Historische Handwerker- Folge 4 Ein Gott als Handwerker

Zugehörige Themenseiten:
Historische Handwerker

In dieser Folge stellen wir Ihnen Schmied, Tischler, Maler und Sängermeister vor. Hephaistos, Thomas Chippendale, Lucas Cranach der Ältere und Hans Sachs haben Ihre Spuren hinterlassen.

Der Gott Hephaistos übergibt der Meeresnymphe Thetis die von ihm geschmiedeten Waffen für Achilles (Attika, 490–480 v. Chr). - © Bibi Saint-Pol/Wikipedia

Hephaistos, Gott der Metallurgie

Der einzige Handwerker unter den griechischen Göttern. Seine Schmiedegesellen waren Zyklopen, einäugige Dämonen, von denen einer, Polyphem, von Odysseus erledigt wurde. Seine Werkstatt war in den Vulkanen der griechischen Insel Lemnos in der nördlichen Ägäis. Dort schmiedete er den Zweizack des Hades, den Dreizack von Poseidon, den Bogen der Artemis, Pfeile für Eros und Apollon, den Donnerkeil des Zeus und die Waffen und den Schild des Achilles. Laut der (nicht immer verlässlichen) Quelle Wikipedia war er für das „gesamte Spektrum der Metallverarbeitung zuständig“, inklusive der Herstellung von Geschmeide, sakralrituellen und profanen Gebrauchsgegenständen. Er war der Hoflieferant der griechischen Götter. Privat lief es dagegen eher schlecht: Der zu klein geratene und nicht besonders hübsche Hephaistos wurde von Mutter Hera verstoßen, die erste Ehefrau Aphrodite betrog ihn, und seine zweite Ehefrau löste sich in Luft auf, als er ein wenig kuscheln wollte. Erst mit der Untergöttin Aglaia klappte es dann.

Thomas Chippendale, Tischler

Der Tischler aus Leeds machte von seiner Manufaktur im Londoner Covent Garden aus den Stil des Rokoko im Möbelbau in England populär. - © John Morrison/Alamy Stock Photo

Sein Name steht heute für eine Epoche im Möbelbau. Eigentlich wegen eines Buches. Seine Position in der Kunstgeschichte beruht auch auf einem Missverständnis: Denn bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts ging man von einem gigantischen Werk des Tischlers aus Leeds aus. Zwar nimmt der 1718 geborene Chippendale die Stile des Rokoko und des beginnenden Klassizismus vorweg und brachte es zu einer einzigartigen Virtuosität im Möbelbau. Doch es gab auch hervorragende andere zeitgenössische Möbelbauer. Der Grund für seine Alleinstellung und Namensgeber einer Epoche lag darin, dass er die Chance erkannte, die in der Verbreitung seiner Entwürfe als Katalog lag. Sein 1754 erschienenes Buch „The Gentleman and Cabinet-Maker’s Director“ wurde immer wieder nachgedruckt und sogar ins Französische übersetzt. Das brachte ihm nicht nur Aufträge, viele Kollegen nahmen es auch als willkommene Inspiration und bauten seine Entwürfe nach. Heute werden deshalb weit weniger Stücke seiner Werkstatt zugeschrieben.

Lucas Cranach der Ältere

Vertikale Integration Künstler Cranach engagierte sich als Farbenproduzent, handelte mit Papier, betrieb Druckerpressen, verlegte Illustrationen und Bücher. - © ZU_09/iStockphoto.com

Der Entrepreneur und Künstler setzte auf neue Medien und schuf unser Bild von Luther. Kunsthistoriker werden sich gegen diese Einstufung wehren. Denn bis heute gilt der im Oktober 1472 in Kronach, Oberfranken, geborene Lucas Cranach der Ältere als einer der bedeutendsten deutschen Maler und Grafiker der Renaissance. Er schuf etwa Porträts von Kaiser Maximilian I., dem späteren Kaiser Karl V. und geniale christliche Motive. Doch er war noch mehr: 1520 kaufte er sich in Wittenberg, wo seine Werkstatt war, eine Apotheke, um sich stets mit Ölund Druckfarben versorgen zu können. Zwei Jahre später brachte er Martin Luthers Septembertestament heraus. Mit gedruckten Porträts der Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon machte er nicht nur die Druckgrafik populär – damals neue Medien. Da solche Porträts in dieser Zeit auch Programm waren – ein frühes Luther-Porträt zeigt einen demütig nach oben schauenden asketischen Mönch, später einen körperlich mächtigen, in sich ruhenden Denker – prägte er unser Bild des Reformators.

Hans Sachs, Sängermeister

Schuhmachermeister Hans Sachs beschrieb in seinem Werk „Eygentliche Beschreibung aller Stände auff Erden“ alle Handwerksberufe in Reimform. - © Museen der Stadt Nürnberg, Gemälde- und Skulpturensammlung

Kreativ, witzig und volksnah: Er war die „Voice of Germany“ der Renaissance. Es gehörte zum damaligen sehr ausgeprägten Selbstverständnis erfolgreicher Handwerker, dass sie sich für die Kultur engagierten – und Kultur betrieben. Und in der reichen Reichsstadt Nürnberg des 16. Jahrhunderts dichteten und sangen die Meister. Nach festen Regeln und mitunter im sportlichen Wettstreit. Hans Sachs wurde dort 1494 als Sohn des Schneidermeisters Jörg Sachs geboren, lernte als Kind Latein, wurde zum Schuhmacher ausgebildet, ging auf Gesellenwanderung und ließ sich anschließend in München im Singen unterrichten. 1516 ging er dann zurück in die Frankenmetropole, wurde 1520 Schuhmachermeister, aktives Zunftmitglied der Meistersinger und um 1555 deren Vorsitzender. Er textete mehr als 6.000 Lieder und Gedichte und galt schon zu Lebzeiten als einer der talentiertesten Meistersinger und -dichter. Richard Wagner setzte ihm dann drei Jahrhunderte später mit seiner Oper „Die Meistersinger“ ein kulturgeschichtliches Denkmal.