Das Wirtschafts-Blog von Olaf Deininger Chefsache: Warum Christine Lagarde die Niedrigzinspolitik fortsetzt

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Konjunktur und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Was macht die Wirtschaft? Wohin geht die Entwicklung? Wer sind die Treiber? Der aktuelle Wirtschafts-Blog von handwerk-magazin-Chefredakteur Olaf Deininger liefert Antworten und analysiert Hintergründe. Aktuell: Warum Christine Lagarde die Niedrigzinspolitik fortsetzt.

Chefsache - Das Wirtschaftsblog von Olaf Deininger
handwerk-magazin-Chefredakteur Olaf Deininger analysiert regelmäßig die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung. - © Bernd Schifferdecker

Mit Christine Lagarde übernimmt erstmals eine Politikerin den Chefposten der Europäischen Zentralbank (EZB). Doch deren Spielraum wird in der jetzigen Situation denkbar gering sein.

16.07.2019: Warum Christine Lagarde die Niedrigzinspolitik fortsetzt

Kaum war letzte Woche bekannt geworden, dass Christine Lagarde die Nachfolgerin von EZB-Chef Mario Draghi werden würde, machte der DAX und der Euro Stoxx 50 einen kleinen Satz nach oben. Außerdem: "Die Aussicht auf weiterhin niedrige Leitzinsen ließ die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen auf minus 0,4 Prozent rutschen", schreibt die Wirtschaftswoche in ihrer aktuellen Ausgabe. Bedeutet: Um ihr Geld beim deutschen Staat anzulegen, bringen Anleger sogar noch Geld mit. Denn dort - so deren Kalkül - sei das Geld sicher. Der Geldmarkt rechne mit einer Fortsetzung des bisherigen Kurses der EZB - vor allem auch deshalb, weil Christine Lagardes Spielraum denkbar gering ist.

Die Gründe für diese Entwicklung sind einfach:

  1. Schwache Konjunktur-Aussichten in Europa
    Sinkende Nachfrage der Schwellenländer macht Europa und vor allem deren Industriezentren zunehmend zu schaffen. Die im Augenblick noch niedrige Arbeitslosigkeit in Deutschland liegt in der starken Binnennachfrage.
  2. Sinkende Aussichten auf Wirtschaftswachstum
    Für das zweite Quartal sieht die EU-Kommission nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei den starken Wachstumsbranchen und den Zukunftstechnologien ist Europa eher schlecht aufgestellt.
  3. Hohe Staatsverschuldungen der südlichen Länder
    Würde die EZB die Zinsen merklich anheben, gingen die Schuldenquoten von Griechenland und Italien durch die Decke, schreibt die Wirtschaftswoche. Die Folge wäre, dass sich diese Länder immer schlechter über den Geldmarkt finanzieren könnten. Das Drama von Griechenland begänne von vorne.
  4. Rückläufige Inflation im Euro-Raum
    Mit 1,2 Prozent liegt die Inflation in der Euro-Zone deutlich unter dem Zielwert von knapp zwei Prozent. Eine Ursache dafür sehen Experten in der seit Jahren geübten Lohnzurückhaltung.
In dieser Situation muss auch die neue EZB-Präsidentin Christine Lagarde dafür sorgen, dass in erster Linie das Investitionsklima in Europa günstig bleibt, um die schwachen Konjunkturperspektiven auszugleichen, und dass sich - zweitens - die hochverschuldeten Staaten in Europa weiter aus eigener Kraft finanzieren können und dieses Zeitfenster nutzen, um die Haushalte und Volkswirtschaften zu konsolidieren.

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03.07.2019: Warum der Goldpreis steigt

Erstmals seit 2013 übersprang der Goldpreis in der vorletzten Woche die Marke von 1.400 Dollar für die Feinunze. Und Experten schätzen, dass der Preis in den nächsten zwölf Monaten sogar die 1.500 Dollar erreichen kann. Die Gründe für diese Entwicklung sehen Experten in folgenden Faktoren:

  1. Safe-Harbor-Status
    Gold vermittelt vielen Anlegern das Gefühl von Sicherheit. Angesichts des verbreiteten großen Misstrauens in die Märkte, angesichts neuer drohender Handelskriege, steigender Staatsschulden und volatiler Währungskurse der Schwellenländer parken viele Anleger ihr Geld in dem Edelmetall. Denn viele glauben, dass Gold eine gute Versicherung zum Schutz vor solchen Risiken sei.
  2. Inflationsangst
    Viele Anleger fürchten außerdem eine durch die Niedrigzinspolitik ausgelöste steigende Geldentwertung. Eingesetzt hatte der Höhenflug, als die US-Notenbank Federal Reserve Mitte letzter Woche erstmals wieder Zinssenkungen angekündigt hatte. Es gehe den Anlegern um den "realen Erhalt der Kaufkraft", erklärte Bernd Meyer, Chef-Anlagenstratege der Berenberg-Bank.
  3. Abkühlende US-Wirtschaft
    Kursabschwächungen an den Aktienmärkten treiben Goldanlagen nach oben, wertete der Analyst ANZ Research vorletzte Woche. Da außerdem nun die Wirkungen der Steuersenkungen auf die US-Wirtschaft nachlassen würden, dürfte sich das Wachstum der US-Gewinne im Laufe dieses Jahres verlangsamen. Das Vertrauen der Unternehmen würde zudem durch anhaltende Handelsspannungen beeinträchtigt, was die Unternehmensgewinne erheblich beeinträchtigen würden.
  4. Zentralbanken kaufen Gold
    Der Zentralbank-Einkauf von Gold erreichte im Vorjahr 651,5 Tonnen, der höchste Stand seit 1971 und der zweithöchste in der Geschichte, so die Analysten von ANZ Research weiter. Erhöhte geopolitische und wirtschaftliche Risiken und die Volatilität der Währungen der Schwellenländer hätten die Zentralbanken zur Risikostreuung ihrer Devisenreserven motiviert. Da Gold als gute Absicherung gegen zukünftige strukturelle Veränderungen auf dem internationalen Finanzmarkt gelte, rechnet ANZ Research damit, dass die Zentralbanken ihre Käufe fortsetzen. Die Käufe werden weiterhin in einer Größenordnung von 600 bis 650 Tonnen liegen.
  5. Keine neuen Vorkommen
    Die Fördermenge von Gold halten Experten für die kommenden Monate für sehr stabil. Die Entdeckung neuer großer Vorkommen, die das Angebot deutlich vergrößern könnten, gilt als unwahrscheinlich.

