vielfältigen Möglichkeiten der Interaktion mit Menschen, die sich in irgendeiner Weise für ein Unternehmen oder seine Produkte interessieren.

Rund 28 Millionen Deutsche verfügen über ein Facebook-Profil. 80 Prozent davon sind nach Angaben von Facebook-Manager Arne Henne mit Unternehmens-profilen auf der Plattform verbunden: „Das sind in Deutschland rund 21,6 Millionen Menschen.“ Neben Facebook gibt es noch Dutzende weiterer Portale, die Menschen auf ganz unterschiedliche Weise miteinander verbinden: vom Kurznachrichtendienst Twitter über Bildernetzwerke wie Instagram oder Pinterest bis hin zu Berufsnetzwerken wie XING oder LinkedIn. Einer Studie der Kölner Agentur Greven Medien zufolge hat sich die Zahl der Klein- und Mittelständler, die diese Kanäle nutzen, seit 2010 verdreifacht – auf heute 38 Prozent.

Kreativität ist gefragt

Viele Handwerksunternehmer spielen virtuos auf dieser Klaviatur: So postet der Wiesbadener Malermeister Volker Geyer „Malerische Wohnideen“ auf fünf verschiedenen Plattformen, rund 80 Prozent seiner Kundenanfragen generiert er über Social Media. Die Bäckerfamilie Wintering aus dem Emsland lockt Kunden mit leckeren Angeboten via Facebook und Twitter in ihre Filialen. Der Berliner Friseur Florian Valenti zeigt seinen Kundinnen auf Instagram die neuesten Styles aus seinem Salon.

Auf einem noch relativ jungen Feld experimentiert hingegen Denys Nagel, der mit seinem Vater Alf die Berliner Schreinerei Holzconnection führt: Facebook-Anzeigen. „Im Gegensatz zu Google-Annoncen, die wir seit Langem erfolgreich einsetzen, können wir hier mit Bildern werben“, begründet der Juniorchef diesen Schritt: „Emotionale Produkte wie unsere Möbel lassen sich hier gut in Szene setzen.“ Außerdem lägen die Kosten pro Klick bei etwa einem Zehntel bis Dreiviertel vergleichbarer Google-Ads.

Punktgenau: bezahlte Werbung

„Die Kampagne hat uns 30 Prozent mehr Besucher in unseren 14 Geschäften beschert und ein Viertel mehr Umsatz“, bilanziert Denys Nagel. Dafür wurden gezielt Frauen und Männer im typischen „Häuslebauer- oder Haussanierer-Alter“ mit erkennbarem Interesse an gestalterisch hochwertigen Produkten umworben: Wer gerade in der Nähe eines Holzconnection-Stores war, erhielt unterwegs den Tipp, sich vor Ort beraten zu lassen. „Ansonsten sprachen wir die Kunden am PC oder Laptop an – mit dem Verweis auf unseren Online-Konfigurator“, beschreibt Gorr die präzisen Auswahloptionen bei Facebook-Ads.

Als besonders erfolgreich erwiesen sich in vergleichenden Tests sogenannte Karussell-Anzeigen. „Damit können bis zu fünf Bilder zu einer Serie verknüpft und vom Nutzer auf dem Monitor oder Handy nach Belieben hin- und hergeschoben werden“, erklärt der Marketing-Experte. „Auf diese Weise konnten wir zum Beispiel neben einem Möbelstück auch unsere Mitarbeiter zeigen, die es hier in Berlin produzieren. Oder andere Produkte, die gut dazu passten. Das kam an.“

Auf Instagram lief dieselbe Strategie laut Gorr hingegen ins Leere. „75 Prozent der Instagram-Nutzer sind jünger als 30, ein Drittel sogar jünger als 20 Jahre“, fasst er die Ergebnisse seiner Ursachenforschung zusammen. „In diesem Alter interessieren sich nicht besonders viele Menschen für individuell konfigurierbare Tische, Betten oder Regale.“

Kornelius Faller ist seit Jahresbeginn noch in Googles Plus-Netzwerk eingestiegen. „Die Möglichkeit, Sammlungen zu spezifischen Themengebieten anzulegen, dürfte unseren Kunden sehr entgegenkommen“, vermutet er. Auch Lieferanten verfolgen die Informationen des Betriebes. „Als wir im Januar eine Reihe von Einhandbedienungen für Kfz-Lenkräder im Bild vorstellten, fragte ein Hersteller prompt an, warum sein Gerät nicht zu sehen sei“, schmunzelt Faller. „Wenige Tage später stellte er uns eines für unser Teststudio zur Verfügung.“

