App-, Hardware- und Hybrid-Lösungen Elektronisches Fahrtenbuch: So finden Handwerker den passenden digitalen Wegbegleiter

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Wer die Möglichkeiten elektronischer Fahrtenbücher nutzt, kann nicht nur Zeit und Steuern sparen, sondern darüber auch Prozesse im Unternehmen verbessern – inklusive Datenschutz. Die Systeme müssen aber einige technische Voraussetzungen erfüllen.

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Daumen hoch: Ein elektronisches Fahrtenbuch kann das Leben eines Handwerkers erleichtern, egal ob als reine App-Lösung, als Hardware-Lösung oder in einer Hybrid-Variante. - © OceanProd - stock.adobe.com

Die gute Nachricht: Der Kostenblock rund um die Firmenfahrzeuge birgt Einsparpotenzial. Ein probates Mittel, um etwa die Steuern dafür zu senken, kann das Führen eines Fahrtenbuches zur Ermittlung der tatsächlichen Anteile an dienstlichen und privaten Fahrten sein – statt der pauschalen Versteuerung des geldwerten Vorteils für die Privatnutzung nach der Ein-Prozent-Methode. Das rechnet sich oft, wenn man neue oder teure Fahrzeuge für den Fuhrpark anschafft. Doch es kann sich auch beispielsweise bei ­älteren, vorhandenen Fahrzeugen oder bei geringer privater Nutzung lohnen. ­Allerdings ist eine Umstellung nur bei Kfz-Wechsel oder zu Beginn eines Jahres erlaubt.

Gespräch mit dem Steuerberater

Um die passende Variante zu ermitteln, rät Thomas Queck, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Kanzlei QJS Queck Jobst Schäfer in Regensburg, die Fahrtstrecken ein bis zwei Monate mitzuschreiben und sich anschließend mit dem Steuerberater abzustimmen: „Wird die Nutzung eines elektronischen Fahrtenbuches erwogen, sollten Unternehmer bei den Anbietern auch anfragen, ob sie über einen bestimmten Zeitraum eine Testlizenz erhalten.“ Bei einigen Anbietern wie Bury oder Vimcar sind zudem Vergleichsrechnungen möglich.

Grundlegende Vorgaben für alle

Entscheiden sich Unternehmer für Fahrtenbücher, greifen sie häufig auf elektronische zurück, um die Schreibarbeit gering zu halten. „Dabei gilt jedoch wie bei den Fahrtenbüchern in Papierform, dass die elektronischen lückenlos und zeitnah zu führen sind. Laut BMF-Schreiben vom 4. April 2018 ist das Fahrtenbuch als zeitnah anzusehen, wenn die dienstlichen Fahrtanlässe in einem Zeitraum von bis zu sieben Kalendertagen nach Abschluss der Fahrt eingetragen und die übrigen Fahrten als privat kategorisiert werden“, erläutert Queck. Er ergänzt, dass folgende Informationen stets enthalten sein müssen:

  • die dienstlich und privat zurückgelegte Fahrtstrecke mit Datum – lückenlos fortlaufend und für jede Fahrt einzeln
  • der Kilometerstand bei Anfang und Ende der Fahrt
  • das Reiseziel
  • bei Umwegen auch die Reiseroute
  • Reisezweck
  • Geschäftspartner

Bei Privatfahrten und Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genüge dies als Vermerk plus der Kilometerangaben. Zur Übermittlung an das Finanzamt müssen die Daten ferner in CSV oder PDF exportierbar sein.

Technische Entwicklungssprünge

Diese Vorgaben erfüllen in der Regel die E-Fahrtenbücher. Getrieben durch die Digitalisierung, ist eine breite Palette an Angeboten entstanden, die einfache App-Systeme ohne Verbindung zum Fahrzeug genauso beinhaltet wie Hybrid-Systeme aus Hard- und Software. Diese arbeiten mit Fahrzeugstecker für die OBD-Buchse respektive festeingebauten Boxen, die mit Apps auf dem Smartphone oder einer Software kommunizieren. Die hardwarebasierten Lösungen erleichtern die Arbeit, indem die Erfassung der Strecken und Übertragung der Daten automatisiert erfolgt, diese im Nutzerkonto angezeigt und in der App oder am Desktop dem Fahrtzweck zugeordnet werden können. Aber auch in Infotainment-Systemen der Autohersteller lässt sich bei Bedarf das Fahrtenbuch aktivieren.