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03.05.2019: Wie das Handwerk von der Bauhaus-Idee profitieren kann

Gerade im Bauhaus-Jubiläums-Jahr frage ich mich immer häufiger, warum das Handwerk nicht stärker seine Expertenschaft für Material, Verarbeitung, Form, Oberfläche, Haptik, Olfaktorik oder Herkunft und Entstehung der Materialien in den Vordergrund stellt.

Disrupt yourself: Ich unterbreche diesen Blog, der sich eigentlich mit den Entwicklungen auf den Geld- und Aktienmärkten beschäftigt, einmal kurz für ein anderes Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Denn einhundert Jahre nach der Gründung des Bauhauses zeigt das Bauhaus-Konzept den Weg zu einem spannenden und zukunftsorientierten Marktsegment für das Handwerk - und vielleicht sogar zu einem neuen Selbstverständnis.

Diese Idee möchte ich Ihnen nahebringen und natürlich auch mit Ihnen diskutieren. Etwa zu Fragen wie: Wie sehen und empfinden Sie das Bauhaus heute? Sehen Sie sich in der Tradition des Bauhauses? Wie schätzen Sie den Premium-Markt ein? Haben Sie Erfahrungen in diesem Segment?

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09.04.2019: Warum der DAX trotz schlechter Aussichten klettert

Letzte Woche übersprang der DAX zum ersten Mal seit 2013 wieder die Marke von 12.000 Punkten. Und dass, obwohl seit mehreren Wochen die negativen Prognosen nicht abreißen. Denn a uch in der letzten Woche setzte sich die Serie der schwachen deutschen Konjunkturdaten weiter fort. So sind die deutschen Exporte im Februar im Vergleich zum Vormonat um 1,3 Prozent zurückgegangen, nachdem sie im Januar bereits stagniert hatten. Das ist der stärkste Rückgang seit einem Jahr. Die Auftragseingänge in der deutschen Industrie waren im Februar um 6 Prozent rückläufig.

Trotzdem kletterte der DAX letzte Woche seit langer Zeit erstmals wieder über 12.000 Punkte. Am gestrigen Montag erreichte er bis Börsenschluss die Marke von 11.983 Punkten. Angesichts der schlechten Aussichten müsste der DAX eigentlich eher weiter verlieren. Die Gründe für die positive Entwicklung liegen in vier Bereichen:

  1. Langfristige Vorschau: Die konjunkturelle Entwicklung auf den Weltmärkten ist im Aktienmarkt bereits eingepreist. Was die Institute seit einigen Monaten melden, ist Anlegern bereits seit längerem bekannt und lange vor den Studienergebnissen etwa in den Einkaufsindices ablesbar. Aus diesem Grund ist die jetzige Entwicklung für die Börsen keine Überraschung.
  2. Hohe Liquidität: Billiges Geld sorgt für eine hohe Liquidität im Markt, was immer auch zu sehr volatilen Börsen- und Kursentwicklungen führt.
  3. Gute Binnenkonjunktur: Eine hohe Binnenkonjunktur in Deutschland, etwa im Baugewerbe, Vollbeschäftigung sowie eine stabile Nachfrage und einen guten Binnenkonsum federn im Augenblick die Entwicklungen auf den Weltmärkten ab.
  4. Positive Aussichten: Das absehbare Ende des Handelsstreits zwischen USA und China und die Aussicht auf ein Handelsabkommen liefern Grund für einen positiven Ausblick in die Zukunft.
Bleibt abzuwarten, wie sich die deutsche Automobilindustrie weiter entwickelt und ob die Transformationen zu neuen Mobiitätskonzepten gelingt.

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25.03.2019: Warum die USA die Leitzinsen doch nicht weiter anheben

Letzten Donnerstag erklärte Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Federal Reserve Bank (Fed), dass er - entgegen früherer Ankündigungen - den Leitzins nicht weiter erhöhen werde. Auch für das laufende Jahr soll es nun keine weiteren Erhöhungen des Leitzinses geben.

Im Dezember letzten Jahres klang dies noch ganz anders: In 2018 hatte die Fed den Zins insgesamt vier Mal – jeweils zum Quartal – um einen Viertelpunkt angehoben. Kurz vor Weihnachten erhöhte Powell den Zins dann von 2,25 auf 2,5 Prozent und erklärte, dass der Leitzins in 2019 zweimal angehoben werden solle. Das nahm er nun zurück.

Analysten hatten diese Maßnahme kommen sehen. Einige Experten hatten sogar bereits mit einer Senkung des Leitzinses gerechnet. Denn allgemein wird die Entscheidung als richtige Maßnahme in der aktuellen Situation angesehen. Aus diesem Grund reagierten die Börsen auch eher positiv auf den unveränderten Zinssatz.

Der Schritt der Fed macht aber auch deutlich, dass die USA die konjunkturelle Entwicklung und die Aussichten der Weltwirtschaft nicht mehr so positiv einschätzen wie noch im letzten Jahr. Auch hier scheint man die eher negativen Folgen des Handelsstreits mit China zu sehen. Außerdem läßt die Wirkung von Trumps Steuererleichterungen für seine Wirtschaft nach. Damit dürfen auch die Aussichten auf Zinserhöhungen in Europa erst einmal wieder in weite Ferne rücken.

Auch das hiesige Handwerk spürt diese allmähliche Abkühlung: Während das Bau- und Ausbaugewerbe laut der Bundesvereinigung Bauwirtschaft für 2018 ein Wachstum von 6,6 Prozent melden konnte, erwartet man für das laufende Jahr 2019 nur noch ein Wachstum von 4,3 Prozent. Allerdings liegt dieser Wert noch über den Raten der Jahre 2017 (4,0 Prozent) und 2016 (3,5 Prozent).

