Fahrplan aus der Krise

Sanierungskonzept | Wer in der Krise steckt, muss überlegt handeln, um sein Unternehmen zu retten. Mit Hilfe eines Expertenplans lässt sich eine Insolvenz verhindern.

Fahrplan aus der Krise

E „Es ist ein weiter Weg von der Unternehmenskrise bis zur Insolvenz“, weiß Herbert Reithmeir, Inhaber der DLS Unternehmensberatung in Augsburg aus seiner täglichen Arbeit. Und deshalb gibt es auch genug Chancen, bei ersten Krisenanzeichen wie einer anstehenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung mit den entsprechenden Maßnahmen dagegenzuhalten. Reithmeir warnt aber vor hektischem Aktionismus, vielmehr müssten „alle Aktivitäten in eine durchdachte Sanierungskonzeption gepackt werden“. Erst danach sollte der in die Krise geratene Handwerksunternehmer alles daran setzen, die niedergeschriebenen erforderlichen Maßnahmen schnell und konsequent umzusetzen. Berater Reithmeir hat zusammen mit Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter Han Christian Jung für handwerk magazin ein solches Sanierungskonzept entwickelt, konzentriert auf die wichtigsten Punkte. Wichtig: Bei einer Sanierung müssen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Unternehmensberater eng zusammenarbeiten. Ohne solche Expertenhilfe ist der Unternehmer in der Regel überfordert. Hier die wesentlichen Inhaltspunkte einer Sanierungskonzeption:

1. Sanierungsfähigkeit

Hier muss mit Hilfe von Fachleuten dargelegt werden, dass das betroffene Unternehmen aus rechtlicher Sicht sanierungsfähig ist. Diese Überprüfung ist ungeachtet der betriebswirtschaftlichen Erfolgsaussichten gesetzlich vorgeschrieben.

Die Eckpunkte für die Überprüfung der rechtlichen Sanierungsfähigkeit hängen von der Rechtsform der Unternehmung ab. So gelten für Kapitalgesellschaften und deren Derivate wie die GmbH & Co. KG wesentlich engere Voraussetzungen als für ein Einzelunternehmen. Entscheidend ist die Überschuldung. Während diese bei Kapitalgesellschaften einen zwingenden Insolvenzgrund darstellt, stehen beim Einzelunternehmer die Ampeln immer noch auf Grün.

In der Sanierungskonzeption müssen folgende Punkte überprüft und dargestellt werden:

Welche Rechtsform hat das Untenehmen?

Welche Insolvenzgründe liegen vor?

Wie können die Insolvenzgründe beseitigt werden?

Erst wenn festgestellt wurde, dass keine Insolvenzgründe im rechtlichen Sinne vorliegen oder diese innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit beseitigt werden können, ist der Weg für eine betriebswirtschaftliche Sanierung frei. Die Darstellung der rechtlichen Sanierungsfähigkeit ist aus juristischer Sicht die Kernfrage und das Herz der Sanierungskonzeption. Im Falle einer Insolvenz wird durch den durch das Gericht bestellten Sequester auch zuerst die Frage überprüft, ob Insolvenzgründe vorliegen. Erst wenn feststeht, dass das Unternehmen insolvenzrechtlich noch auf „gesunden“ Füßen steht, darf in die weitere Überprüfung eingestiegen werden.

2. Summary

Hier wird das Wichtigste der Sanierungskonzeption auf maximal zwei Seiten zusammengefasst. Die Zusammenfassung soll den Kern der Sanierung deutlich machen und die entscheidenden Erfolgsfaktoren und Risiken des Unternehmens aufzeigen.

3. Unternehmensgegenstand und rechtliche Verhältnisse

Angegeben werden Unternehmensanschrift, Telefon- und Faxnummer, E-Mail- und Internet. Hinzu kommt das Gründungsdatum, die Rechtsform und die Unternehmensentwicklung. Dargestellt werden weiter die aktuelle Gesellschaftsform mit der dazugehörigen Gesellschafterstruktur, die Besitzverhältnisse und alle damit zusammenhängenden Faktoren wie Haftung, Kapitaleinlagen, Handelsregistereintragung oder Handelsregisternummer. Dazu kommen die Funktionen der Inhaber oder Gesellschafter und der Geschäftszweck des Unternehmens.

4. Management und Personal

Hier werden die fachlichen und unternehmerischen Kompetenzen der Geschäftsführung dargestellt. Dazu zählen Branchen- und betriebswirtschaftliche Kenntnisse, die bisherigen Erfolge und die soziale Kompetenz. Mögliche Erfahrungslücken werden aufgezeigt sowie deren Beseitigung. Auch auf einen anstehenden altersbedingten Managementwechsel wird eingegangen.