„Insbesondere unter dem Label Smart Car sind in jüngster Zeit viele neue Funktionen entstanden. Speerspitze der Innovatoren sind neben den Fahrzeugherstellern Anbieter wie Fleetize , Vimcar & Co., die Dongle mit Smartphone verbinden. Das elektronische Fahrtenbuch ist dabei nur ein Baustein von vielen, zu denen beispielsweise auch die Fahrzeugverwaltung, Führerscheinkontrolle oder Bewegungsmelder gehören“, sagt Prof. Dr. Heinz-Leo Dudek, Prorektor und Dekan der Fakultät Technik am Campus der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Ravensburg. Als Lehrkraft, Betreiber des Steinbeis Transferzentrums Telematik sowie vormaliger Gründer und Geschäftsführer eines Telematikunternehmens beschäftigt er sich seit Jahrzehnten mit den Entwicklungen in diesem Bereich. Und er hat eine klare Meinung zu den Produkten am Markt.

Pro und Kontra abwägen

Nach Ansicht von Dudek spricht für den Einsatz von reinen Apps, dass der Nutzer sich lediglich die App auf das Smartphone laden muss und keine Kosten für Hardware hat. „Auch der Abgleich mit den Geschäftskontakten, sobald der Fahrer den Zielort eingibt, ist ein Vorteil“, so der Telematikexperte. „Alles andere spricht für die Hardware-Angebote – und sei es nur eine Dongle-Lösung –, weil hier die Daten permanent mit dem Kilometerstand abgeglichen werden, den der Tacho über die OBD-Schnittstelle liefert.“ Reine Apps seien wegen dieser fehlenden Verbindung zum Auto technisch limitiert und fehleranfällig. „Die Anwendung kann etwa nicht unterscheiden, ob das Kfz sich selbst bewegt oder zum Beispiel auf dem Autozug nach Sylt bewegt wird. Dies wird ebenfalls als Fahrt angenommen, da das Tool lediglich auf die Positionsbestimmung zugreifen kann“, so Dudek. „Zudem können die einfachen Apps meist nur ein Kfz und einen Fahrer abbilden.“ Eine Op­tion für Einzelunternehmer oder Einsteiger.
Da Handwerksbetriebe aber häufig mehrere Fahrzeuge in einem Pool haben, die mehrere Mitarbeiter fahren, muss das E-Fahrtenbuch diese Situation abbilden können. „Zu diesem Zweck sollte das System einerseits in der Lage sein, ein Fahrtenbuch für ein Kfz mit unterschiedlichen Fahrern zu liefern und andererseits ein Fahrtenbuch für den jeweiligen Fahrer, das die Fahrten mit den verschiedenen Fahrzeugen wiedergibt“, so Dudek.

In interne Systeme einbetten

Darüber hinaus sollten kleine und mittelständische Unternehmen beim E-Fahrtenbuch darauf achten, dass es an interne Systeme wie das Auftragscontrolling andockt oder es Schnittstellen dazu gibt. „Optimal wäre es, wenn der Fahrer nicht nur die Eingaben macht, die für das Finanzamt notwendig sind, sondern die Fahrt zum Beispiel auch einer Kostenstelle oder einem Projekt zugewiesen werden kann“, erläutert der Professor. „Das erleichtert das Projekt-Controlling für den Außendienst und unterstützt den Handwerker, weil das Schreiben von Zetteln mit Vermerken wie ‚Fahrt zu Max Müller wegen Heizungsreparatur‘ entfällt.“

Zertifizierung gefordert

Ungeachtet dessen ist und bleibt die Finanzamtskonformität ein neuralgischer Punkt für alle Anbieter. Denn ob die Aufzeichnungen, für die eine zehnjährige Archivierungspflicht gilt, Bestand haben, entscheidet letztlich der Finanzbeamte bei einer Betriebsprüfung. Dudek fordert daher schon lange eine Zertifizierung oder die Zulassung von Systemen durch die Behörden, um die Unsicherheit zu beseitigen. Solche Standards für elektronische Fahrtenbücher sind nach Angaben des Bundesamtes für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) nicht absehbar. Es werde sich jedoch mit dem Thema Datensicherheit befasst, etwa im Rahmen einer vom BSI geleiteten Arbeitsgruppe des Bundesverkehrsministeriums, die sich mit einer noch zu standardisierenden Datenzugriffsschnittstelle im Kfz beschäftigt.

Bedarf und Empfehlungen

„Die Software kann daher noch so manipulations- und revisionssicher sein sowie Testate haben, die Anerkennung hängt vor allem an der sorgfältigen und richtigen Bedienung des Anwenders“, sagt Marco Krapp, Partnermanager im Bereich strategische Partnerschaft bei der Datev. Zugleich eröffnet das den Unternehmern Freiraum bei der Auswahl. Sie können sich vom individuellen Bedarf und von ihren Vorlieben leiten lassen. „Unter den Angeboten, welche die Mindestanforderungen erfüllen, kann jeder selbst entscheiden, welchen Aufwand er mit dem Fahrtenbuch haben will und was er bereit ist zu investieren“, meint Krapp. Die Faustformel: Mit dem Preis steigt der Komfort.