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11.03.2019: Warum Weiterbildung die vierte Säule des Bildungssystems werden muss

Letzte Woche veröffentlichte die Heinrich-Böll-Stiftung eine bemerkenswerte Studie zu den Themen Ausbildung, Weiterbildung und lebenslanges Lerne n - mit höchst relevanten Ergebnissen für das Handwerk. Die Arbeit " Weiterbildung 4.0: Solidarische Lösungen für das lebenslange Lernen im digitalen Zeitalter", die von sieben Experten, darunter auch Professor Dr. Michael Heister , den ich im letzten Jahr zu einem Interview in Bonn getroffen hatte, erstellt wurde, setzt sich mit zwei Kernfragen auseinander: Warum ist lebenslanges Lernen notwendig? Und: Wie lässt es sich organisieren? Dabei gehen die Forscher davon aus, dass die Digitalisierung praktisch genau viele neue Jobs schafft, wie sie alte Jobs vernichtet :

„Die geschätzten Auswirkungen der vollständigen Digitalisierung sind ein Verlust von 1,5 Millionen Arbeitsplätzen bei gleichzeitiger Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in fast gleicher Höhe – es würden da­nach in der Summe also nur etwa 30.000 Arbeitsplätze verloren gehen. Doch bedeutet das keineswegs eine Entwarnung für den Arbeitsmarkt: (...) … neben der Branchen- (werden sich) auch die Berufs- und Anforderungsstruktur deutlich verändern.“

Weiter ist den Forschen klar, dass diese Veränderungen und vor allem die neuen Jobs auch neue Anforderungen und Qualifikationen verlangen. Es handelt sich dabei um Qualifikationen, die viele Menschen nicht im Rahmen ihrer Ausbildung erhalten haben, sondern um neue Qualifikationen, die sie nun über Weiterbildung erwerben müssen :

" So schwierig vorauszusehen ist, wie schnell und in welchem Umfang sich Beschäftigung, Berufe und Tätigkeiten tatsächlich verändern werden, ist doch unbestritten, dass der deutsche Arbeitsmarkt vor erheblichen Umwälzungen steht und Hundertausende von Beschäftigten sich beruflich neu orientieren müssen. Auch Beschäftigte, deren Jobs er­halten bleiben, werden mit grundlegenden Veränderungen an ihrem Arbeitsplatz konfron­tiert sein. Das bedeutet eine enorme Herausforderung für den Weiterbildungssektor, auf die dieser gegenwärtig nicht vorbereitet ist."

Um diese neuen Anforderungen zu bewältigen, so die Autoren, muss „lebenslanges Lernen zum selbstverständlichen Bestandteil jeder Berufsbiografie werden“. Damit das funktionieren kann, muss Weiterbildung als vierte Säule des Bildungssystems etabliert und die im Augenblick „ fragmentierte Weiterbildungslandschaft zu einem kohärenten Weiter­bildungssystem ausgebaut werden.“ Einfach formuliert: die Weiterbildung muss transparenter und verfügbarer werden.

Dazu sollten drei Aspekte, die das Handwerk besonders betreffen, angegangen werden:

  1. Berufsschulen und kleine Betriebe: „Insbesondere Berufsschulen sind aufgrund ihrer Präsenz auch in ländlichen Regionen ge­eignet, für eine wohnortnahe Versorgung mit Weiterbildungsangeboten zu sorgen. (…) Außerdem könnten Berufsschulen eine Schlüsselrolle einnehmen, wenn es darum geht, Mittelstand und Handwerk nicht zu Verlierern der Digitalisierung werden zu lassen. Denn nach wie vor gilt: Je kleiner ein Betrieb ist, desto größer sein Defizit beim „digitalen Reifegrad“ und desto geringer sein Angebot an betrieblicher Weiterbildung für die Beschäftigten. Voraussetzung ist aller­dings, dass sich Berufsschulen auf der Höhe der Zeit befinden, was die technische Aus­stattung und die Qualifizierung des Lehrpersonals angeht.“
  2. Smart Factories und Lernfabriken 4.0: „Immer mehr Bundesländer reagieren auf diese Herausforderung mit der Einrichtung von dezentralen Lernwerkstätten an Berufsschulen. In Niedersachsen heißen sie "Smart Factories", in Baden-Württemberg "Lernfabriken 4.0 ". Ziel dieser Lernwerkstätten ist es, Fach- und Nachwuchskräfte auf die Anforderungen der Digitalisierung vorzubereiten. In einigen Regionen fungieren die Lernwerkstätten bereits als regionale Kompetenzzentren und arbeiten eng mit Wirtschaftsfördergesellschaften, Unternehmen, Gewerkschaften und Kommunen zusammen. Obwohl noch wenig Erfahrungen mit diesen Angeboten vorliegen und Evaluierungen ausstehen, deutet doch einiges darauf hin, dass Lernwerkstätten und regionale Kompetenzzentren ein wichtiger Baustein innerhalb der Weiterbildungsinfra­struktur – insbesondere im ländlichen Raum – werden könnten.“
  3. Wissenschaftliche Weiterbildung und Nicht-Akademiker: „Auch Hochschulen müssen Orte des lebenslangen Lernens werden. Weiterbildung an Hoch­schulen wurde bereits im Hochschulrahmengesetz als zusätzliche Aufgabe formuliert und ist jetzt in den Hochschulgesetzen der Länder zu einer ihrer Kernaufgaben erhoben worden. Trotzdem spielt quartäre Bildung – also wissenschaftliche Weiterbildung – an Hochschulen immer noch eine eher marginale Rolle. Dabei wächst der Anteil der Akademikerinnen und Akademiker an der erwerbstätigen Bevölkerung kontinuierlich – und damit der Bedarf an wissenschaftlicher Weiterbildung. Außerdem bietet wissenschaftliche Weiterbildung die Chance, auch Nichtakademikerinnen und -akademiker für die Hochschulbildung zu ge­winnen und damit einen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit zu leisten. Bereits jetzt ist etwa jede/r Dritte, die oder der eine Weiterbildung an einer deutschen Hochschule beginnt, zuvor nicht an einer solchen eingeschrieben gewesen. Angebote wissenschaftlicher Weiter­bildung bieten zudem die Chance, einen wesentlichen Beitrag zur Öffnung der Hochschulen zu leisten und den Abbau sozialer Disparitäten zu fördern. Um diese Entwicklung zu ver­stärken, sollten Hochschulen deutlich mehr berufsbegleitende Studiengänge anbieten und ihre Weiterbildungsaktivitäten insgesamt stärken."  

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08.03.2019: Warum die EZB die Geldmenge im Euroraum ausweitet

Die EZB lässt Zinsniveau unverändert bei Null Prozent. Banken bekommen neues Geld. Die Europäische Zentralbank erklärte am gestrigen Donnerstag, dass sie bis Ende des Jahres die Leitzinsen unverändert lässt. Die EZB erwartet nur noch etwas mehr als ein Prozent Wachstum für dieses Jahr. Ebenfalls niedriger fallen die Inflationserwartungen aus, sie gehen deutlich unter die Wunschgröße von zwei Prozent zurück.

Weiter hat sie beschlossen, den Banken neue mehrjährige Kredite mit einer Laufzeit von zwei Jahren zur Verfügung zu stellen. Die EZB stellt die Maßnahme als ganz normales Mittel und geldpolitisches Instrument dar, um das rückläufige Wachstum weiter zu stimulieren.

