Auslandspatente: Erfindungen europaweit schützen

Wer mit seinen Erfindungen auch im europäischen Ausland gute Geschäfte machen will, sollte sie dort gegen lizenzlose Nachahmer schützen. Das EU-Patent hierfür wird jetzt verbessert.

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    „Wer Schutz in vielen EU-Ländern braucht, spart mit dem neuen Patent Gebühren.“ Stefan Gehrsitz, Patentanwalt in Augsburg.
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    Erfinderische Deutsche: Über 18 Prozent der EU-Patente kommen von hier, viele davon aus dem Handwerk.

EU-Patentschutz ausgebaut

Handwerker sind Tüftler. Viele entwickeln neue Produkte und Verfahren. Das lockt Nachahmer an, die noch unregistrierte Erfindungen für sich vermarkten wollen. Rechtlichen Schutz dagegen bietet ein Patent, auf Wunsch des Betriebes europaweit. Über 27000 Ideen aus Deutschland verzeichnet das Europäische Patentamt in München allein für 2012.

Einer der umsichtigen Erfinder ist Walter Vöst in Bobingen bei Augsburg. Er hatte den Einfall, aus Trevira-Produktionsabfällen Rohrisolierungen herzustellen, und ließ ihn patentieren. Seitdem lebt die von ihm gegründete Vöwa GmbH von Erfindungen, die eins gemeinsam haben: Sie werden aus Reststoffen hergestellt, etwa Dämmsysteme oder Trittschallplatten. Das bringt mit 40 Mitarbeitern sechs Millionen Euro Umsatz. Vöwa sichert dieses Geschäft europaweit durch Patente.

Beim Patenschutz gilt zunächst Kopierfreiheit

Für Junior Robert Vöst, gelernter Gas- und Wasser-Installateur sowie Betriebswirt, ist dieser Patentschutz wichtig: „Kaum war kürzlich ein Patent ausgelaufen, da sprang sofort ein Unternehmen auf und verkaufte unsere Erfindung als eigene Neuheit“. Das war ein großer Konzern, „wäre der von Anfang in dem Geschäft gewesen, hätten wir keine Chance gehabt“. Denn ohne Schutzrechte wie Patente gilt das Recht der Kopierfreiheit: Jeder darf Ideen anderer abkupfern, ganz legal.

Wer in der EU Schutz will, braucht ein europäisches Patent . Doch das hat bislang keinen guten Ruf: zu umständlich, zu teuer. Jetzt soll alles besser werden: Nach 40 Jahren Diskussion hat die EU eine Patentreform verabschiedet. Sie tritt in Kraft, wenn sie die Mitgliedsstaaten ratifiziert haben, frühestens am 1. Januar 2014. Betriebe wie Vöwa bekommen künftig auf einen Schlag europaweiten Patentschutz, kostengünstiger als bisher.

Das derzeitige europäische Patent wird zwar für die EU und zehn weitere Länder zentral vom Europäischen Patentamt in München erteilt. Aber dann, „nach durchschnittlich drei Jahren“, so der Augsburger Patentanwalt Stefan Gehrsitz, Kanzlei Charrier Rapp & Liebau, muss der Erfinder es in den Ländern, in denen es gelten soll, „validieren“, also gültig machen. Dadurch fallen Zusatzkosten für Verwaltung und Übersetzungen an.

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Europäisches Patent: Schutz in 25 Staaten

Die neue Variante gilt mit der Erteilung sofort in 25 EU-Staaten, Ausnahmen: Italien und Spanien. Ein auf Deutsch erteiltes Europa-Patent muss nur noch ins Englische übersetzt werden, auch das entfällt, wenn in Zukunft ein Computer-Übersetzungs-System funktionstauglich ist. Für Stefan Gehrsitz ist klar, dass das neue Patent weniger Aufwand macht und deutliche Kostenvorteile bringt, wenn Handwerker Schutz in vielen oder allen EU-Ländern wünschen.

Die bisherige Regelung bleibt neben der neuen bestehen. Denn sie ist nach Einschätzung von Robert Schnekenbühl, Patentanwalt bei DTS München, für Betriebe die bessere Lösung, die Schutz nur für zwei, drei Länder brauchen. Er ist sicher, dass sie erheblich billiger ist, auch wenn die Kosten für das neue Patent noch nicht feststehen.

Tatsächlich ist die alte Variante heute besser als ihr Ruf. Schnekenbühl: „Früher mussten für jedes Land die vollständigen Patentunterlagen übersetzt werden, seit etwa zehn Jahren ist das erheblich weniger geworden. Die Übersetzungskosten spielen nicht mehr die große Rolle“.

Für Vöwa ist das neue Patent der Weg, weil es die Option auf 25 Staaten offenhält. Das ist für Robert Vöst besonders attraktiv, wenn er ein EU-weites Lizenzsystem aufbaut. „Unsere Produktionsmöglichkeiten sind begrenzt, durch Lizenzen könnten woanders Kapazitäten genutzt werden.“

Die neue EU-Patentvariante ist eine wichtige zusätzliche Option für Handwerker. Ob sie sich dafür oder für das bisherige EU-Patent entscheiden, ist eine Frage der Unternehmensstrategie.