Nichtsdestotrotz empfiehlt die Datev drei Produkte: das Fahrtenbuch von Meyer Solutions als reine App, das Kfz-Fahrtenbuch von Krämer als eine Mischung aus App und Webclient und das Hybrid-System von Vimcar, das aus Dongle, App und Webclient besteht. Die Nürnberger wollen sich mit dem Thema bis Ende des Jahres nochmals intensiver beschäftigen und bis dahin auf dem Marktpatz empfohlene Partner explizit aufführen.

Datenschutzrechtliche Vorgaben

Welche elektronischen Wegbegleiter die Betriebe auch einsetzen, sie müssen sich an die Vorgaben des Datenschutzrechts halten. Denn die erfassten Daten lassen Rückschlüsse auf Aufenthaltsorte des Fahrers oder weiterer Personen wie Angehörige zu. Dr. Tom F. Petrick, Fachanwalt für Verkehrs- und Steuerrecht sowie Geschäftsführer der F.E.L.S Rechtsanwaltsgesellschaft in Bayreuth, erläutert: „Die Verarbeitung personenbezogener Daten muss schonend, zweckgebunden, transparent, sicher und richtig erfolgen. Zudem muss jede Verarbeitung auf einer Rechtsgrundlage beruhen. Das kann unter anderem eine gesetzliche Vorgabe, ein überwiegendes, berechtigtes Interesse des Arbeitgebers oder auch eine explizite, schriftliche oder elektronische Einwilligung sein.“ Der Einsatz eines digitalen Fahrtenbuches ist ein solches berechtigtes Interesse, das betrieblich angeordnet werden kann.

Darüber hinaus darf laut Petrick eine Ortung, etwa via GPS, außer bei Taxis, Monteurs- und Werkstattwagen, bei denen das räumlich nächste Fahrzeug disponiert werden soll, nur mit einer Betriebsvereinbarung oder mit der Einwilligung des Betroffenen erfolgen. „Die Ortung muss zudem aktivier- oder abschaltbar sein. Das regeln im Wesentlichen Artikel 5 und 6 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie Artikel 26 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).“

Informationspflichten des Arbeitgebers

Dabei hat der Rechtsanwalt vor allem Privatfahrten, Pausen und Zeiten außerhalb des Dienstes im Blick, für die GPS-Ortung und Standortbestimmung ganz abschaltbar sein müssen. „Deshalb sollte hier auf eine Technologie gesetzt werden, die vom Fahrer leicht deaktiviert werden kann.“

Zugleich bestehen bei der Verwendung von digitalen Fahrtenbüchern umfangreiche Informationspflichten: „Der Arbeitgeber muss den Betroffenen insbesondere über den Zweck der Datenverarbeitung, die Rechtsgrundlage und das Widerrufsrecht hinsichtlich der Einwilligung in Textform aufklären.“ Dies könne im Rahmen einer Fuhrpark-Richtlinie oder in der Datenschutzerklärung geschehen, die ohnehin jedes Unternehmen vorhalten muss.

Tracking: Mit Apps oder Software

Zur Dokumentation dienstlicher und privater Fahrten können sich Handwerksunter­nehmer auch für reine Fahrtenbuch-Apps und -Software für den PC entscheiden. Fünf Angebote aus dem Markt.

WISO Fahrtenbuch 2020
  • Firma: Buhl Data Service,
  • Internet: buhl.de
  • Kauf : 14,95 €
Driverslog NT
  • Firma: Probasys Software
  • Internet: driverslog.de
  • Miete: Standard-Version: 42 € p.a./Kfz
  • weitere Kosten: Apple iOS: 5,87 € einmalige Download-Gebühr, Android OS: 5,03 € ein­malige Download-Gebühr
Driverslog Pro
  • Firma: Florian Liefers
  • Internet: driverslogpro.de
  • Download: bis zu 30 Tage kostenlos nutzbar
  • Business-Lizenz pro Monat: 1,99 €/Monat oder 14,99 € p.a.
Fahrtenbuch von Meyers Solutions
Triptracker
  • Firma: Stefan Zankl Software,
  • Internet: stefan-zankl.com / Triptracker.app
  • Kauf: ca. 8 €
  • weitere Kosten: optionaler Sync für gemeinschaftliches Fahrtenbuch. ca. 2,90 €/Monat + 50 € für optionalen OBDII-Triptracker-Adapter