Kritiker, wie etwa die Commerzbank, meinen jedoch, dass mit den neuen Krediten besonders die Banken im Süden Europas mit neuen Mitteln ausgestattet werden sollen, damit sie ihre Staatsanleihenkäufe umfinanzieren können: Es sei eine " Anschlussfinanzierung zum Halten von Staatsanleihen ", wertete etwa Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank.

Nachdem der Dax im Januar und Februar um rund 9 Prozent zulegen konnte, verlor er in der ersten März-Woche erneut.

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04.02.2019: Warum die Deutsche Bank trotz Gewinn nicht gerettet ist

Letzten Freitag verkündete die Deutsche Bank erstmals nach drei Verlustjahren einen kleinen Jahresgewinn. Trotzdem ist die Bank nicht über den Berg.

Verglichen mit anderen Banken ist der Gewinn der Deutschen Bank von 341 Millionen "kaum erwähnenswert" , wertete am Freitag der Deutschlandfunk in seiner Sendung "Wirtschaft am Mittag ". Zum Vergleich: Die spanische Bank Santander verdiente im letzten Jahr rund acht Milliarden Euro. Deise Einschätzung gilt auch, wenn man die Verluste der Deutschen Bank der vergangenen Jahre mit einbezieht: 2017 hatte die Deutsche Bank einen Verlust von 735 Millionen Euro hinnehmen müssen.

"Angesichts solcher rasch möglichen Verluste hält der unabhängige Bankenanalyst Dieter Hein aus dem Hause Fairesearch auch ein Scheitern der Deutschen Bank nicht für unmöglich", meldete der Deutschlandfunk (https://www.zdf.de/nachrichten/heute/deutsche-bank-nach-verlusten-wieder-gewinne-verbucht-100.html ) weiter: "Das ist teilweise zu befürchten, man hat die Erfahrung mit der Commerzbank 2008 gemacht. Und wenn man in guten Zeiten schon kein Geld verdient, wie soll es dann sein in schlechten Zeiten, erklärte Dieter Hein im Interview mit dem Sender.

2008 musste die Commerzbank mit Steuermitteln vor der Pleite gerettet werden. Noch heute ist der Bund mit rund 15 Prozent an der Commerzbank beteiligt und ihr größter Einzelaktionär. Auch eine Chance auf eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank sieht Hein kaum. Sein Fazit: Commerzbank und Deutsche Bank seien die schlechtesten Banken Europas.

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29.01.2019: Warum sich die Kurse trotz negativer Prognosen erholen  

Am morgigen Mittwoch wird Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die Wachstumsprognose für dieses Jahr von 1,8 auf 1,0 Prozent reduzieren, das meldete bereits letzte Woche der Deutschlandfunk.

Ebenfalls in der letzten Woche hatte das Ifo-Institut seinen Geschäftsklima-Index veröffentlicht, der nun bereits zum fünften Mal in Folge gefallen ist – und zwar auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren.

Dr. Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie Deutschland, Österreich und Osteuropa beim Vermögensverwalter Blackrock, erklärte dazu allerdings in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, dass die Prognosen der Institute, Thinktanks und Regierungen grundsätzlich eher späte Indikatoren seien: Die Finanzmärkte hätten die Rezessionsangst bereits im Dezember vorweggenommen: „Damals hat man gesehen, wie stark die Kurse gefallen sind, im Moment erholen sich die Kurse eher“, erklärte der Experte. Viele Marktteilnehmer würden glauben, sie seien im Dezember zu pessimistisch geworden.

Ein Wachstum der deutschen Wirtschaft von 1,0 bis 1,2 Prozent in 2019 sei realistisch, so Lück, und würde keine Katastrophe darstellen. Dazu passt auch die Einschätzung der Bundesregierung, wonach die hiesige Wirtschaft im nächsten Jahr, also in 2020, wieder um rund 1,6 Prozent wachsen werde. Eine Prognose, die von Martin Lück in dem Interview ausdrücklich geteilt wurde.

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25.01.2019: Warum das Bauhandwerk von Draghi profitiert

Am gestrigen Donnerstag gab die Europäische Zentralbank in Frankfurt bekannt, dass sie den Leitzins im Euro-Raum auch weiter auf Null Prozent belassen werde. Die Risiken in der europäischen Wirtschaft, erklärte EZB-Chef Mario Draghi, würden „inzwischen überwiegen“.Die Gründe für diese Entscheidung lägen in folgenden vier Faktoren:
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  1. Anhaltende Unsicherheit im Hinblick auf geopolitische Faktoren (damit ist sowohl die Weltkonjunktur als auch der Handelsstreit zwischen USA und China gemeint).
  2. Gefahr des Protektionismus (wie etwa die Wiedereinführung von Handelszöllen sowie überzogene Subventionen).
  3. Probleme der Schwellenländer (wie etwa die augenblickliche Krise in Venezuela).
  4. Schwankungen an den Finanzmärkten .

Diese "Probleme könnten auf Dauer zu einem Vertrauensverlust führen" und damit die wirtschaftliche Entwicklung bremsen.  

So sehr die EZB damit einmal mehr den Sparern die Hoffnung auf Rendite nimmt, so positiv wird sich diese Entscheidung auf die Bauwirtschaft und das Bauhandwerk in Deutschland bemerkbar machen. Denn die Ursachen für den hiesigen Bau- und Renovierungsboom liegen einerseits am riesigen Bedarf an neuem Wohnraum, andererseits am niedrigen Zins.

Denn der Niedrigzins bescherte uns einen Immobilienboom, sorgte wegen der interessanen Vermietungsrenditen für einen Bauboom und ermunterte in den letzten Jahren Institutionen und private Immobilienbesitzer, anstehende Renovierungen, Schönheitsreparaturen und Ersatzinvestitionen (wie zum Beispiel die Umstellungen von Heizanlagen auf erneuerbare Energien) nicht länger hinauszuschieben. Beide Gründe dürften im Inland für eine weiterhin große Nachfrage nach handwerklichen Leistungen im Bau- und Ausbausektor sowie im Elektro –und SHK-Gewerk sorgen.

Diese Entwicklung erklärt auch, weshalb die meisten Handwerkskammern und Fachverbände für 2019 trotz rückläufigen Wachstums in der Industrie überwiegend positive Prognosen für das Handwerk herausgeben.

