Wenn sich das Finanzamt ankündigt Betriebsprüfung: Auf diese 15 Punkte richten Prüfer besonderes Augenmerk

Zugehörige Themenseiten:
Betriebsprüfung und Steuerstrategien

Bei jeder Betriebsprüfung der Finanzbehörde findet der Prüfer Angriffspunkte. Was daran liegt, dass die Behörden in der Regel die Schwachstellen in den Betrieben kennen und ihnen entsprechend besondere Aufmerksamkeit widmen. handwerk magazin sprach mit Steuerberatern, worauf Chefinnen und Chefs besonders achten müssen, um Fallen zu umgehen.

Von Nicole Geffert

Betriebsprüfung: So umgehen Sie die Fallen
Bei jeder Prüfung findet der Finanzbeamte Angriffspunkte. Bereiten Sie sich auf mögliche Angriffspunkte vor und umgehen Sie Fallen.

Finanzämter lassen sich einiges einfallen, um an zusätzliche Steuereinnahmen zu kommen. Eine klare Aussage dazu, was die Betriebsprüfer genauer unter die Lupe nehmen, lässt sich nur schwer treffen. Neben den individuellen betrieblichen Abläufen werden die Schwerpunkte durch die Prüfer beeinflusst. Auch die einzelnen prüfenden Finanzämter bilden individuelle Schwerpunkte. Einige klare Trends sind aber festzustellen, zudem halten die Prüfer auf diese Themen einen besonderen Blick:

Die häufigsten Fallen bei der Betriebsprüfung:

  1. Fahrtenbuch
    Bei Fahrtenbüchern finden sich meist Ungereimtheiten. Summieren sich diese oder wurde das Fahrtenbuch per Excel geführt, lehnt es das Finanzamt ab.

    Dann wird die Privatnutzung nach der teuren Ein-Prozent-Methode berechnet. „Üblicherweise erfolgt die Prüfung durch die Betriebsprüfungsstelle, seltener durch die Veranlagung beim Finanzamt“, sagt Steuerberater Wolfgang Wawro, Steuerexperte des Deutschen Steuerberaterverbands (DStV).

  2. Umsatzsteuer
    Können die Waren vor Ort etwa in der Bäckerei oder Metzgerei verzehrt werden, müssen 19 Prozent Umsatzsteuer und nicht nur sieben Prozent abgeführt werden. Bei Zweifeln droht die Schätzung auf Basis von 19 Prozent.

    „Das gilt aber nur, wenn ein Verzehr im Laden am Tisch oder einer anderen Einrichtung erfolgen kann“, erläutert Wawro. „Verzehrt ein Kunde seinen Kuchen oder die Boulette aus der Hand beim Herausgehen, ist nicht von Verzehr im Laden die Rede.“

    Generell wird geprüft, inwieweit die Umsatzsteuersenkung zum 1. Juli 2020 (von 19 auf 16 Prozent und von 7 auf 5 Prozent) korrekt umgesetzt wurde, oder vielmehr zum 1. Januar 2021 wieder korrekt angehoben wurde. Im Fokus stehen zudem die steuerfreien und nicht steuerbaren Umsätze sowie Organschaften.

  3. Steueranrechnung
    Zur Falle entpuppt sich für Handwerker der Steuerbonus bis 1200 Euro bei Privatkunden, die keine Rechnung bekommen haben, die Handwerksarbeit aber dennoch beim Finanzamt angeben. Steuernachzahlung und Strafverfahren beim Handwerker können die Folge sein, da sie durch die fehlende Rechnung in Schwarzarbeitsverdacht geraten können.

  4. Bonuszahlungen
    Hat der Prüfer Zweifel, schaut er sich häufig die Bonuszahlungen der Lieferanten (etwa Baumärkte) an und stimmt den Wareneinkauf mit den eingesetzten Waren ab.

    Stimmt der Bestand am Jahresende nicht mit dem errechneten überein, kann das ebenfalls auf Schwarzarbeit hindeuten, „insbesondere wenn kein Nachweis für ein Verderben oder eine Beschädigung des Produktes erfolgt“, so Wawro.

  5. Belegprüfung
    Ein Schwerpunkt der meisten Betriebsprüfer sind die Eingangsrechnungen. Fehlt auch nur einer der Pflichtpunkte, wie etwa die fortlaufende Rechnungsnummer oder der Lieferzeitpunkt, kürzen sie einfach den Vorsteuerabzug. Da die Rechnungen später noch geändert werden können, zumindest sofern es den Aussteller der Rechnung noch gibt, bleibt der Betrieb unter dem Strich nur auf den Zinsen für die Steuernachzahlung sitzen.

