Finanzierungsformen der Elektromobilität Elektrotransporter: Finanzieren oder Leasen?

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Elektromobilität und Fuhrpark

Imagepflege, Förderpakete, die Schonung der Liquidität: Es gibt viele Gründe, warum Handwerksbetriebe die leichten Nutzfahrzeuge mit Elektroantrieb finanzieren oder leasen. Und doch birgt das Abwägen der Finanzierungsformen speziell bei den Stromern noch Potenzial.

Heike Homann-Miller mit ihrem Mann Frank Homann
Heike Homann-Miller mit ihrem Mann Frank Homann in Herne: "E-Mobilität ist Teil unseres Geschäftes. Diese Kompetenz wollen wir nach außen kommunizieren." - © Jens Nieth

Elektro-Transporter kaufen, finanzieren oder leasen? Die richtige Antwort darauf hängt in den Handwerksbetrieben von vielen individuellen, wirtschaftlichen und steuerlichen Faktoren ab. Auch Elektro Homann in Herne hat sich diese Frage gestellt und fürs Leasing der leichten Nutzfahrzeuge votiert. Jüngster Zuwachs sind seit Ende August zwei Mercedes-Benz E-Vito als Kastenwagen mit einer Batterieleistung von je 85 kWh. Daneben ist seit August 2019 ein Nissan e-NV mit 80 kWh im Einsatz. Alle drei beschaffte Heike Homann-Miller bei der jeweiligen Herstellerbank im Kilometer-Leasing (siehe „Finanzierungsformen – Begriffe und Inhalte“).

Außenwirkung als Kriterium

Die Geschäftsführerin des Unternehmens setzt unabhängig vom Antrieb bevorzugt auf Leasing. Nur drei von insgesamt acht Firmenwagen sind derzeit gekauft. „Die Fahrzeuge bekommen nach vier Jahren immer mehr sichtbare Macken. Für uns ist es aber wichtig, dass die mit unserer Werbung beklebten Transporter bei Kunden und anderen Verkehrsteilnehmern einen guten Eindruck hinterlassen“, sagt die Geschäftsführerin. „Darüber hinaus ist die E-Mobilität ein Teil unseres Geschäftes. Diese Kompetenz wollen wir nach außen kommunizieren.“ An den drei installierten Ladestationen im Hof werden daher nicht nur die Stromer angeschlossen, sie dienen auch als Anschauungsmaterial.

Gegen Kauf oder Kredit sprechen für die Chefin auch Kosten, die mit steigendem Kfz-Alter durch häufigere Werkstattbesuche fällig werden – obwohl sie davon ausgeht, dass mit den Stromern die Betriebskosten sinken – bei gleichem Einsatzradius wie die Vorgängermodelle, versteht sich. So sind die E-Transporter im Kundendienst ebenfalls in Herne und der umliegenden Region in einem Radius von 50 Kilometern unterwegs.

Ohne Risiko der Wiedervermarktung

Homann-Miller sieht einen weiteren Pluspunkt im Leasing: „Wir müssen uns nicht um die Wiedervermarktung kümmern.“ Das Verkaufsrisiko scheut sie insbesondere bei den neuen Stromern. „Wir haben nicht die Kompetenz, die Entwicklung des Marktwertes der Elektro-Modelle in den kommenden Jahren zu beurteilen“, gibt Homann-Miller zu bedenken. Deshalb sind die beiden Mercedes-Benz-Modelle über 48 Monate mit einer Laufleistung von 15.000 Kilometern pro Jahr und der Nissan für 36 Monate mit einer Laufleistung von 15.000 Kilometern pro Jahr geleast.

Förderungen geben Impuls

Die Förderungen und Angebote der Hersteller haben ihr Übriges dazu getan. So flossen bei der Beschaffung der Mercedes-Benz E-Vito, die bereits im Februar bestellt wurden, rund 8.000 Euro vom Bundesland Nordrhein-Westfalen, 2.000 Euro vom Bund und 2.000 Euro vom Hersteller in die Leasingkalkulation ein. Dadurch beträgt die Rate laut Homann-Miller nun pro Mercedes-Benz E-Vito rund 320 Euro netto im Monat.

Weitere Elektroautos sollen die Flotte verstärken, wenn die Mitarbeiter mit den bisher angeschafften gut zurechtkommen. Argument dafür: unter anderem die im Sommer erhöhten Förderungen auf Bundesebene auf bis zu 9.000 Euro für Fahrzeuge mit reinem E-Antrieb.

