Co-Eltern, Regenbogenfamilien und Co. Das bringt das neue Familienrecht

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Erbrecht

Die familiären Lebenswirklichkeiten werden immer vielfältiger: Mit Patchwork-, Regenbogen-, Pflegefamilien und der modernen Reproduktionsmedizin klaffen biologische und soziale Elternschaft immer weiter auseinander. Dem hat sich das Familienrecht angepasst. handwerk magazin und Experten der ARAG Versicherung geben einen Überblick über die aktuelle rechtliche Situation.

Familie
"Vater, Mutter, Kinder" ist das traditionelle Familienbild. Mit Co-Eltern, Patchwork- und Regenbogenfamilien werden Familienmodelle aber immer vielfältiger. Darauf reagiert auch das Familienrecht. - © jpmediainc/iStockphoto

Spätestens seit der Einführung der "Ehe für alle" hinkt das Familienrecht der Lebenswirklichkeit nicht mehr hinterher. Das gilt rechtlich aktuell für Familien:

Stiefeltern und Stiefkinder miteinander verschwägert

Rechtlich gesehen sind Stiefeltern und Stiefkinder nicht miteinander verwandt, sondern lediglich verschwägert. Zwar kann ein Stiefkind durch die so genannte Einbenennung unter bestimmten Voraussetzungen den Namen des Stiefelternteils annehmen, doch rechtlich hat dies nach Auskunft von Experten der ARAG Versicherung keine Auswirkungen. Auch erbrechtlich haben Stiefkinder keinen Anspruch an den verstorbenen Stiefelternteil.

Heiraten Stief- und leiblicher Elternteil, hat der neue Ehegatte nur dann das "kleine Sorgerecht", wenn der leibliche Elternteil vorher das alleinige Sorgerecht hatte. Dann darf der angeheiratete Partner bei alltäglichen und üblichen familiären Fragen im Einvernehmen mit dem leiblichen Elternteil entscheiden – wie etwa bei der Auswahl des Sportvereins oder wann das Kind abends ins Bett geht. Die Schulauswahl beispielsweise obliegt dagegen nur den leiblichen Eltern, die das Sorgerecht haben. Wer möchte, dass die eigenen Kinder und Stiefkinder rechtlich gleichgestellt sind, muss die Stiefkinder adoptieren. Dies ist in Deutschland für Ehepaare und für eingetragene Lebenspartner möglich.

Adoptivkinder sind mit leiblichen Eltern rechtlich nicht mehr verwandt

Leibliche Eltern, die ihr Kind zur Adoption freigeben, müssen auf all ihre Rechte, auch ihr Umgangsrecht, verzichten. Denn adoptierte Kinder sind rechtlich alleinige Kinder ihrer Adoptiveltern und nicht mehr mit ihren leiblichen Eltern verwandt. So entscheiden sich viele Eltern im Ernstfall eher für eine Pflegefamilie, denn Pflegeeltern erhalten nicht das Sorgerecht für das ihnen anvertraute Pflegekind. Sie dürfen lediglich in Angelegenheiten des täglichen Lebens entscheiden.

Diskutiert wird derzeit ein geöffnetes Adoptionsarrangement, das den leiblichen Eltern einen kontrollierten Umgang oder eine Kontaktmöglichkeit zugesteht. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob es dem Kind so erleichtert werden kann, ein eigenes Selbstbild und eine eigene Identität zu entwickeln. Gleichzeitig wird auch darüber diskutiert, ob es in Härtefällen sinnvoll sein kann, Pflegeeltern auch gegen den Willen der leiblichen Eltern das volle Sorgerecht zu übertragen.

Gleichgeschlechtliche Paare dürfen Kind gemeinsam adoptieren

Nach Schätzungen des Deutschen Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) leben in etwa neun Prozent aller gleichgeschlechtlichen Partnerschaften bereits Kinder. Das sind rund 6.600. Ungefähr 40 Prozent dieser Kinder stammen aus früheren heterosexuellen Beziehungen oder Ehen. Sie können vom eingetragenen Lebenspartner schon seit 2013 durch die so genannte Sukzessivadoption relativ einfach adoptiert werden.

Die "Ehe für alle" ermöglicht gleichgeschlechtlichen Paaren erstmals die gemeinsame Adoption eines Kindes. Wird ein Kind in einer ehelichen Gemeinschaft geboren, geht der Gesetzgeber allerdings nicht immer davon aus, dass die Ehepartner auch die Eltern sind:Während in einer heterosexuellen Ehe der Ehemann einer Mutter automatisch rechtlich anerkannter Vater und damit zweites Elternteil ist, muss die Lebenspartnerin einer Mutter ein langwieriges Verfahren der Stiefkindadoption durchlaufen. Erst so kann sie ebenfalls rechtlich anerkanntes Elternteil werden.

Leihmütter sind in Deutschland weiterhin nicht erlaubt

Der Wunsch bei homosexuellen Paaren nach eigenen Kindern ist hoch: Gut 36 Prozent aller kinderlosen Männer-Paare und rund 41 Prozent aller lesbischen Paare wünschen sich Nachwuchs. Während sich eine in einer homosexuellen Beziehung lebende Frau rein rechtlich der Samenspende bedienen darf, haben es homosexuelle Männer deutlich schwerer, eigene Kinder zu haben. Leihmütter sind in Deutschland nicht erlaubt. Wer sich daher im Ausland Hilfe sucht, hat es oft schwer, die gemeinsame Elternschaft in Deutschland anerkennen zu lassen.