Erste Hilfe vom Fiskus

Steuerstundung | Die Krise frisst sich durch. Das Finanzamt kann Betrieben bei Liquiditätsengpässen bis zu sechs Monate Zahlungsaufschub gewähren. Wie Sie den Antrag durchsetzen.

Immer mehr bekommen die Stundung, bundesweit zuletzt mit über einer Milliarde Euro. - © Foto: Andreas Bröckel

Erste Hilfe vom Fiskus

Bayern hat ein wirtschaftsfreundliches Klima. Davon profitierte kürzlich ein Unternehmer, der seine Einkommensteuer nicht mehr bezahlen konnte, weil ihn gleich mehrere große Auftraggeber auf sein Geld warten ließen. Also stellte er bei seinem Finanzamt einen Antrag auf Stundung. Der sonst so trockene Sachbearbeiter reagierte extrem freundlich: „Bevor Sie Ärger mit der Bank bekommen, hilft Ihnen der Staat.“ Zwei Monate gewährte der Fiskaldiener Zahlungsaufschub für mehrere tausend Euro.

Musik in den Ohren jedes Unternehmers: Denn in Folge der Wirtschaftskrise beklagen zahlreiche Firmenchefs kurzfristige Liquiditätsengpässe. Bei weitem nicht immer allerdings winken die Beamten die Anträge so großzügig wie in diesem Fall durch. Trotzdem betrug das Volumen bewilligter Stundungsanträge im vergangenen Jahr allein im Rheinland fast 127 Millionen, bundesweit zuletzt über eine Milliarde Euro.

Das Finanzamt kann aber nur helfen, wenn ganz bestimmte, strenge Voraussetzungen erfüllt sind. Eine besondere Sanftheit dürfen die Beamten auch in der härtesten Wirtschaftskrise nicht walten lassen. Denn schließlich geht es um das Geld aller Steuerzahler. Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück wies zwar noch die Finanzämter an, sich gegenüber betroffenen Unternehmern möglichst kulant zu zeigen. Doch sein Appell stieß bei den Länderkollegen auf wenig Gegenliebe. Die Finanzminister teilten ihren Beamten mit, dass Firmenchefs mit ihren Problemen in der Wirtschaftskrise nicht allein gelassen werden. Entscheidend sei aber immer noch der Einzelfall.

Härtefall begründen

Dabei sind die Ermessensspielräume nach wie vor eng gestrickt. Steuerfachanwalt Klaus Olbing von der Kanzlei Streck Mack Schwedhelm in Berlin erklärt: „Je höher der Betrag, um den es geht, desto mehr Informationen erwartet das Finanzamt. Desto besser ist auch der Antrag vorzubereiten.“

Wann Unternehmer die Chance auf eine Stundung haben, regelt Paragraf 222 der Abgabenordnung. „Nach dem Gesetzeswortlaut kann das Finanzamt Steueransprüche stunden, falls die Steuerzahlung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint“, sagt Karsten Pilz von der Oberfinanzdirektion Niedersachsen in Hannover.

Im Klartext bedeutet das: Wer eine Stundung erreichen will, muss bereit sein, die „Hosen herunterzulassen“. Einerseits gilt es gegenüber dem Fiskus zu zeigen, dass der Betrieb zurzeit nicht das nötige Geld für die Steuern hat und es auch nicht, etwa von der Bank, beschaffen kann. Andererseits aber verbietet es der Grundsatz der Gleichbehandlung jedem Beamten, marode Betriebe zu unterstützen, die ihre Steuern später doch nicht zahlen können.

„Der Unternehmer muss aber auch stundungswürdig sein“, weiß Alexander Ulbricht vom Lan-desamt für Steuern in München. „Das ist nur der Fall, wenn der Handwerksmeister die Liquiditätsschwäche nicht selbst zu verantworten hat.“ Klassisches Beispiel dafür: Ein Großkunde hat seine Rechnung nicht pünktlich gezahlt.

Satte Privatentnahmen, mit denen der Unternehmer die Liquidität des Betriebes vor dem Antrag noch schnell zu seinen Gunsten geschwächt hat, dürfen die Beamten als Grund jedoch nicht durchgehen lassen. Auch saisonale Auftragsschwankungen, wie etwa am Bau in den Wintermonaten, akzeptiert das Finanzamt nicht als Ursache für die Zahlungsunfähigkeit. „Denn darauf müssen sich Unternehmer immer einstellen“, so Experte Klaus Olbing. Sogar ein massiver Auftragseinbruch genügt allein noch nicht als Grund. Solche Risiken muss jeder Unternehmer tragen können, ohne Hilfe seines Finanzamts.

Attest mitbringen

Ihre Zustimmung geben die Beamten in der Regel, wenn unvorhersehbare Zahlungsausfälle zu verkraften sind. Auch Schicksalsschläge wie Krankheit oder Tod in der Familie können eine Stundung bewirken, wenn der Unternehmer vo-rübergehend viel Geld dafür braucht. Aber auch hier gilt: Belege wie ärztliches Attest oder Sterbeurkunde mitbringen. Denn auch der verständnisvollste Beamte nimmt gerne solche Nachweise zum Antrag auf Steuerstundung.

harald.klein@handwerk-magazin.de