Leasingtrend im Markt

Elektro Homann ist keine Ausnahme. Kfz-Leasing wird bei den Stromern meist den anderen Beschaffungsformen vorgezogen, beobachtet Moritz Fabian. Der Neuwagenverkäufer für Transporter und Vans bei den Fahrzeug-Werken Lueg in Essen, wo der Handwerksbetrieb seine E-Transporter herhat, ergänzt: „Alternativ wird eine Ballonfinanzierung mit Rückkaufoption abgeschlossen, um die Restwertrisiken bei uns zu belassen.“ Klassische Kredite mit kompletter Abzahlung des Fahrzeugpreises über die Vertragslaufzeit sind eher selten.

Außerdem locken die Leasingangebote nach Abzug der Bundesförderung, bei der der Herstelleranteil von einem Drittel automatisch als Barnachlass in den Nettokaufpreis einfließt. Wenn zusätzlich die zwei Drittel vom Staat als Sonderzahlung ins Leasing laufen, ergibt sich nach Zahlen von Fabian aktuell zum Beispiel für den Mercedes-Benz E-Vito bei einer Laufzeit von vier Jahren und einer Laufleistung von 10.000 Kilometern pro Jahr eine monatliche Rate von rund 350 bis 400 Euro netto. Seiner Meinung nach wird daher unter anderem aufgrund der Zuschüsse und gesetzlichen Reglementierungen des Diesels der Absatz an E-Transportern bei den KMU in den kommenden Jahren steigen – und damit die Zahl der Finanzierungen, allen voran: Leasing.

Kreditfinanzierung sinnvoller?

Marc-Oliver Prinzing, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Carmacon und Vorsitzender des Bundesverbandes Fuhrparkmanagement, hält den Kauf respektive die Kreditfinanzierung für die bessere Lösung. Lange Nutzungsdauer, hohe Beanspruchung und aufwendige Einbauten sind Faktoren, die ihn bei Transportern unabhängig von der Antriebsart zum Erwerb oder Restwert-Leasing tendieren lassen. Und die Betriebe sind durch Eigentumserwerb unabhängiger: „Es gibt keine Beschränkung in der Haltedauer oder der Laufleistung der Fahrzeuge. Das kann bedeutsam sein, wenn sich zum Beispiel das Fahrerprofil ändert.“

Zusätzlich stuft Prinzing das Risiko als hoch ein, dass beim Kilometer-Leasing am Ende der Vertragslaufzeit hohe Kosten durch Minderwertgutachten entstehen und es darüber zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien kommt. Dem könnte nur durch interne Mehrarbeit vorgebeugt werden, indem die Firmen Prozesse zur Rückgabe und Begutachtung installieren. „Wenn nur Daunenkissen transportiert werden, ist das natürlich kein Thema“, so der Fuhrparkexperte.

Chancen bei der Vermarktung

Die Bedenken von Handwerkschefs, nicht genügend Know-how für die Vermarktung von gebrauchten E-Transportern zu haben, hält er für berechtigt. Eine Lösung für dieses Problem sieht er in Buy-back-Vereinbarungen mit den Autohäusern. Daneben stünden fürs Remarketing verschiedene B2B-Plattformen wie Autobid, Auto Online und Copart zur Verfügung.

Wichtig: Die KMU müssen bei ihrer Entscheidung Für und Wider eine Finanzierungsform laut Prinzing eine Frage beantworten: „Gebe ich das Fahrzeug zurück und riskiere eine Wertminderung, die 4.000 Euro und mehr betragen kann, oder übernehme ich das Restwertrisiko?“ Letzteres schätzt er als gering ein. „Vom Elektro-Pkw wissen wir inzwischen, dass der vor einigen Jahren angenommene Restwertverfall bei Weitem nicht eingetroffen ist. Obendrein ist gerade bei den E-Transportern der Gebrauchtwagenmarkt leer, was für künftige Absatzchancen spricht.“ Wenn der Bedarf an Reichweite von 150 Kilometern bei den rein gewerblich genutzten Fahrzeugen heute vorhanden ist, werde der Markt auch noch in vier oder fünf Jahren vorhanden sein.

