Steuerrecht Fahrtenbuch führen: Darauf müssen Sie achten

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Fahrtenbücher bedeuten für den Unternehmer viel Aufwand. Denn Betriebsprüfer begutachten kritisch, ob alle fiskalischen Vorgaben erfüllt sind. Worauf Sie beim Führen eines Fahrten­buches steuerrechtlich achten.

Gero Rickert
Gero Rickert, Geschäftsführer der Moto Rickert GmbH in Braubach am Rhein: »Ich habe nicht die Zeit, jeden Weg mit dem Wagen genau nach den Vorgaben des Fiskus akribisch nachzuhalten.« - © Tim Wegner

Gero Rickert hat Lehrgeld gezahlt – „und leider nicht zu knapp“, sagt der Geschäftsführer der Moto Rickert GmbH in Braubach am Rhein. Er musste mehrere Tausend Euro Steuern nachzahlen, weil die Finanzbeamten Fehler im Fahrtenbuch fanden. „Ich habe nicht die Zeit, jeden Weg mit dem Wagen genau nach den Vorgaben des Fiskus akribisch nachzuhalten“, betont der Firmenchef. Deshalb entschied sich Rickert dafür, ein elektronisches Fahrtenbuch zu führen. „Das erleichtert mir die Sache sehr. Die relevanten Daten werden per GPS erfasst und gespeichert. Ich muss bei den einzelnen Touren nur noch vermerken, ob sie privat oder geschäftlich veranlasst waren“, so der Zweiradmechanikermeister.

Gero Rickert nutzt die Lösung der Firma Vimcar in Berlin. In seinem Auto ist ein Plug & Play-Transponder installiert, der alle für das Finanzamt relevanten Daten registriert. Nach dem Parken erscheinen neue Wegstrecken in der Fahrtenbuch-App auf seinem Smartphone, wahlweise auch auf seinem PC. Die Übertragung erfolgt mit einer inte-grierten SIM-Karte. „Wichtig ist auch hier, dass die Fahrten jeweils tagesaktuell als privat oder geschäftlich vermerkt werden. Auch ein elektronisches Fahrtenbuch muss sorgfältig geführt werden“, weiß Rickert aus Erfahrung. Seine Aufzeichnungen prüfte der Finanzbeamte auch bei seiner letzten Betriebsprüfung kritisch.

Alle Fahrten erfassen

Bei Kontrollen steht das Fahrtenbuch notorisch auf dem Plan. Steuerexperten witzeln, kaum eines würde den fiskalischen Vorgaben entsprechen. Ungenaue oder lückenhafte Aufzeichnungen aber können hohe Nachzahlungen nach sich ziehen. „Im Extremfall verwerfen die Finanzbeamten die gesamte Führung. Die Folge kann sein, dass der Unternehmer am Ende die private Nutzung des Geschäftswagens pauschal mit einem Prozent vom Listenpreis bei Erstzulassung pro Monat nachversteuern muss“ , warnt Timo Weltz, Steuerberater mit eigener Kanzlei in Kassel. Ein Fahrtenbuch diene grundsätzlich als Nachweis , wie viele Kilometer der Unternehmer oder seine Mitarbeiter geschäftlich und wie viele privat oder für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem jeweiligen Auto zurückgelegt haben. Das Finanzamt nennt strenge Regeln, wie es geführt werden soll. „Dabei kommt es darauf an, dass die Angaben vollständig und richtig sind“, sagt Weltz.

Dem Finanzamt ist es egal, ob es in Papierform oder elektronisch geführt wird. Nur muss es bei der ersten Variante eine übersichtliche Form haben und gebunden vorliegen. Lose Blätter sind tabu. Nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen sollen prinzipiell ausgeschlossen sein. „Die Finanzbeamten wollen sofort erkennen können, wenn der Chef nachträglich Angaben eingefügt hat“, so Weltz. Bei elektronischen Fahrtenbüchern müssen die gesammelten Daten manipulationssicher sein. Dateien dürfen nicht exportiert, verändert und wieder importiert werden, ohne dass dies dokumentiert wird.

