Kalkulation Den richtigen Preis finden

Was passiert, wenn der Kunde zahlt, was er will? René Sellmer hat es ausprobiert und ist bei diesem Modell geblieben. Welche Preisstrategien im Handwerk funktionieren.

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    © Rudolf Wichert
    René Sellmer lässt die Kunden entscheiden, wie viel ihnen seine Friseurdienstleistung wert ist.
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    © Chart: handwerk magazin
    Selber rechnen: Die meisten Chefs vertrauen bei der Preissetzung auf die eigene Kalkulation.
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    „Jeder Chef sollte sich auf die Kunden konzentrieren, die zu den Stärken des Betriebs passen.“Claudia Schimkowski, Inhaberin der „Agentur für das Handwerk“.

Wie jeder Unternehmer verzichtet auch René Sellmer nicht gerne auf Umsatz. Trotzdem schickt der Inhaber dreier Friseursalons in Krefeld, Moers und Mönchengladbach ohne mit der Wimper zu zucken jeden Monat fünf bis sechs Kunden nach Hause. Das sind Frauen und Männer, die nicht mit Sellmers Philosophie klarkommen. Die nicht wollen, dass der Friseurmeister die Haare so schneidet, wie es ihm gefällt. „Wir erfüllen ja schließlich prinzipiell keine Kundenwünsche“, sagt Sellmer.

Zahlen, was man will

Seine Philosophie klingt ein bisschen krude. Noch haarsträubender aber hört sich seine Preisstrategie an: „Zahle, was Du willst“ heißt diese Strategie, die Preislisten überflüssig macht, weil die Kunden selbst bestimmen, was sie für die neue Frisur bezahlen wollen. „Es ist mehr, als wenn ich Festpreise ansetzen würde“, sagt Sellmer. Stolze 40 Euro geben seine Kunden im Schnitt - das sind pro Kunde unglaubliche elf Euro mehr als in den Salons, in denen Sellmer früher als Angestellter gearbeitet hat.

Zahle, was du willst - was nach unternehmerischem Harakiri klingt, geht bei Sellmer auf. Schließlich bettet er seine Preisstrategie in ein schlüssiges Gesamtkonzept. Sellmer überrascht die Kunden schon zu Beginn ihres Besuches, und er überrascht sie am Ende, wenn er einen leeren Umschlag hinlegt. Außerdem erbringen er und seine Mitarbeiter eine hochwertige Leistung, die seine Kunden beim entscheidenden Schritt - der Bezahlung - entsprechend würdigen.

Schon allein wegen des ausgeklügelten Servicemodells ist das ungewöhnliche Konzept nicht für jeden Betrieb geeignet. Dennoch taugt der Friseurmeister zum Vorbild, da er - im Gegensatz zu vielen Kollegen - überhaupt eine Strategie bei der Preisfindung verfolgt.

Klares Konzept statt Rabatte

So ist der Preis zwar auch im Handwerk der wertvollste Hebel zur Gewinnsteigerung, dennoch orientieren sich etliche Unternehmer fast ausschließlich an der Konkurrenz - und klagen über den harten Preiskampf. „Handwerker hören immer die gleichen Worte von ihren Kunden: zu teuer und Rabatt“, weiß Claudia Schimkowski, Inhaberin der „Agentur fürs Handwerk“ in Plochingen. Wer als Unternehmer ausreichende Margen erwirtschaften will, könne jedoch nicht einfach die Preise erhöhen, sondern müsse Preisstrategie und Marktpositionierung in Einklang bringen.

„Eine intelligente Preisstrategie zu verfolgen heißt nicht unbedingt, dass man hochpreisig sein muss“, sagt Schimkowski. Auch mit niedrigen Preisen könne man hohe Gewinne erzielen. „Da macht es die Masse“, sagt die Beraterin.

Preis muss zur Leistung passen

Wichtig sei, dass der Preis zur Leistung passe. Und zum gesamten Unternehmen. Deshalb sollte sich die Marktpositionierung an den Stärken des Unternehmers orientieren. „Der Handwerker muss herausfinden, welche Leistungen er besonders gut und gerne anbietet“, sagt Schimkowski. Außerdem müsse er entscheiden, welche Kunden er will - und welche nicht.

Ein Schritt, der gerade Neueinsteigern schwer fällt, der jedoch für einen langfristigen Markterfolg unumgänglich ist. Denn was nutzen alle Anfangserfolge, wenn die Kunden später ausbleiben Bodo Pauly, Verkaufstrainer in Lonning, rät den Unternehmern deswegen zu klaren Ansagen: „Ich kenne einen Handwerker, dessen Slogan lautet: „Ich kann alles, nur nicht billig.“ Das sei zwar provokant, ist laut Pauly aber transparent und erfolgreich: „Der Mann hat genügend zu tun“, versichert der Experte.