Nachfolge Erfolgsgeheimnis Harmonie

Der Kauf oder die Übergabe eines Unternehmens will gut vorbereitet sein. Denn die Prozedur darf weder Mitarbeiter noch Kunden verunsichern. Grundlage ist, dass die Chemie stimmt. Wer den Aufwand nicht scheut, sollte sich die Rechtsform der kleinen AG genauer ansehen.

Erfolgsgeheimnis Harmonie

Tausende von Internet-Leichen vermuten Kritiker in der Betriebsbörse Nexxt-Change. Markus Waßmann hat damit andere Erfahrungen. Er las in handwerk magazin von der bundesweiten Nachfolgebörse und fand über sie das Unternehmen Kälte Kurz in Filderstadt, das er zum 1. Mai 2007 gekauft hat. „Ich habe eine Firma gesucht und gefunden, die modern ausgestattet ist“, sagt der Kälteanlagenbauer-Meister. Im Grunde hätte er vieles genau so gemacht wie der ehemalige Besitzer, so der 31-Jährige. Ein knappes Dreivierteljahr habe es insgesamt gedauert, bis der aus Hannover stammende Käufer den Kaufvertrag unterschreiben konnte. Auf die erste Kontaktaufnahme über die Sparkasse, die das Profil der Kälte Kurz GmbH & Co. KG in die Börse eingestellt hatte, folgten mehrere Treffen. Dabei loteten beide Seiten aus, was jeder leisten konnte und wollte. Der Bürgschaftsbank, die sein Vorhaben unterstützte, legte er einen Businessplan vor, und dann wurden auch schon die Verträge ausgearbeitet. Peter Kurz stellt dem neuen Inhaber sein Wissen als Berater zur Verfügung. „Mir wurde ein faires Angebot gemacht“, sagt Waßmann rückblickend, der den Fünf-Mann-Betrieb jetzt in Eigenregie führt.

Keine Schnäppchenzeit

So harmonisch wie der Kauf der Kälte Kurz GmbH & Co. KG verlaufen nicht
alle Firmenkäufe. Häufig führt die Frage nach dem Preis zum Abbruch der Verhandlungen. „Viele Aufträge und die verbesserte Gewinnsituation sind momentan ein Argument für hohe Preise“, so Betriebsberater Franz Falk von der Handwerkskammer Stuttgart, „von Schnäppchenzeit aufgrund weniger Kaufinteressenten am Markt kann aus meiner Sicht keine Rede sein.“

Allerdings ist der Preis nicht das Einzige, auf das es bei einer Nachfolgeregelung ankommt (siehe dazu Experten-Kasten Seite 44). Ein künftiger Chef sollte auf jeden Fall fachlich fit sein und Führungserfahrung mitbringen. Die Akzeptanz bei den Mitarbeitern ist mit das Wichtigste. Ist der Seniorchef schon älter, hat das Team meist eine längere Zeit der Unsicherheit hinter sich. In einem solchen Fall sind eine gehörige Portion Verständnis und Diplomatie notwendig. Wenn die Nerven schon blank liegen, bedeutet das noch lange nicht, dass „der Neue“ mit offenen Armen empfangen wird. Besonders schwierig kann die Situation werden, wenn der Sohn oder die Tochter die Betriebsnachfolge antreten. Denn der Sohn- oder Tochterstatus allein schaffen noch lange kein Vertrauen.

Ideale Verhältnisse

In diesem Zusammenhang klingt die Geschichte von Andreas Negele fast schon idealtypisch. Denn der 27-Jährige wird in den „kommenden zwei Jahren“ in die Geschäftsleitung der beiden Küchenhäuser samt Schreinerei in Winnenden bei Stuttgart einsteigen und dann Schritt für Schritt die Firmen übernehmen. Dass es auf dem Weg dorthin zu keinerlei Reibereien innerhalb der Familie kam, „liegt vermutlich daran, dass wir innerhalb der Familie ein sehr gutes Verhältnis untereinander haben, unsere Entscheidungen zusammen fällen und die Meinung des anderen akzeptieren“, sagt der Firmenchef in spe.

Dabei hat der künftige Unternehmer besonders großen Wert auf eine optimale Vorbereitung auf seine neue Aufgabe gelegt. Zusätzlich zu seiner Schreinerlehre hat Andreas Negele an der Berufsakademie Stuttgart Betriebswirtschaft mit der Fachrichtung Handwerk studiert.

Akzeptanzprobleme bei den Mitarbeitern habe er nie gehabt. „Seit ich zwölf Jahre alt bin, arbeite ich in der Firma mit. Wochenendeinsatz und Auftragsspitzen gehören einfach dazu“, sagt er überzeugt. Vermutlich wird er deswegen auch von niemandem im Betrieb infrage gestellt.

Ansprüche der Geschwister

Andreas Negeles Schwester Claudia arbeitet ebenfalls mit im Unternehmen. „Wir sind schon immer ein Team, auch wenn ich das Unternehmen alleine übernehmen werde.“ Solch Einigkeit herrscht allerdings in den wenigsten Familien, wenn es um die Ansprüche weiterer Familienmitglieder geht. Um die Unternehmensnachfolge reibungslos zu gestalten, hat Alfred Traber deshalb 2002 die Rechtsform der kleinen AG gewählt. Der 35-jährige Sohn und künftige Vorstandsvorsitzende Titus Traber profitiert von der Weitsicht seiner Eltern. Denn sollte der Erbfall einmal eintreten, erhalten seine drei Brüder Anteile am Unternehmen. Damit geht keines der Geschwister leer aus, und Titus Traber bekommt auf diese Art und Weise Planungssicherheit für sein künftiges Unternehmen und die 18 Mitarbeiter. Mit dem Rechtsformwechsel hat die Traber AG in Stuttgart jedoch nicht nur die Erbfolge geregelt, sie hat damit auch einen Imagegewinn mitgemacht.

Rechtsform kleine AG

Dass diese Vorteile auch ihren Preis haben, gibt Titus Traber gerne zu. Die Stammeinlage beläuft sich auf 50000 Euro, den Gesellschaftsvertrag muss ein Notar beurkunden, und es gibt umfangreiche Dokumentationspflichten, die mit der Führung einer kleinen AG einhergehen. Hinzu kommt, dass die Gesellschaft einen Aufsichtsrat bestellen muss, der die Geschäfte kontrolliert. „Ich halte die kleine AG dennoch für eine clevere Alternative zur GmbH“, sagt der gelernte Industriemechaniker und Maschinenbauingenieur, der momentan gemeinsam mit seinem Vater das Unternehmen führt. 2009 soll er Vorstandsvorsitzender werden. Bis dahin ist er froh, dass er die 50 Jahre Erfahrung, die sein Vater hat, nutzen kann.

gudrun.bergdolt@handwerk-magazin.de