Ob sich Kredit oder Leasing besser rechnet, legt in der Regel eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durch den Steuerberater oder den Berater der Hausbank offen. Für Rechtsanwalt Benno Kreuzmair von der Sozietät Kreuzmair & Schmeiser in München ist der ­entscheidende Unterschied zwischen den beiden Finanzierungsformen, dass Unternehmen via Darlehen & Co. das Fahrzeug sofort als Anlagevermögen in ihren Büchern haben. „Im Gegensatz dazu ist beim Leasing der Leasinggeber stets der rechtliche und wirtschaftliche Eigentümer.“ Gleichzeitig gibt es für E-Transporter teilweise saftige steuerliche Erleichterungen. So hat der Gesetzgeber bei Erwerb eine Sonderabschreibung von 50 Prozent der Anschaffungskosten im ersten Jahr zusätzlich zu den regulären Abschreibungsmöglichkeiten eingeführt. Diese gilt von 2020 bis Ende 2030.

Leasing bringt wiederum gewerbesteuerliche Vorteile mit sich. Gemäß Jahressteuergesetz 2019 wird unter anderem für geleaste oder gemietete E-Fahrzeuge bis 2030 der bisherige Umfang der Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer halbiert. „Außerdem schlägt beim Leasing der Pay-as-you-earn-Effekt zu Buche“, so der Spezialist für Leasingrecht. „Allerdings hängt dessen Höhe von der Art der Leasingverträge ab. Diese können als Kilometer- oder Restwertverträge sowie als Voll- oder Teil-armortisationsverträge mit Andienungsrecht oder ohne konstruiert sein.“

Fesseln in den AGB

Zudem steckt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ein leasingtypisches Risiko: die Sach- und Preisgefahr. „Wenn das Fahrzeug zum Beispiel durch Hagel für den Betrieb des Leasingnehmers ausfällt, muss er trotzdem die Leasingraten weiterzahlen“, so der Rechtsanwalt.

Ein Problem können auch die Gewährleistungsrechte werden, die der Leasinggeber dem -nehmer in den AGB des Leasingvertrages abtritt. Demzufolge muss der Leasingnehmer Mängel gegenüber dem Lieferanten direkt geltend machen. Von ihm kann entweder die Nachlieferung eines neuen Autos oder eine Reparatur gefordert werden. Solange dies nicht erfolgt ist, muss die Rate weitergezahlt werden. Die größte Gefahr sieht Kreuzmair bei E-Transportern in möglichen Schäden an der Hauptbatterie: „Wenn die Werkstatt über längere Zeit keine Ersatzbatterie einbauen kann, ist die Rate vom Leasingnehmer weiter zu zahlen, bis er Gewährleistung verlangt.“ Unternehmen sollten daher die unterschiedlichsten Aspekte abwägen, bevor sie sich für eine Finanzierungsform entscheiden.

