Fachkräfte im Betrieb halten

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Arbeitszeit und Arbeitszeitmodelle

Sie haben ein gutes Team und wollen es auch behalten? Dann müssen Sie mehr bieten als einen sicheren Arbeitsplatz. Welche Wege im Handwerk funktionieren, zeigen die vier Beispiele erfolgreicher Betriebe.

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    © Jens Nieht
    Malermeister Uwe Walter (re.) hat Kita-Plätze für Notfälle reserviert, die Mitarbeiter Adam Music gerne nutzt.
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    © Chart: handwerk magazin
    Kompetenz fehlt: Chefs mit Problemen bei der Stellenbesetzung klagen vor allem über die unzureichende Qualifikation der Bewerber.
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    © Wolf
    „Teamgeist und ein gutes Betriebsklima sind für viele Mitarbeiter wichtiger als das Gehalt.“ Maximilian Wolf, ­ Autor einer Studie zur Mitarbeiterbindung im Handwerk.
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    © Chart: handwerk magazin
    Fachkräfte aufbauen: als wichtigste Strategie gegen den Mangel an Fachkräften sehen Chefs die Verstärkung der eigenen Ausbildung.

Gute Mitarbeiter im Betrieb halten

Muss ein Geselle im Malerhandwerk zwingend acht Stunden täglich arbeiten? Uwe Walter, Malermeister und Inhaber der Firmengruppe Walter in Dortmund, hat dazu eine klare Meinung: „Auf gar keinen Fall, Teilzeit muss auch im gewerblichen Bereich möglich sein.“ Schließlich hätte er sonst keinen alleinerziehenden Vater einstellen können, der täglich nur sieben Stunden Zeit für den Job hat.

Da es in seiner Branche immer mehr weibliche Azubis gibt, die einmal eine Familie gründen wollen, sind die Betriebe laut Walter gut beraten, in familienfreundliche Arbeitsbedingungen zu investieren: „Facharbeitermangel und Nachwuchssorgen sind Fakt, das Familienbild ändert sich genauso wie die Ansprüche der Kunden – darauf müssen wir reagieren.“ Neben flexiblen Teilzeitlösungen und der Möglichkeit zum Homeoffice möchte der überzeugte Familienmensch seine Mitarbeiter in möglichst vielen Bereichen unterstützen (mehr Info siehe rechts): „Sie sind für mich das wichtigste Gut des Unternehmens“.

Perspektive statt Geld bieten

Obwohl die meisten Chefs diese Aussage sofort unterschreiben würden und viele Betriebe ihre offenen Stellen nicht mehr besetzen können, ist eine systematische Personalentwicklung im Handwerk noch immer die Ausnahme. Zu diesem Ergebnis kam das „Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk“ an der Uni Köln. So haben die Wissenschaftler festgestellt, dass die Betriebe zwar einige bewährte Maßnahmen anbieten, diese Instrumente aber eher zufällig und ohne erkennbares System in Richtung Fachkräftesicherung eingesetzt werden.

Ein Versäumnis, das besonders jüngere Fachkräfte verstärkt in die Industrie abwandern lässt. Wie das Ludwig-Fröhler-Institut in München in einer Studie zur „Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung im Handwerk“ herausgefunden hat, können Chefs die Bleibewahrscheinlichkeit junger Fachkräfte durch ein gutes Betriebsklima, das Aufzeigen von Perspektiven und ein individuelles Übernahmeangebot von knapp 40 auf fast 90 Prozent erhöhen. Übertriebene monetäre Anreize sind nach Einschätzung von Studienautor Maximilian Wolf dagegen eher kontraproduktiv: „Fachkräfte wechseln nicht in Scharen, um woanders ein paar Euro mehr zu verdienen.“

Flexible Lösungen suchen

Lackierermeister Peter Scholz (siehe Seite 35) in Zeil kämpft seit mehr als 30 Jahren dagegen an, dass die benachbarte Industrie seine besten Kräfte wie einen Staubsauger schluckt. Um gegenzusteuern, hat er die Personalverantwortlichen der Industrie genauso befragt wie ehemalige Mitarbeiter. Heraus kam ein flexibles Arbeitszeitmodell, das für Familienväter und Auszubildende attraktiv ist. Malermeister Andree Antosch in Hamburg (siehe Info rechts) setzt nach einem wirtschaftlichen Durchhänger auf Transparenz, Teamgeist und Eigenverantwortung. Für Laura und Martin Günther in Köln (Seite 35) ist es selbstverständlich, die vom Vater initiierte betriebliche Altersvorsorge weiterzuführen. Schließlich wissen sie, dass die gesetzliche Rente für viele Mitarbeiter nicht ausreichen wird.

Jeder Fünfte sucht Fachkräfte

Aktuell sucht laut Umfrage vom „Zentralverband des Deutschen Handwerks“ (ZDH) in Berlin jeder fünfte Betrieb Fachkräfte, davon konnten nur 40 Prozent ihre offenen Stellen besetzen. Obwohl Uwe Walter als Maler in einer der vom ZDH identifizierten Problembranchen arbeitet, ist der Facharbeitermangel für ihn kein Thema: „Im Gegenteil“, wie er lächelnd betont, „die über Personaldienstleister ausgeliehenen Zeitkräfte wollen oft gar nicht wieder weg.“