Nur: Die Behörden stellen keine Testate oder Zertifizierung aus. Unternehmer haben also beim elektronischen Fahrtenbuch grundsätzlich keine Garantie, dass die Fiskaldiener am Ende ihre Aufzeichnungen anerkennen. Das elektronische Fahrtenbuch der Firma Vimcar wird aber zum Beispiel vom Steuerberaterverband sowie von der Datev, der Genossenschaft der Steuerberater, empfohlen. Die Beratungsgesellschaft KPMG hat das Produkt vor mehreren Jahren geprüft und die Konformität mit den Vorgaben des Finanzamts bestätigt. „Unser Fahrtenbuchstecker dokumentiert jede Fahrt lückenlos und manipulationssicher“, meint Andreas Schneider, Geschäftsführer der Vimcar GmbH in Berlin.

Das ist wichtig

Jedes Fahrtenbuch muss ununterbrochen gepflegt werden. Heißt: „Sich nur für einige Monate die Mühe zu machen reicht nicht aus. Jede Strecke, jeder gefahrene Kilometer muss sich wiederfinden“, warnt Dietrich Loll, Steuerberater und Geschäftsführer der ETL SteuerRecht GmbH Steuerberatungsgesellschaft, Niederlassung Berlin. Nach Ende der jeweiligen Fahrt habe ein Vermerk zu erfolgen, sodass der Prüfer alles nachvollziehen kann. Die durch den Betrieb bedingten Wege seien detailliert zu dokumentieren: Datum, Kilometerstand zu Beginn und zum Ende der Strecke, das Reiseziel, der Zweck der Sache, Namen und Anschriften der angesteuerten Kunden oder Geschäftspartner sowie die Reiseroute seien Pflichtangaben. Letzteres allerdings nur, wenn der Unternehmer oder der Mitarbeiter noch Umwege gefahren sind. Bei Privatfahrten genügen die gefahrenen Kilometer.Damit wird auch schon klar, wo die Fehlerpotenziale liegen.

Zum Beispiel:

  • Reifenabnutzung : Der Firmenchef sollte beim elektronischen Fahrtenbuch die gefahrenen Strecken mit dem tatsächlichen Kilometerstand vergleichen, in der Regel halbjährlich. Hintergrund ist, dass Abweichungen zwischen dem Kilometerstand laut Tacho und GPS-basierten Programmen entstehen, weil durch unterschiedliche Profilstärken der Reifen die Zahl der Umdrehungen bei gleichem Weg unterschiedlich ist bzw. bei gleicher Strecke unterschiedliche Umdrehungen gemacht werden. Die Differenz sollte als Plus- oder Minuskilometerbetrag dokumentiert werden.
  • Große Gelände : Bei weitläufigen Bauprojekten oder Aufträgen von Großunternehmen können die Wegstrecken vom Firmentor bis zum jeweiligen Arbeitstor noch einige Kilometer ausmachen. Dann sollte der Unternehmer das im Fahrtenbuch so vermerken und die Angaben präzisieren. „Hier empfiehlt es sich, den Ansprechpartner und gegebenenfalls auch das Betriebsgebäude beim Kunden mit zu vermerken, das aufgesucht wurde“, rät Weltz.
  • Quittungen : Das Finanzamt gleicht Angaben mit den Belegen ab. Wenn Quittungen von Tankstellen vorliegen, die nicht auf der Srecke lagen, ist das fatal. Auch müssen Kilometerstände der Werkstattrechnung mit jenen des Fahrtenbuchs übereinstimmen, ebenso Daten des TÜV.
  • Nachkomma-Stellen : Weltz erinnert sich an einen Mandanten, der in der Papierform bei den Kilometern keine Nachkomma-Stellen aufgezeichnet hatte. Für das Finanzamt war das Fahrtenbuch nicht vollständig. Jeder Eintrag sollte bis auf die letzten hundert Meter stimmig sein.
  • Neuschrift : Manchmal wollen Unternehmer es besonders gut machen und führen zwei Bücher – eines schmierig im Tagesgeschäft, ein weiteres sauber als Reinschrift. Vorsicht: Das macht die Finanzbeamten stutzig. Unternehmer tragen auch mitunter die letzten Wochen nach. Das ist dann nicht ordnungsgemäß. „Die Beamten erkennen das daran, dass für mehrere Tage in gleicher Schrift mit gleichem Stift aufgezeichnet wurde“, so Loll. Ein Finanzbeamter soll zum Beispiel einmal bei der Druckerei nachgefragt haben, in welchem Jahr das Fahrtenbuch aus dem Handel produziert worden war. Danach war das vorgelegte Fahrtenbuch in dem Jahr, in dem es angeblich geführt wurde, noch nicht am Markt erhältlich und wurde insgesamt verworfen. „Handgeschriebenes kann schnell zum Problem werden“, warnt Loll. Die Schrift ist oft unsauber und damit schwer lesbar. Kilometerstände können falsch verzeichnet sein. „Und bei Überträgen passieren häufiger Fehler“, warnt Loll.

