Interview mit Finanzchef24-CEO Benjamin Papo: "Die Corona-Pandemie ist eine Chance zum Neustart"

Zugehörige Themenseiten:
Coronavirus, Digitalisierung und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Wie hat die Corona-Pandemie das Thema Gründungen im Handwerk beeinflusst? Für die Antwort auf diese Frage blickt Benjamin Papo, CEO von Finanzchef24, in den Datenschatz der Digital-Company.

auch eine Chance zum Neustart
„Natürlich ist eine Krise ‚challenging‘, aber am Ende ist sie auch immer eine Chance zum Neustart“, erklärt Benjamin Papo mit Blick auf die Corona-Pandemie. - © Jenny Sturm/AdobeStock
handwerk magazin: Herr Papo, als InsureTech-Unternehmen verfügen Sie über einen großen Datenschatz, was Unternehmer und Selbstständige angeht. Wie haben sich die Corona-Krise und der Lockdown im März auf die Gründungen im Handwerk ausgewirkt?

Benjamin Papo: Vielleicht eine kurze Bemerkung vorab: Unser Geschäftsmodell ist bei Gründern sehr beliebt, über 50 Prozent unserer Kunden sind Gründer. Wenn wir jetzt auf das Handwerk im zweiten Quartal blicken, also während des Lockdowns im April/Mai, stellen wir fest, dass die Nachfrage insgesamt zurückgegangen ist. Um 15 Prozent. Was nachvollziehbar ist, weil viele Kleinstunter­nehmer in dieser Zeit sehr verunsichert waren. Spannend ist aber – wenn wir auf unseren Branchendurchschnitt schauen –, dass die Handwerker-Gründer ver­glichen mit dem Vorjahreswert leicht zugenommen haben. Nämlich um vier Prozent in Q2 und um acht Prozent in Q3. Die Anfragen von den Gründern sind also dann wieder zurückgekommen, als das Thema Staatshilfen ein bisschen geregelt und wieder mehr Sicherheit im Markt vorhanden war.

Über welche Gewerke sprechen wir hier konkret?

Wenn wir über Handwerk sprechen, sprechen wir vor allem von Bauhaupt- und Baunebengewerbe. Also alles rund um den Bau. Vor allem kleine Handwerksbetriebe wie Maler, Trockenbauer, aber auch das Dienstleistungsgewerbe.

Wie erklären Sie sich den Wachstums­trend im dritten Quartal?

Aus unserer Sicht gibt es am Ende zwei Trends: Der Bau- und Renovierungsboom hat ja am Ende durch Corona keinen Abbruch gehabt. Natürlich gab es in Q2 erst einmal eine Verunsicherung, in Q3 war aber klar, dass das Thema relativ stabil bleibt. Punkt Nummer zwei: Wenn Krisen stattfinden, gibt es meist danach einen Gründerboom. Das konnte man beispielsweise in der Dotcom-Krise 2001/2002, aber auch in der Finanzkrise 2009/2010 beobachten. Für eine abschließende Bewertung ist es jetzt logischerweise noch zu früh, es könnte aber eine spannende Hypothese sein. Natürlich ist eine Krise ‚challenging‘, aber am Ende ist sie auch immer eine Chance zum Neustart. Und da ist dann unser Modell sehr spannend.

Warum? Sind die heutigen Gründer digitalaffiner als ihre Kollegen früher?

Ja, die heutige und die nächste Genera­tion von Gründern ist logischerweise viel digitalaffiner als es diejenigen Kollegen sind, die schon ein bestehendes Business haben. Handwerker, die heute oftmals schon viel digitaler sind, als viele glauben, suchen nach einer digitalen Lösung für ihre Gewerbeversicherung. Ein Grund, warum wir so stark in diesem Gründersegment sind.

Wie sieht der klassische Handwerker-Gründer aus, der sich über Ihre Online-Vergleichsplattform seine Gewerbeversicherungen besorgt?

Er oder sie ist Mitte dreißig, startet alleine oder mit maximal zwei Mitarbeitern, der Jahresumsatz liegt anfangs bei 100.000 bis 150.000 Euro. Zudem gibt es im Baugewerbe einen signifikanten Anteil an Gründern, die sich nebenberuflich selbstständig machen – und später hauptberuflich das Thema fortführen.

War Ihr Geschäftsmodell von Anfang an so stark auf Gründer ausgerichtet?

Unser Ursprung war zunächst der reine Marktvergleich und der ist auch weiterhin die Basis unseres Geschäftsmodells. Doch die Kunden möchten mehr. Eine einfache, digitale Journey, sodass die ­Gewerbeversicherung mit drei Klicks abschließbar sein muss. Mit klaren Empfehlungsstrecken, immer besseren Produkt­lösungen und digitaler Beratung. Denn im Gegensatz zur traditionellen Welt funktioniert die digitale Welt auch dadurch, dass sie einfacher und transparenter wird. Hier nutzen wir unser Versicherung-Know-how, kombinieren technische Fähigkeiten und Datenkompetenz, um ein neuartiges Kundenerlebnis zu schaffen. Unsere interne Mission lautet deshalb: Wir bringen die Gewerbeversicherung aus der Steinzeit in die Moderne.

Das müssen wir noch ein wenig vertiefen.

Nachdem wir wissen, dass über 50 Prozent der Handwerker mobil beziehungsweise mit Tablet arbeiten und surfen, ist es sehr wichtig, eine möglichst schlanke und kurze digitale Journey zu bauen. „Mobile First“ sozusagen. Basis ist neben einer modernen Usability natürlich die Anzahl der Risiko-Fragen. Also was will und muss der Versicherer wissen, um einen verbindlichen Online-Preis anzubieten. Hier konnten wir gemeinsam mit den Versicherungspartnern diese Art der Digitalisierung stark vorantreiben. Inzwischen erhalten über 75 Prozent aller Handwerker mit wenigen Fragen ein verbindliches Online-Angebot.

Last but not least: Wie hat sich die Pandemie auf Ihre Geschäftsentwicklung ausgewirkt?

Sehr positiv. Wir sehen, dass der Traffic wieder signifikant zurück ist. Wir sehen, dass sich unsere Konvertierungen erhöht haben. Und wir sehen, dass wir von der Kunden- und der Versichererseite einen hohen Zuspruch für unsere digitalen Lösungen haben. Letzteres hat die Pandemie noch einmal beschleunigt.

Herr Papo, vielen Dank für das Gespräch!

Vita Bernjamin Papo

Benjamin Papo
Benjamin Papo: "Wir bringen die Gewerbeversicherung aus der Steinzeit in die Moderne." - © Finanzchef24

Der gebürtige Münchener Benjamin Papo, Jahrgang 1977, zeichnet seit 2017 als Geschäftsführer der Finanzchef24 GmbH verantwortlich. Vor seinem Wechsel zum Insuretech-Unternehmen leitete der studierte Diplom-Kaufmann bei der ING-DiBa unter anderem das Programm zur Digitalen Transformation. Zuvor war er Vorstand für das Privatkundengeschäft bei Interhyp, dem mehrfach ausgezeichneten Marktführer für private Baufinanzierung in Deutschland.