  6. Reverse-Charge-Verfahren
    Hier ist besondere Sorgfalt angezeigt. Denn mit einer sogenannten Reverse-Charge-Rechnung übertragen Sie als Leistungserbringer die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger. Als Aussteller einer Reverse-Charge-Rechnung sind Sie zwar nicht verpflichtet, Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen und an das Finanzamt abzuführen. Sie sollten aber sicher gehen können, dass der Leistungsempfänger dies tut. Sind Sie selbst Leistungsempfänger, führen Sie die Umsatzsteuer ab und können dies nachweisen.

  7. Gewinnverlagerung
    Gern prüfen Prüfer Rückstellungen, Teilwertabschreibungen und Aktivierungen, sagen die Steuerberater von Ecovis. Lassen Sie hier besondere Sorgfalt walten und dokumentieren Sie genau.

  8. Unternehmensnachfolge
    Hier sind Haltefristen, schädliches Verwaltungsvermögen oder Bewertungen Prüfungsgegenstand bei Unternehmensnachfolgen oder Erbschaften.

  9. Elektronische Kasse
    Oft hat eine Betriebsprüfung eine Kassenprüfung zur Folge. Kontrolliert wird bei bargeldintensiven Handwerkern, zum Beispiel Bäckern, insbesondere die Einhaltung der Einzelaufzeichnungspflicht. Darauf verweisen die Steuerberater von Ecovis. Sind beispielsweise nur zwei Warengruppen für 7 und 19 Prozent programmiert, also keine Artikel oder konkreten Warengruppen hinterlegt, kann die Kassenführung verworfen werden und eine Hinzuschätzung erfolgen. Auch die technische Sicherheitseinrichtung sehen sich die Kassenprüfer regelmäßig an und erwarten die entsprechenden Dokumenten, etwa die Zertifizierung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

  10. Fahrzeug und Privatnutzung
    Die Betriebsprüfer verlangen den Nachweis der betrieblichen Nutzung über einen Zeitraum von drei Monaten. Kontrolliert wird auch der Listenpreis des Fahrzeugs.

  11. Nachweis der Verschrottung
    Wird ein Firmenfahrzeug wegen Altersschwäche aus dem Bestand genommen, sollten Sie den Nachweis der Verschrottung bereit halten. Ansonsten droht Ihnen als Chef die Unterstellung, dass die Wirtschaftsgüter privat weiter genutzt werden.

  12. Bauleistungen
    Als Empfänger einer Bauleistung eines ausländischen Unternehmers ist der deutsche Unternehmer verpflichtet, Abzugssteuer für die geleisteten Aufwendungen zu zahlen, vorausgesetzt es wurde keine Freistellungsbescheinigung vorgelegt (§48 EStG bei Leistungsbeziehungen mit ausländischen Unternehmern)

  13. Geldverkehrsrechnung
    Gerade bei kleineren Einzelunternehmen analysieren die Betriebsprüfer den Geldverkehr zwischen Betrieb und privaten Bereich des Inhabers. Im Fokus stehen die freien Entnahmen (Geld), die in bar oder per Überweisung vom Betrieb an den Betriebsinhaber fließen. Saldiert mit den getätigten Einlagen wird dann anhand von Durchschnittsätzen überprüft, ob dieser Betrag zum Bestreiten des Lebensunterhalts ausreicht. Fallen hierbei Fehlbeträge auf, liegt der Verdacht von Schwarz-Einnahmen nahe.

  14. Vorsystem
    Ein Vorsystem ist eine Software, mit der sich unter anderem Termine planen, Leistungen aufzeichnen und die Abrechnung tätigen lassen. Diese elektronischen Systeme dienen dem Betriebsprüfer dazu, die Einnahmen zu kontrollieren. Elektronische Programme zur Organisation bzw. analoge Aufzeichnungen über Einsatzorte und Zeiten der Arbeitnehmer liefern Informationen, anhand derer der Prüfer die Vollständigkeit der erklärten Erlöse überprüfen kann.

  15. Elektronische Daten der Fakturierungsprogramme
    Wichtig ist, dass diese GoBD-konform (nach den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form) vorliegen – also  vollständig und unveränderbar. Zu Problemen kann es kommen, wenn Lücken in der Rechnungsnummerierung vorliegen oder der Prüfer feststellt, dass Datensätze nachträglich geändert wurden. Handwerker-Chefs sollten daher die Fakturierungsprogramme entsprechend kontrollieren. Einige Programme lassen nachträgliche Änderungen an fakturierten Rechnungen noch zu.

Weitere Schwerpunkte der Prüfung sind nach Angaben der Ecovis-Steuerberater zudem Auslandssachverhalte, die Inventurbewertung, die Finanzbuchhaltung mit Zugriff auf vorgelagerte Systeme wie Warenwirtschaft oder Lagerhaltung sowie Abschreibungszeiten für Wirtschaftsgüter.