Energiekosten: Billiger Strom für Ihren Betrieb

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Energiesparen und Stromeinkauf

Noch nutzen zu wenige Handwerksbetriebe die Vorteile des liberalisierten Energiemarktes. Dabei könnten sie beim Stromeinkauf durch einen Anbieterwechsel Tausende Euro im Jahr einsparen.

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    © Alasdair Jardine
    Bäckermeister Jörn Beckmann hat seinen Strombedarf ausgeschrieben und damit viel Geld gespart.
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    © Chart: handwerk magazin
    Am Strompreis verdienen viele. Nur gut ein Drittel ist Beschaffung, Vertrieb und Marge des Anbieters im Grundversorgungstarif.
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    © Chart: handwerk magazin
    Für Industriekunden lag der Strompreis 2013 im Schnitt bei 12,73 Cent. Privathaushalte zahlten sogar 29,21 Cent.
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    © Vogel
    „Handwerker brauchen ­professionelle Hilfe beim Stromeinkauf.“ Oskar Vogel, ­ Hauptgeschäftsführer Baden-Württembergischer Handwerkstag.

Geschäftsführer Jörn Beckmann von Beckmann‘s Bäckerland in Bremen bastelte Excel-Listen, verglich Strompreise und erkannte: Während er vor einigen Jahren noch zwei Prozent seines Umsatzes für Strom ausgegeben hatte, war der Anteil in den vergangenen Jahren auf fünf Prozent gestiegen. Er wollte seinen Stromverbrauch mit verschiedenen Anbietern verhandeln. Doch je intensiver er sich mit dem Thema auseinandersetzte, desto mehr wurde ihm klar: Der Energiemarkt ist so komplex, dass er sich selbst keinen Überblick verschaffen kann. Nicht allein die Strompreise trieben die Kosten in die Höhe. Auch die steigende Energiesteuer machte der 80-Mann-Bäckerei zu schaffen. „Als Laie weiß man gar nicht, wo man anfangen soll und wie man ein gutes Angebot erkennt“, sagt Beckmann.

Großes Sparpotenzial

Vor diesem Problem stehen viele Handwerksbetriebe. Sie ächzen unter den steigenden Stromkosten, wissen aber nicht, wie sie dagegen ankommen. Dabei können Handwerksunternehmen beim Stromeinkauf viel Geld sparen. Seit der Liberalisierung des Energiemarktes vor fast 15 Jahren lassen sich günstige Preise erzielen – solange man bereit ist, den Anbieter zu wechseln und sich intensiv mit dem Strommarkt auseinanderzusetzen.

„Es gibt unterschiedliche Wege, wie Unternehmen an den billigsten Strom für ihren Betrieb kommen“, erklärt Oskar Vogel, Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstags.

Gemeinsam einkaufen

Der Baden-Württembergische Handwerkstag bündelt seit 1990 Handwerksunternehmen der Region in einer Einkaufsgemeinschaft. Mit Erfolg, denn die Mitglieder sparen deutlich. Zum Beispiel zahlt ein Handwerksbetrieb in Stuttgart bei einem Jahresverbrauch von 10 000 Kilowattstunden im Standard-Lastprofil insgesamt, also mit Steuern und Abgaben, 2102 Euro im Jahr. Ein Betrieb in Ravensburg bei gleichen Bedingungen sogar nur 1727 Euro.

handwerk magazin hat beim unabhängigen Strompreisportal Verivox den bundesweiten Durchschnittspreis für Gewerbekunden ermitteln lassen. Und der liegt mit 2361 Euro bei gleichen Bedingungen deutlich höher.

Der Energiedienstleister Ampere in Berlin kümmert sich um die Energieverträge des Baden-Württemberg-Pools. Mittlerweile haben sich mehr als 7000 Unternehmen angeschlossen. Der Energiedienstleister GGEW aus Bensheim beliefert ab nächstem Jahr alle Unternehmen der Einkaufsgemeinschaft.

Unternehmen einer Einkaufsgemeinschaft zahlen durchschnittlich 20 Prozent weniger für Strom als bei ihrem Standardlieferanten der Region. Eine ähnlich hohe Einsparung erzielen Betriebe, wenn sie Strom über die Strombörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig einkaufen. Allerdings kommt dieser Weg eher für Großunternehmen mit jährlich mehreren Gigawattstunden Stromverbrauch infrage.

Stromverbrauch ausschreiben

Kleine und mittelständische Handwerksunternehmen können ihren Stromverbrauch stattdessen unter Energielieferanten ausschreiben. Wer sich das selbst nicht zutraut, kann Vergleichsportale wie Verivox beauftragen. Über Verivox vermarkten Versorger auch Sonderkontingente, die gegenüber dem Marktpreis oft nochmals bis zu 0,5 Cent/kWh günstiger sind. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, sich etwa dem mittelständischen Bundesverband der Energieabnehmer (VEA) anzuschließen. Über ein Portal lassen Unternehmen ihren Energiebedarf dann bundesweit ausschreiben. „Die beste Lösung für den Kunden erhält den Zuschlag“, sagt Sandra Tegtmeier, Kundenberaterin beim VEA.

Interessant sind solche Ausschreibungen für Unternehmen mit einem Verbrauch von mindestens 100 000 Kilowattstunden pro Jahr. Alternativ können Unternehmen Standardleistungen in Anspruch nehmen. Dabei wird ihr Stromverbrauch standardisiert ausgeschrieben. Die VEA-Experten führen dann keine Beratungsgespräche und keine Verhandlungen.

Bäckermeister Jörn Beckmann nutzt dieses Verfahren. Im ersten Jahr senkte er mithilfe einer VEA-Ausschreibung seine Stromkosten um 5000 Euro. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass die Differenz so hoch ausfällt“, sagt Beckmann. Mittlerweile beträgt der Anteil seiner Ausgaben für Strom nicht mehr fünf, sondern nur noch 3,5 Prozent. „Jetzt betrachte ich die Stromrechnungen deutlich entspannter“, freut sich der Bremer Bäckermeister.