Beim Personal wird die gesamte Organisationsstruktur dargestellt. Auch die Anzahl, Altersstruktur und die Qualifikationen der Mitarbeiter sollen beschrieben werden. Externe Berater werden ebenfalls genannt.

5. Unternehmensmodell und Innovation

Hier werden Geschäftszweck beziehungsweise Produkte des Unternehmens detailliert dargestellt. Wichtig dabei sind mögliche Alleinstellungsmerkmale und Aussagen über die Weiterentwicklung der Produkte oder Leistungen. Der Marktzugang und die Kundenzielgruppe werden in diesem Punkt genauso erläutert wie der Kundennutzen und Dienstleistungen sowie Unternehmensgrundsätze und -ziele.

Beim Thema Innovation geht es primär um Innovationen auf der Kunden- und Wettbewerbsseite. Hier können auch Kooperationen beschrieben werden sowie der Entwicklungsstand neuer Produkte.

6. Marktsituation

Gefragt sind die aktuelle Situation der Branche, die Entwicklung der letzten Jahre und die Aussichten für die Zukunft. Bei der Analyse des Marktes wird auf die Größe und die Wachstumsaussichten in den nächsten drei Jahren eingegangen.

Die Entwicklung des eigenen Unternehmens wird mit der Branchenentwicklung verglichen, und die wichtigsten Wettbewerber in der Region werden ebenfalls analysiert.

7. Ist-Zustand

Dazu zählen:

n die Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre mit Unterlegung von Kennzahlen

n die Umsatz-, Kosten- und Ergebnisentwicklung

n die BWA des laufenden Geschäftsjahres mit einem Soll-Ist-Vergleich und

Abweichungsanalyse

n die Personalentwicklung der letzten Jahre

n sonstige wichtige Ereignisse der letzten Jahre

n Bankverbindungen, Kreditlinien und deren Inanspruchnahme, Kreditsicherheiten

n Fällige Verbindlichkeiten und Auflistung nach Gläubigergruppen

n Fällige Forderungen und anstehende Forderungen

n Aktueller Auftragsbestand (vertraglich gesichert)

n Liquiditätsplanungen sowie Darstellung der freien Sicherheiten

8. Problemanalyse

Hier werden die Stärken- und Schwächen des Unternehmens dargestellt sowie detaillierte Erläuterungen zu Liquiditätsengpass, Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung vorgenommen.

9. Krisenentwicklung

Bei diesem Punkt der Konzeption wird auf die Krisenentstehung und auf die unternehmerischen Fehlentscheidungen und Fehlhandlungen eingegangen.

10. Sanierungsziel

Je nachdem, wie die Problemanalyse ausfällt, bestehen folgende Möglichkeiten, die auch dargestellt werden müssen: Unternehmensfortführung, Unternehmensverkauf bzw. Abverkauf von Teilbereichen, Planinsolvenzverfahren, Regelinsolvenzverfahren mit anschließender Auffanggesellschaft und Neugründung.

11. Maßnahmenkatalog

Je nachdem, welcher Weg der sinnvollste ist, müssen folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

n Management und Personal verändern

n Mit Gläubigern verhandeln

n Liquidität schaffen

n Neue Produkte entwickeln

12. Sanierungsprognose

Nach kompletter Erstellung der Unterlagen muss jetzt noch eine Sanierungsprognose abgegeben werden, die folgende Punkte beinhalten sollte:

n Chancen und Risiken

n Zeitliche und organisatorische Ablaufplanung

n Ertragsprognose

n Liquiditätsplanung

n Ermittlung des Kapitalbedarfs

n Plan- Sanierungsbilanz

13. Anlagen

n Bilanzanalyse (Ist- Zustand)

n Bilanz nach Fortführungswerten

n Bilanz nach Liquidationswerten

n Plan- Sanierungsbilanz

n Ertragsvorschau

n Liquiditätsplanung

n Kalkulationsgrundlagen

n aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertungen

n Darlehens- und Leasingspiegel

n Vermögens- und Schuldenaufstellung des Unternehmers

n Darstellung freier Vermögenswerte

Das Sanierungskonzept dient natürlich nicht nur als Leitfaden, sondern ist auch Grundlage für die Gespräche mit Banken, Lieferanten, Gläubigern sowie den eigenen Mitarbeitern.

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de