Finanzierungsformen Begriffe und Inhalte

Was Kredite und Leasing bei der Kfz-Beschaffung bedeuten, skizziert Rechtsanwalt Benno Kreuzmair von der Kanzlei Kreuzmair & Schmeiser in München:
  • Finanzierungen
    Hierdurch fließt Unternehmen oder Privatkunden Fremdkapital für Investitionen zu. Dies geschieht in der Regel über Kredite der Banken, zum Beispiel für Fahrzeuge, welche der Bank zur Sicherheit übereignet werden. Für das Risiko sind ferner Marktzins plus Risikoaufschlag zu zahlen. Kreditformen sind etwa Darlehensverträge.
  • Ballonkredit
    Der Ballonkredit ist eine Finanzierungsform, mit der Kunden ihr Fahrzeug über eine bestimmte Laufzeit zu kalkulierbaren Raten in Verbindung mit einer erhöhten Erst- oder Schlussrate erwerben können. Diese wird auch „Ballon“ genannt. Am Ende steht dem Kreditnehmer die Möglichkeit offen, die erhöhte Schlussrate zu zahlen und damit das Auto zu erwerben oder es zurückzugeben.
  • Leasing
    Leasing (engl. to lease = „(ver-)pachten, mieten“) ist eine Finanzierungsalternative, bei der ein Leasinggeber einem Leasingnehmer ein Gut für eine bestimmte Zeit gegen ein monatliches Entgelt zur Nutzung überlässt. Dabei bleibt das Objekt im Eigentum des Leasinggebers. Am Ende der Vertragslaufzeit erfolgt entweder die Rückgabe an den Leasinggeber oder der Kauf des Objektes durch den Leasingnehmer bzw. einen Dritten.
  • Kilometerleasing
    Dies stellt eine Vertragsform im Kfz-Leasing dar, bei der eine jährliche respektive maximale Laufleistung des Fahrzeugs zu Beginn vereinbart wird. Überschreitet der Leasingnehmer diese Grenze, muss er für die Mehrkilometer am Vertragsende nachzahlen. Liegt er darunter, erhält er für die Minderkilometer in der Regel eine Erstattung.
  • Restwertleasing
    Beim Restwertleasing schließen Leasinggeber und -nehmer einen Vertrag auf Basis eines Wertes, der für das jeweilige Fahrzeugmodell anhand der Laufzeit, Laufleistung und Faktoren wie Ausstattung bestimmt wird. Bei dieser Vertragsart liegt das Risiko der Vermarktung beim Leasingnehmer. Er muss die Differenz zwischen Verkehrs- und Restwert übernehmen, wenn der vereinbarte Wert bei der Vermarktung nicht erzielt wird. Er partizipiert aber auch am Mehrerlös, wenn der Leasinggeber das Fahrzeug zu einem höheren Preis vermarktet.
  • Vollamortisation (VA):
    Der Leasingnehmer zahlt mit den Leasingraten alle Kosten für das Objekt über die Laufzeit des Vertrages – von den Anschaffungs- bis zu den Finanzierungskosten. Ungeachtet dessen erwirbt der Nutzer mit der VA kein Eigentum.
  • Teilamortisation (TA):
    Die TA ist eine Tilgungsart im Restwertleasing, bei der der Leasingnehmer auf Basis eines festgelegten Restwertes nur einen Teil der Kosten trägt. Die TA ist folglich im Vergleich zur VA bei derselben Laufzeit günstiger in der Rate. Der Vertrag wird allerdings an Vereinbarungen zum Ende der Laufzeit geknüpft. Diese können eine Verlängerungsoption, eine Mehrerlösbeteiligung/Mindererlös-Haftung des Leasingnehmers an der Verwertung oder ein Andienungsrecht des Leasinggebers sein.
  • Andienungsrecht
    Wurde ein Andienungsrecht vereinbart, garantiert der Leasingnehmer den Restwert. Das bedeutet: Kann der Leasinggeber den kalkulierten Restwert für einen Leasingrückläufer bei der Vermarktung nicht erzielen, hat er das Recht, den Kauf durch den Leasingnehmer durchzusetzen.
  • Restwert
    Restwert nennt sich der kalkulierte Preis für ein Leasingfahrzeug am Ende der Vertragslaufzeit, den der Leasinggeber ermittelt. Der Wert resultiert unter anderem aus Bewertungslisten sowie Kriterien wie Fahrzeugtyp, Modell, Baujahr, Motorisierung, Ausstattung und Kilometerstand.

Checkliste: Zehn entscheidende Fragen

Welches Modell und welche Beschaffungsform passen zu meiner Firmenstrategie? Diese zehn Fragen sollten sich Handwerksunternehmer beantworten, bevor sie den Erwerb eines Firmenfahrzeugs angehen.
  1. Welchem Einsatzzweck dient das Fahrzeug?
  2. Wie viele Kilometer werden pro Jahr sowie pro Tag damit absolviert?
  3. Wie viel Material und Mitfahrer werden (maximal) an Bord sein?
  4. Wie hoch sind die Kosten für Wartung (regelmäßige Inspektionen), Räder/Reifen, Kraftstoff beziehungsweise Ladestrom, Reparaturen und Kfz-Versicherung?
  5. Soll das Kfz auch Werbeträger mit entsprechender Beschriftung sein?
  6. Soll das Fahrzeug ins Eigentum übergehen und selbst wiedervermarktet oder lediglich für die Nutzung des Kfz eine feste monatliche Rate gezahlt werden?
  7. Wie lange soll das neue Fahrzeug gehalten werden?
  8. Wird ein Gebrauchtwagen für den Neuen in Zahlung gegeben?
  9. Welche Wirkung haben Inzahlungnahme, Rabatte und gegebenenfalls Zuschüsse bei den Verhandlungen auf die jeweilige Beschaffungsform (Kauf, Finanzierung, Leasing)?
  10. Wie stellen sich die Beschaffungsformen in Vergleichsrechnungen aus betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Sicht dar?