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23.01.2019: Warum uns Chinas Wachstum direkt betrifft

Am vergangenen Montag veröffentlichte China die Daten zur Entwicklung seiner Wirtschaft im letzten Jahr: Die Zahlen sind eine Zäsur. Denn die 6,6 Prozent Wirtschaftswachstum in 2018 - eine Zahl, von der andere Volkswirtschaften nur träumen können - sind der niedrigste Wert seit fast 30 Jahren.

Noch eine Trendwende, möchte man sagen. Denn bei der "Werkbank der Welt" schwächt sich das Wachstum ab. Im letzten Quartal 2018 lag der Wert sogar nur bei 6,4 Prozent. Dabei waren über viele Jahre hinweg zweistellige Wachstumsrate n im Reich der Mitte praktisch normal. Seit 2008 hat sich die Wirtschaft in China verdreifacht.

Die Ursachen für die Abschwächung liegen einerseits in einem Strukturwandel. Denn mit dem Übergang vom Schwellenland zur Industrienation ändern sich die Mechanismen: "Je reicher und je entwickelter ein Land wird, desto langsamer wächst es", erklärte Felix Hüfner, Chef-Volkswirt bei der Schweizer UBS-Bank, diese Woche im Deutschlandfunk (https://www.deutschlandfunk.de/wirtschaft-und-gesellschaft.768.de.html).

Auch die Binnennachfrage kühlte sich im letzten Jahr ab - eine Entwicklung, die man aus Angst vor Überhitzung und zu hoher Verschuldung eingeleitet hatte. So wurden etwa Förderprogramme zurückgefahren. Außerdem zeigen die US-Sanktionen, die im zweiten Halbjahr 2018 verhängt wurden, erste Wirkung.

Beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos sieht man diese Entwicklung mit Sorge. Einer dort vorgestellten, aktuellen IWF-Studie zufolge soll Deutschland in diesem Jahr im Vergleich zu den anderen Industrienationen am meisten Wachstum verlieren. Mehr als etwa Frankreich und Italien.

Der Wirtschaftsjournalist und ehemalige Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart wertete gestern in seinem Newsletter "Morning Briefing" (https://www.gaborsteingart.com/morning-briefing):

"Wenn China hustet, bekommt die Weltwirtschaft eine Grippe. Oder anders gesagt: Die spürbare Wachstumsverlangsamung im Reich der Mitte erreicht in diesem Jahr München, Wolfsburg und die schwäbische Alb. Denn besonders betroffen ist die Bundesrepublik; der deutsche Maschinenbau und die hiesige Autoindustrie besitzen in China ihre wichtigsten Absatzmärkte."

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18.01.2019: Was ist eigentlich mit dem Ölpreis los?

Kaum zu glauben: Der Liter Super Benzin lag gestern in manchen Regionen Deutschlands bei 1,28 Euro, heute bei 1,24 Euro. Dabei kannte der Preis in den letzten Monaten nur eine Richtung: Nach oben.

Die OPEC hat ihre Fördermenge erneut reduziert und in den letzten Tagen ihre geplante Reduzierung sogar noch weiter unterboten. Venezuela kann im Augenblick seine geplante Fördermenge nicht halten. Das sind eigentich Hinweise darauf, dass der Rohölpreis und damit der Sprit an den Tankstellen nach oben gehen sollten. Doch das ist seit einigen Tagen offenbar nicht Fall.

Die Gründe liegen in folgenden Punkten:

  1. Iran exportiert: Der Erdölerzeuger Iran exportiert durch einige Ausnahmeregelungen der USA weiter Erdöl an Indien, China, Italien und an die Türkei. Damit hat sich das Szenario eines Totalausfalls eines der größten Erdölproduzenten der Welt nicht realisiert. Diese Aussicht hatte im letzten Jahr zu einem deutlichen Anstieg der Rohölpreise geführt.
  2. US-Produktion boomt: Die US-Rohölproduktion erreicht ein Rekordniveau. Diese Entwickllung hatte ich im Zusammenhang von " Fracking kommt zurück" bereits früher dargestellt. Außerdem liegen die Benzinvorräte knapp unter Allzeithoch.
  3. Nachfrage rückläufig: Die Nachfrage nach Rohöl fällt im Augenblick schneller als das Angebot. Die Ursache liegt darin, dass das konjukturelle Wachstum der Industrie ebenfalls rückläufig ist. Auch der Handelsstreit zwischen China und den USA drückt die Nachfrage.

Das alles wirkt sich natürlich die Preise aus. Vor allem auch deshalb, weil im Ölmarkt das letzte nicht verkaufte Barrrel oder die letzte nicht bediente Kaufanfrage den Preis bestimmt. Trotz dieser kurzfristigen Entwicklung sind sich Experten weitgehend einig, dass der Ölpreis und damit die Spritpreise im Lauf des Jahres 2019 weiter steigen werden. Zumal die Ausnahmeregelungen für den Iran im April auslaufen.

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12.10.2018: Warum die US-Wirtschaft trotz Trump (noch) boomt

„Die USA erleben einen Boom wie seit Jahren nicht mehr“, schrieb vor einigen Wochen das Handelsblatt. Um 2,9 Prozent wachse die dortige Wirtschaft in diesem Jahr. Im zweiten Quartal sogar mit einer enormen Jahresrate von 4,2 Prozent.

Die Arbeitslosenquote liegt in den USA in diesem Jahr bei 4 Prozent und soll 2019 auf 3,5 Prozent fallen. Allein im Juli stieg die Zahl der Industrie- und Handwerksarbeitsplätze um 3,3 Prozent. Es herrscht praktisch Vollbeschäftigung.

Trump hat seine Industrien mit Steuersenkungen befeuert. Mit seiner Iran-Politik, die zu steigenden Ölpreisen führte, machte er Fracking und sogar den US-Bergbau wieder rentabel. Das bringt viele Experten dazu, vor einem wirtschaftlichen Strohfeuer in den USA zu warnen: Der Boom sei nur eine Momentaufnahme, das Wachstum würde sich abschwächen. Kritikern scheint die Börsenentwicklung in dieser Woche recht zu geben. Doch tatsächlich zeigt sie aber nur aktuelle politische Nervositäten, die vom US-Wahlkampf getrieben sind.

Denn die US-Wirtschaft wuchs bereits vor dem Amtsantritt von Trump. In den USA sitzen die wichtigsten Schlüsselindustrien der Zukunft und die wertvollsten Unternehmen der Welt . Das sind in absteigender Reihenfolge die US-Firmen:Apple, die Google-Mutter Alphabet, Microsoft, Amazon, Facebook, Berkshire-Hathaway, Johnson & Johnson und JPMorgan Chase. Viele sind praktisch Monopolisten, Weltmarktfüher, in sogenannten „Winner-tales-it-all“-Märkten aktiv, also in Märkten, in denen auf Dauer kaum ein zweiter Anbieter überleben kann.

