Cluster Neue Netzwerke mit Mehrwert

Betriebe, die sich in Clusternetzwerken organisieren, kooperieren mit Kollegen, Forschern und Wirtschaftsorganisationen. Das bringt auch für innovative Handwerker Vorteile, wie eine neue Studie beweist.

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    © Christian Mader
    Schreinermeister Frank Westermann arbeitet in seinem Cluster mit Architekten und Planern zusammen.
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    © Thomas Niedermüller
    „Eine Teilnahme in Clustern kann für kleine Unternehmen Innovationsprozesse beschleunigen.“ Nils Schmid, ­Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg.
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    © Chart: handwerk magazin
    55 Cluster-Manager wurden befragt, die Mehrheit sieht für Clusterbetriebe einen ­finanziellen Mehrwert.

Neue Netzwerke mit Mehrwert

Frank Westermann ist ein leidenschaftlicher Netzwerker. Der Schreinermeister führt in der dritten Generation die Karl Westermann GmbH & Co. KG in Denkendorf bei Stuttgart, ein Vorzeigeunternehmen für den anspruchsvollen Innenausbau. Zu seinen Kunden zählen Museen, Kanzleien und Ärztehäuser sowie Büro- und Verwaltungsgebäude.

In seinem Cluster mit Namen „ena“ (siehe Seite 25), einem Netzwerk mit Architekten, Fachplanern, Herstellern und Dienstleistern, tauscht sich Westermann regelmäßig aus und knüpft Kontakte, die zu Aufträgen führen können, aber nicht müssen. „Langfristig Vertrauen mit Partnern aufbauen ist viel wichtiger als das  schnelle Geschäft“, erklärt der Handwerker sein Engagement in einem Cluster. Wenn es am Ende zu einem Auftrag kommt – umso besser.

Damit hat Westermann den Nutzen von Clustern ziemlich genau getroffen. Betriebe, die sich in solchen Netzwerken organisieren, kooperieren nicht nur untereinander, sondern auch mit Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie Wirtschaftsorganisationen. Ziel sind neue Produkte und Dienstleistungen, neue Märkte und natürlich neue Aufträge.

Anfänge im Mittelalter

Eigentlich sind Cluster im Handwerk ein alter Hut, es fing schon mit den Gilden im Mittelalter an. „Viele dieser teilweise jahrhundertealten Konzentrationen haben bis heute Bestand und tragen wesentlich zur Entwicklung von Regionen bei“, hat Klaus Müller, Geschäftsführer des Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Uni Göttingen (ifh) in einer Studie herausgefunden. Zum Beispiel die Büchsenmacher in Südthüringen, die Chirurgiemechaniker im Raum Tuttlingen, die Maschinenbauer im Großraum Stuttgart oder die Korbmacher in Oberfranken.

Wie viel Cluster mit Handwerksbeteiligung es gibt, weiß keiner, so Müller, weil es oft keine organisierten Zusammenschlüsse sind. Fest steht nur, dass noch viel zu wenig Handwerker die Vorteile eines Clusters für sich nutzen. So hat aktuell das baden-württembergische Handwerk zusammen mit dem Landeswirtschaftsministerium eine Studie in Auftrag gegeben und Handwerksbetriebe sowie Clusterinitiativen befragt. Dabei kam heraus, dass das Handwerk von dem Clustermanagement noch zu wenig oder gar nicht berücksichtigt wird, dass aber auch umgekehrt den Handwerksorganisationen die Bedeutung und das Potenzial von Clustern noch viel zu wenig bekannt ist.

Damit sich das ändert, gibt die Studie Empfehlungen, wie bestehende Cluster sich stärker für Handwerker öffnen können und wie auf der anderen Seite Handwerksbetriebe von den Vorteilen eines Clusters überzeugt werden können (siehe auch Kasten auf dieser Seite). Denn die Initiatoren der Studie sind sich einig: „Auch Handwerker müssen clustern.“

Vom Sinn eines Clusters überzeugen muss man Dirk Marcel Boxem nicht. Der Qualitätsbeauftragte der Rudolf Medical GmbH & Co.KG in Fridingen bei Tuttlingen ist Mitglied im Cluster „Medical Mountains“, in dem sich Medizintechnikbetriebe zusammengefunden haben. Boxem kämpft mithilfe seiner Clusterkollegen gegen die EU, konkret gegen eine neue Medizinprodukteverordnung, die, wenn sie so wie geplant umgesetzt wird, das Aus für viele handwerkliche Chirurgiemechanikerbetriebe bringen wird, ist Boxem sicher. Der Hintergrund: Nach dem Skandal um gefährliche Brustimplantate will die EU den Patientenschutz strenger regeln. Klinische Studien könnten dann auch für Geräte nötig sein, wie sie Chirurgiemechaniker fertigen. „Eine Schere für Operationen kostet bei uns im Verkauf zehn Euro, eine klinische Studie für das Gerät aber 300 000 Euro, das ist nicht zu finanzieren“, erklärt Boxem. Deshalb wollen er und andere Betriebe im Cluster gemeinsam mit Verbänden und Politikern gegen die EU-Pläne Lobbyarbeit betreiben.

Gemeinsam für die Interessen ihrer Kunden kämpfen die Mitglieder des Vereins ServiceWelten. Das Handwerks- und Dienstleistungsnetzwerk ist aus einem Cluster-Pilot-Projekt der Handwerkskammer Münster entstanden. Das Hauptaugenmerk ist, dem Endkunden allumfassenden Service rund um haushaltsnahe Dienstleistungen zu bieten: Reparaturen, Umbau, Pflege, Reinigung oder Rechtsbeistand.

  • Rat:
  • Keine Berührungsangst
    Was heute Cluster heißt, ist für Handwerker eigentlich nichts Neues, denn die haben sich schon immer gegenseitig unterstützt. Also sollten Handwerker keine Berührungsängste vor Clustern ­haben und mitmachen. Denn es lohnt sich, vorausgesetzt, man ist offen für neue Ideen. Fragen Sie bei Ihrer Kammer oder Fachverband nach, wo in Ihrer Region ein passendes Cluster ist.

Alles aus einer Hand

Handwerker und Dienstleister organisieren sich in regionalen Netzwerken. Wird der Klempner zu einem Wasserschaden gerufen, kann er gleich Reinigungsdienst, Malerbetrieb und gegebenenfalls Rechtsbeistand vermitteln. Dabei geht es vorrangig darum, den Kunden Arbeit abzunehmen. Gerade vor dem Hintergrund der alternden Gesellschaft, die Unterstützung benötigt, um zu Hause leben zu können.

„Ich fühle mich einfach wohl, wenn ich meinen Kunden den umfassenden Service anbieten kann“, erklärt Markus Massmann. Der Malermeister aus Lüdinghausen war von Anfang an beim Clusterprojekt dabei und ist jetzt Vorsitzender des Vereins ServiceWelten. Das Netzwerk bietet aber auch ihm als Betriebsinhaber Vorteile: regelmäßigen Austausch mit und Unterstützung durch andere Unternehmer.

Gründe dafür, dass sich bisher nur wenige Handwerker für die Teilnahme an Clustern entschieden haben, könnten Informations- und insbesondere Zeitmangel der Betriebe sein. Denn der Austausch mit anderen Teilnehmern kann auch Aufwand bedeuten. Gleichzeitig sind die Notwendigkeit und der Nutzen nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Massmann ist da allerdings schon weiter: „Ich glaube fest daran, dass wir mehr erreichen können, wenn wir unsere Kräfte bündeln.“