Die wichtigsten Netzwerke und ihre Charakteristika:

twitter.com

Charakteristik: Kurznachrichtendienst. Weltweit ca. 320 Mio. Nutzer, in Deutschland bis zu 12 Mio. Nutzer erreichbar, nur ca. 1 Mio. aktiv, kostenlos.
G eeignet für: Zu erreichen sind vor allem jüngere Trendbewusste, Technikaffine sowie Politik- und Medienprofis (weniger die „Otto-Normalnutzer“). Interessenten und Multiplikatoren aus den genannten Zielgruppen mit maximal 140 Zeichen zeitnah über Aktuelles auf dem Laufenden zu halten, mit ihnen ggf. auch in Dialog zu treten. Posts aus anderen Internetpräsenzen breiter zu streuen.
Tipps: Mit vorangestelltem Rautezeichen # (Hashtag) markieren Sie Schlüsselwörter, anhand derer Ihre Nachricht (Tweet) gefunden werden kann. Nutzen Sie diese Hashtags nur für Begriffe, die das Thema Ihres Beitrags charakterisieren!
Tendenz: Wachstum stockt

facebook.com

Charakteristik: Weltgrößtes Netzwerk: ca. 1,5 Mrd. Nutzer, etwa 28 Mio. davon in Dtl., kostenlos.
G eeignet für: Menschen zwischen ca. 18 und 55 Jahren aus nahezu allen Berufs- und Interessengruppen. Stärkere mobile Nutzung als Desktop-Nutzung. Kunden durch aktuelle, nutzwertige, emotionale oder unterhaltsame Inhalte für die eigene Firma zu interessieren. Spezifische Zielgruppensegmente mit lokaler (bezahlter) Werbung anhand ausgewählter Kriterien (z.B. Interessen, Alter, Geschlecht) anzusprechen. Aufmerksamkeit auf weitere firmeneigene Internet-Angebote wie Websites, Youtube-Videos oder Onlineshops zu lenken.
Tipps: Voraussetzung für eine Unternehmensseite (früher: Fanpage) ist ein privates Facebook-Profil.
Tendenz
: stagnierend

instagram.com

Charakteristik: Dienst zum Teilen von Bildern und Videos. 5,5 Mio. Nutzer in Deutschland, kostenlos.
G eeignet für: 75 % der Nutzer sind jünger als 30 Jahre, ein Drittel ist jünger als 20 Jahre. Produkte und Leistungen mit dem Schwerpunkt Ästhetik, Design und Optik interessant in Szene zu setzen (z.B. Mode, Autos, Kunst, Food, Wohnen, aber auch Sport und Sportler). Junge Kunden kreativ herauszufordern (z.B. Fotowettbewerb).
Tipps:
Der Hashtag # dient wie bei Twitter der Markierung von Schlüsselwörtern für die einfache Bildersuche. Hohe ästhetische Qualität ist Voraussetzung, um in der Bilderflut aufzufallen. Profifotos zu empfehlen. Bildgestaltungsfunktionen der netzwerkeigenen Software nutzen!
Tendenz: Eines der im Augenblick am schnellsten wachsenden Netzwerke.

xing.com

Charakteristik: Führendes Business-Netzwerk im deutschsprachigen Raum. 9,5 Mio. Mitglieder. Basis-Mitgliedschaft gratis. Premium: 9,95 € p. M.
G eeignet für: Kontakte zu Geschäftspartnern, Verbänden usw. zu pflegen. Dienstleister, vor allem in den Bereichen Kommunikation, IT/Internet, Beratung, Industrie und Handel finden (deutsche Handwerker noch unterrepräsentiert). Fachkräfte zu identifizieren und zu gewinnen. Erfahrungen auszutauschen oder Rat/Hilfe einzuholen.
Tipps: Vorteile Premium u.a. ausführlicheres Profil, Infos über Profil-Besucher, bessere Suchfunktionen. Neben persönlichen Profilen können auch Unternehmensseiten (auf Wunsch mit News, Mitarbeiterbewertung usw.) erstellt werden. Gruppen lassen sich einrichten, um z.B. Seminare nachzubereiten.
Tendenz: Steigend

plus.google.com

Charakteristik: 6 Mio. Deutsche haben einen Account, nur 1 Prozent davon nutzt es aktiv als Netzwerk, kostenlos.
G eeignet für: Gezielte Ansprache unterschiedlicher Kundenkreise (z.B. Industrie- und Privatkunden) mit differenzierten Informationen. Inhalte aus Texten, Bildern, Videos und Diskussionen können in Sammlungen geordnet und Nutzergruppen zugänglich gemacht werden. Chats mit bis zu 150 Personen gleichzeitig möglich (sog. „Hangouts“).
Tipps: Voraussetzung für die Einrichtung eines Google-Plus-Accounts ist ein kostenloses Google-Konto. Ein Google-Plus-Konto wiederum ist Voraussetzung, um weitere Google-Dienste wie einen Youtube-Kanal oder einen Google-Maps-Eintrag einzurichten. Einige Zwänge plant Google 2016 offenbar abzuschaffen.
Tendenz: stagnierend