Ein Beispiel: Google sammelt rund 44 Prozent der weltweiten Online-Werbeausgaben ein, Facebook knappp 19 Prozent. Die digitale Wirtschaft wird auch in Zukunft weiter wachsen, besonders die US-Plattformen. Und auch das high-tech-intensive produzierende Gewerbe wachse nach einer aktuellen Studie derzeit schneller als die weitaus größere Dienstleistungswirtschaft. Die USA haben trotz "Rust Belt", "Old Economy" und vergammelten Landstrichen den Switch von den alten zu den neuen Industrien geschafft.  

Hinzu kommt die Situation in anderen Schlüsselmärkten : Denn wo soll man im Augenblick sein Geld anlegen?Während Investitionen und Kapital aus den Schwellenländern abwandern, die Türkei und Venezuela vor der Pleite stehen, sich das Wachstum für Europa abkühlt, Italien zum neuen-alten Problemland wird und der Brexit sich zum Desaster entwickeln könnte, bleibt – so preisen Investmentbanken – nur noch die US-Wirtschaft als attraktiver und verlässlicher Anlagemark t. Und damit könnten die Investmentbanken recht haben.

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04.09.2018: Warum die Schwellenländer gerade in die Krise rutschen

Türkei, Argentinien, Venezuela, Brasilien, Russland, Südafrika, Indien und Indonesien: Die Schwellenländer rutschen ab. Sie leiden unter dem Wertverfall ihrer Währungen, einer galoppierenden Inflation, rückläufigen Börsenwerten und dem schwindendem Vertrauen der Anleger.

Noch vor zehn Jahren galten diese Volkswirtschaften mit interessanten Wachstumsraten im Bruttosozialprodukt und den Wechselkursen ihrer Währungen als sicherer Tipp für Anleger. Doch das war einmal. Wie wir in den letzten Monaten immer deutlicher sehen.

Die Ursachen für diese Entwicklungen sind beinahe überall die gleichen: hohe Staatsverschuldung, zu viel Geld im Umlauf, Importüberschuss, instabile politische Verhältnisse, kaum Demokratie, geringe Rechtssicherheit, Willkür, mitunter Korruption, keine funktionierende Wirtschaft- und Sozialpolitik.

Das geht immer eine Weile gut. Meistens deshalb, weil die Märkte glauben, dass wirtschaftliches Wachstum ganz von selbst stabile Verhältnisse produziert. Etwa eine Mittelschicht entstehen lässt, die Unterschiede in einer Gesellschaft dämpft. Oder eine Wirtschafts- und Sozialpolitik entstehen lässt, die auf Vollbeschäftigung zielt. Dieser Ansatz nennt sich Konvergenztheorie. Sie besagt:

"industrialisierte Länder, die anfänglich unterschiedlich strukturiert sind, gleichen technischen und wirtschaftlichen Sachzwängen ausgesetzt und müssen daher ähnliche Lösungswege einschlagen: Die Wirtschaftsordnungen werden sich daher immer ähnlicher."

Doch jetzt sehen wir: So ist das nicht unbedingt. Zumindest dann nicht, wenn es in den entsprechenden Ländern mit der Demokratie und mit dem Rechtsstaat hapert . Denn oft steigt den Oligarchen ihr schneller Wachstumserfolg in den Kopf. Denn werden immer mehr Prestigeprojekte mit immer mehr gepumptem Geld finanziert. So lange, bis es nicht mehr geht. Genau das erleben wir gerade in der Türkei und den anderen Schwellenländern.

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14.08.2018: Warum die Türkei-Krise absehbar war

Nachdem der Wert der türkischen Lira am letzten Freitag um 15 Prozent einbrach, verlor sie am Montag noch einmal deutlich: Ein neuer Tiefpunkt einer bereits länger andauernden Talfahrt, die eigentlich nur sehr wenig mit Trumps Strafzöllen zu tun hat.

Um es vorweg zu nehmen: Die am Montag in Kraft getretenen und noch einmal verschärften neuen Strafzölle der USA auf Aluminium, Eisen und Stahl aus der Türkei sind es nicht. Sie sind bestenfalls der Auslöser dafür, dass sich die Talfahrt der türkischen Lira noch einmal beschleunigte.

"Große Wirkung, geringer Betrag", kommentierte Claus Kleber im heute journal die aktuelle Entwicklung: Denn laut der Nachrichtensendung macht der Wert des von der Türkei in die USA exportierten Stahls, Eisens und Aluminiums gerade einmal 0,7 Prozent der Gesamtexporte aus. Und das seien nur rund 980 Millionen Euro. Die Zölle darauf, vermeldete das ZDF süffisant, entsprächen gerade einmal der Summe, die Erdogan für seinen Präsidentenpalast ausgegeben hatte.

Das jetzige Problem zeichnete sich eigentlich schon lange ab. Nachdem Erdogan die Türkei 2002 vor einem Staatsbankrott rettete, führte er eine straffe und exportorientierte Wirtschaftspolitik ein. Um die Wirtschaft anzukurbeln und ein günstiges Investitionsklima zu schaffen, senkte er ab 2004 die Zinsen stark und begann die Geldmenge zu erhöhen. Einfach gesagt: Er druckte Geld.

Am Anfang ging das auf: Die Türkei konnte eine eigene Industrie aufbauen, den Anteil der Landwirtschaft an der Wertschöpfung reduzieren und den Tourismus voranbringen. Die Exporte stiegen und Devisen flossen ins Land. Erdogan konnte auch die Inflation von teilweise dreistelligen Prozentwerten in den 1990er-Jahren auf sieben Prozent reduzieren. Das Wirtschaftswachstum stieg bis auf knapp zehn Prozent im Jahr 2004.

Doch um seine Prestige-Projekte wie Brücken und Tunnels zu finanzieren, brauchte er weiter billiges Geld. Also ließ er den Zins niedrig und erhöhte weiter die Geldmenge. Dem Magazin Focus sagte am Montag der renommierte spanische Volkswirt, Fondsmanager und Autor Daniel Lacalle, dass die Entwicklung ein Beleg für die völlige Fehleinschätzung jener Experten sei, die behaupten, ein Land könne unbegrenzt viel Geld schöpfen, ohne dass es Risiken oder schlussendlich einen Zahlungsausfall gäbe. „ Die Geldmenge der Türkei hat sich in den vergangenen sieben Jahren verdreifacht“, so der Experte. Zuletzt war die Geldmenge auf den Rekordwert von 511,9 Milliarden Lira (65,5 Mrd. Euro) nach oben geschossen.