Anders mit elektronischen Fahrtenbüchern: Unternehmer erhalten Push-up-Nachrichten, wenn sie Einträge vergessen. Innerhalb von sieben Kalendertagen etwa müsse vermerkt werden, ob es sich um eine gewerbliche Fahrt gehandelt habe. Verpasst der Fahrer die Frist, speichert etwa das Vimcar- Fahrtenbuch die Strecke als privat ab. „Die elektronischen Varianten sind leichter zu führen“, meint Loll. Vor allem seien GPS-Daten nicht bestechlich.

Checkliste: Fahrtenbuch richtig führen

Handwerksunternehmer müssen beim Fahrtenbuch einiges an Bürokratie leisten. Das Finanzamt erwartet vollständige, lückenlose und zeitnahe Angaben. Im Fachjargon heißt das „ordnungsgemäß geführt“. Haben Sie an diese Punkte gedacht?

  • Zeichnen Sie zeitnah, laufend und in einer geschlossenen Form – also gebunden – auf?
  • Sind Nachträge bzw. Veränderungen erkennbar?
  • Können Dritte die Angaben einfach nachvollziehen?
  • Vermerken Sie für jede betriebliche Fahrt:
    - Datum
    - Kilometerstand Anfang und Ende der Reise
    - Ziel der Fahrt mit Straße und Hausnummer
    - den Reiseanlass
    - den Ansprechpartner
    - die Zeiten
    - Anlässe für Umwege?
  • Führen Sie ein Kundenverzeichnis, das dem Fahrtenbuch beigefügt wird? Dort sind die Angaben zum Kunden erfasst. Hintergrund: Sie müssen dann nur noch die jeweilige Nummer eintragen, wenn Sie wieder zu diesen Kunden gefahren sind.
  • Haben Sie für Ihre privaten Fahrten die gefahrenen Kilometer vermerkt?
  • Haben Sie ebenso die zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gefahrenen Kilometer vermerkt?
  • Wird beim elektronischen Fahrtenbuch innerhalb von sieben Kalendertagen gespeichert, ob es sich um eine geschäftliche oder eine private Fahrt handelt?

Fahrtenbuch und Recht: Was die Richter sagen

Die Finanzrichter klären häufig kritische Fragen rund ums Fahrtenbuch. Hier eine Sammlung wichtiger Urteile, die Handwerkerchefs kennen sollten. Vor allem geht es um ordnungsgemäße Führung des Fahrtenbuchs und was als Mangel anzusehen ist.

  • Kleine Fehler : Der Bundesfinanzhof stellt klar, dass kleinere Mängel nicht dazu führen, ein Fahrtenbuch zu verwerfen. Wichtig ist, dass es trotz allem noch sowohl die Vollständigkeit als auch die Richtigkeit gewährleistet (BFH, Az: VI R 38/06).
  • Notizzettel : Für die Richter wird das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß geführt, wenn der Unternehmer zwar fortlaufend und zeitnah auf Zetteln alles notwendige notiert und später alles in seinem Fahrtenbuch einträgt. Das ist auch dann nicht o.k., wenn die Notizen mit den Einträgen übereinstimmen (BFH, Az: VI R 27/05).
  • Geo-Daten : Das Finanzamt hat es nicht akzeptiert, dass ein elektronisches Fahrtenbuch die Fahrten nur mit den Geo-Daten archivierte. Es fehlten Angaben zu den angesteuerten Kunden in der Datenbank. Weiteres Manko: Die tatsächlichen Kilometer waren nicht mit den Tachoständen abgeglichen. Es ging den Richtern ums Bewegungsprofil sowie um die Fahrtanlässe. Wenn ein Fahrtenbuch Änderungen noch lange Zeit zulässt, ist es nicht ordnungsgemäß geführt. (Finanzgericht Niedersachsen, 3 K 107/18). Beim Bundesfinanzhof ist derzeit die Revision anhängig (Az: VI B 25/19).