Doch mit der steigenden Geldmenge verlor die Lira zunehmend an Wert. Damit setzte ein Teufelskreis ein: Die Inflation kam zurück und beträgt heute rund 16 Prozent. Mit dem Wertverlust der Lira gegenüber Dollar und Euro stiegen die Schuldendienste der Devisendarlehen des Staates und vieler türkischer Unternehmen im Ausland stark an. Investoren zogen sich aus der Türkei zurück. Türkische Staatsanleihen stufte Moody's in diesem Jahr auf "Ramschniveau" herab. Mittlerweile muss die Türkei ihre Anleihen mit knapp 13 Prozent verzinsen, um Abnehmer zu finden.

Hinzukam, dass der Tourismus angesichts antidemokratischer und autokratischer Tendenzen in der Türkei schrumpfte. In den ersten neun Monaten des Jahres 2016 ging die Zahl der ausländischen Touristen um ein Drittel zurück. Die Deviseneinnahmen aus dem Tourismus reduzierten sich von 24,9 Milliarden US-Dollar (Januar bis September 2015) auf 17,3 Milliarden Dollar (Januar bis September 2016). Damit fließen immer weniger der dringend benötigten Devisen in die Türkei.

Am Montag pumpte die türkische Zentralbank dann noch einmal Geld in den Markt. Erdogan erklärte, er werde den Zins als Mittel gegen die Inflation weiter niedrig halten. Die Folge: Der Kurs zeigt sich weiter im Sinkflug. Die Krise der Türkei ist also hausgemacht. Und: Die Rezepte von Erogan greifen nicht. Trump ist diesmal nur der Katalysator.

Neben sicherheitspolitischen Überlegungen (Türkei ist Nato-Mitglied) sind Europa und Deutschland auch wirtschaftlich von dieser Entwicklung betroffen: Hauptsächlich französische, spanische und italienische Banken sind in der Türkei investiert, also Gläubiger. Deutschland exportiert jährlich Waren im Wert von 21,5 Milliarden Euro in die Türkei. Das sind ca. 1,7 Prozenz unserer Gesamtexporten. Wichtigstes Exportland sind die USA, allerdings weit unterhalb der EU-Länder zusammengenommen.

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03.08.2018: Warum wir weniger arbeiten sollten, um mehr zu tun

Beim jährlichen Presse-Dinner setzt sich der Software-Hersteller und Fachverlag Haufe Lexware gerne mit Querdenkern auseinander. Diesmal mit dem jungen holländischen Philosophen Rutger Bregman, der unser Verständnis von Arbeit neu denken möchte.

Letzte Woche fand das Presse-Dinner statt, zu dem Haufe-Lexware einmal im Jahr in ein Münchner Lokal uns und etliche Kollegen aus der Computer- und Fachpresse einlädt. Das ist nicht nur ein nettes Abendessen, bei dem man auf eine entspannte Haufe-Geschäftsführung und viele nette Kollegen trifft. Haufe-Holding-Geschäftsführer Markus Reithwiesner gibt auch einen Einblick in das, was ihn in den letzten Monaten jenseits des Tagesgeschäfts und der Konzernsteuerung beschäftigt. Das lässt auch immer ein wenig in seine weltanschaulichen Ansichten blicken.

Im letzten Jahr präsentierten die Leute von Haufe Tim Leberecht (timleberecht.de). Einen Querdenker, der in seinem kleinen Vortrag der Runde erläuterte, warum wir angesichts einer zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung unseres beruflichen Alltags die „Romantik“ wieder neu entdecken müssten. Richtig! Gemeint ist die Romantik der Dichter Hölderlin und Novalis oder der Künstler Caspar David Friedrich und William Turner.

Einerseits sollten wir Menschen gar nicht erst mit Maschinen und Algorithmen konkurrieren, so Leberecht. Denn die können beispielsweise künftig – trotz heutiger Kinderkrankheiten – einfach besser und sicherer Autofahren, Daten von A nach B schieben, die Steuer ausrechnen, Ziegelsteinwände mauern und Autos zusammensetzen. Wir sollten uns darauf konzentrieren, was wir Menschen wirklich besser als Maschinen können. Gedichte schreiben etwa. Oder Bilder malen.

Das klingt lustig. Und man kann natürlich einwenden, dass kein Haus mit einem Gedicht hergestellt werden kann. Was Tim Leberecht aber meint, ist, dass keine Maschine ein tolles Haus entwerfen kann. Oder einen Bauhaus-Freischwinger (der geniale Stuhl des Tischlers Marcel Breuer) entwerfen kann. Oder die einzigartige Positionierung eines Unternehmens erfinden. Oder das Design eines iPhones. Alles, was für das Geschäft wirklich wichtig ist, liegt in der Kreativität der Menschen, sagte Leberecht damals. Den Rest können wir getrost den Maschinen überlassen. Das klappt aber nur, wenn wir wieder zu der Arbeitsweise der Romantiker finden.

Ich fand diesen Ansatz damals so anregend für das Handwerk (und finde das noch), dass wir Tim Leberecht im Podiumsgespräch bei der Eröffnung der Internationalen Handwerksmesse in München im März dieses Jahres präsentieren konnten.

Letzte Woche überraschte nun Haufe-Chef Markus Reithwiesner mit einer kleinen Rede über den 1988 geborenen niederländischen Philosophen Rutger Bregman (rutgerbregman.com). In seinem kürzlich auf Deutsch erschienenen Buch „Utopien für Realisten“ heißt es in der Unterzeile: „ Die Zeit ist reif für die 15-Stunden-Woche, offene Grenzen und das bedingungslose Grundeinkommen“. Bregman ist ein spannender Zeitgenosse. Hier einige seiner Kernpunkte. Auf der Website des inzwischen eingestellten Magazins Neon schreibt Linus Günther (Headline: „Weniger arbeiten, um mehr zu tun“) über ihn:

Auf die Frage, wie viele Stunden er denn pro Woche arbeite, antwortet Bregman: "Ich glaube null", denn all seine Arbeit sei intrinsisch motiviert, als würde er spielen und nicht arbeiten. Und das sei seine Idealvorstellung für die gesamte Gesellschaft. Wenn jeder nur das machen würde, was ihm Spaß macht, würden wir sehen, wie viel Arbeit am Ende wirklich noch anfällt, die keiner machen will. Er glaubt, das wäre gar nicht so viel.

Im Klappentext zu seinem Buch wird Bregman mit dem Satz zitiert: „ Das wahre Problem unserer Zeit ist nicht, dass es uns nicht gut ginge oder dass es uns in Zukunft schlechter gehen könnte. Das wahre Problem ist, dass wir uns nichts Besseres vorstellen können.“ Im Interview mit der Süddeutschen sagte er: „Jede zivilisatorische Errungenschaft war irgendwann eine utopische Fantasie", was die Kollegen sofort als Headline gesetzt haben. 

Ich bin jetzt nicht unbedingt ein Freund des bedingungslosen Grundeinkommens. Aber finde es klasse, wenn sich Geschäftsführer nicht nur mit kurzfristigen Zielen und Microverbesserungen der Geschäftsabläufe beschäftigen, sondern sich diesen gesellschaftlichen Fragen stellen. Denn mit solchen Überlegungen können wir die Wirtschaft weiterentwickeln und unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Und außerdem noch eine bessere Lebensqualität für alle schaffen und eine größere gesellschaftliche Gerechtigkeit herstellen.

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25.07.2018: Warum Facebook ein Problem von uns allen ist

Vorbereitung für ein Telefon-Interview mit Sygne Dorenburg , Sales Manager bei Facebook für KMUs, am morgigen Donnerstag. Es soll um kleine und mittlere Firmen gehen und deren Chancen durch Facebook. Wir verhandeln über die Fragen. Dabei sind mir einige Dinge über diese Plattform klargeworden.

Die PR-Agentur, die das Interview angeboten hatte, wollte die Fragen vorab. Ich hatte letzte Woche einen kleinen Katalog von Fragen geschickt, allerdings auch klar gemacht, dass ich jederzeit weitere Fragen, die sich spontan im Gespräch ergeben, stellen werde.

Facebook hätte am liebsten nur Business-Fragen, erklärten sie mir. Doch es geht mir auch um die gesellschaftliche Verantwortung der Plattform. Der Sprecher von Facebook versuchte mich davon abzubringen. Ich machte deutlich: Entweder wir sprechen über alle relevanten Themen. Oder wir lassen es ganz sein. Facebook stimmte dann zu.

Ich habe im Augenblick den Eindruck, dass sich Facebook gerne als reine technische Plattform sieht, die lediglich Funktionalitäten von Social Media zur Verfügung stellt und ansonsten mit den damit verbreiteten Inhalten nichts zu tun haben möchte. Ähnlich wie ein Kneipenwirt, der ja auch für die Gespräche an seiner Bar oder an den Tischen nicht verantwortlich ist. Das scheint plausibel. Scheint!

Kürzlich wurde nun Facebook-Chef Mark Zuckerberg gefragt, ob er etwa gegen Holocaust-Leugner auf seiner Plattform etwas unternehmen möchte, oder ob jeder jedes krude und falsche Zeug behaupten könne. Er sagte: Man werde keine Posts löschen. Auch keine offensichtlich oder objektiv falschen Posts. Auch die von Holocaust-Leugnern nicht. Was man tun werde: Der Algorithmus werde so eingestellt, dass diese Posts immer weniger Nutzern angezeigt würden.

Mit anderen Worten: Immer mehr Menschen sehen nur das, was sie selbst glauben. Falsche, krude, bösartige, rassistische, nazistische Standpunkte bestätigen sich damit immer stärker gegenseitig. Einfach gesagt: Hate-Speaker bestätigen sich gegenseitig. Und natürlich auch: Schönredner bestätigen sich ebenfalls gegenseitig. Die Filterblase wird immer enger und bestätigt die Menschen - im Guten wie im Schlechten. Und: Die Chance auf Widerspruch besteht immer weniger.

Das ist aus meiner Sicht ein Problem. Und zwar keines, was sich sich sozusagen nur auf dem Firmengelände von Facebook abspielen würde - und damit nur ein Facebook-Problem wäre. Es ist ein gesellschaftliches Problem! Warum?

Facebook kommt im Augenblick in Deutschland auf rund 27 Millionen Nutzer. Das sind knapp ein Drittel der Gesamtbevölkerung und knapp zwei Drittel der arbeitenden Bevölkerung. Weltweit kommt Google auf 2 Milliarden Nutzer. Die Weltbevölkerung liegt bei 7,6 Milliarden Menschen.

Bei diesen gigantischen Nutzerzahlen ist Facebook ein Teil unseres öffentlichen Raumes. Und so wie wir unseren nicht virtuellen öffentlichen Raum regulieren, etwa durch die Straßenverkehrsordnung oder durch Verordnungen, die regeln, wie lange Wahlkampfplakate aufgehängt werden dürfen, sollten wir auch diesen neuen, digitalen öffentlichen Raum regulieren. Die Presse kann man ebenfalls zu unserem öffentlichen gesellschaftlichen Raum zählen. Aus diesem Grund gibt es etwa ein Pressegesetz, das unter anderem festlegt, dass jedes Presseerzeugnis (man spricht hier bewußt nicht von Presseprodukt) eine verantwortliche natürliche Person haben muss (also keine Firma, keine Stiftung, sondern ein Mensch).

Was will ich damit sagen? Eine Plattform, auf der ein Viertel der Weltbevölkerung miteinander kommuniziert, ist keine Privatangelegenheit mehr. Vor allem dann, wenn die technischen Prinzipien, die dahinter stehen, darüber bestimmen, wie wir die Welt sehen und was wir für richtig und falsch halten. Es ist Sache von uns allen. Darum ist Facebook ein Problem von uns allen, ein Teil von uns allen, von unserer Gesellschaft - und muss deshalb dringend reguliert werden. Das kann nicht mehr den persönlichen Fähigkeiten oder Unfähigeiten von Mark Zuckerberg überlassen werden. Denn es besteht die Befürchtung, dass das technische Prinzip, das dahinter steht, die Menschen eher trennt, spaltet, entzweit, Vorurteile aufbaut und verstärkt und am Ende Solidarität und Zusammenhalt vernichtet.

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18.07.2018: Warum die Handwerksorganisation die Plattform-Revolution ernst nehmen sollte

Ich hatte es im Beitrag vom Samstag über die Pläne der DATEV bereits angedeutet, dass ich das Thema Plattform-Geschäft noch einmal aus Sicht des Handwerks genauer unter die Lupe nehmen werde. Hier will ich noch einmal definieren, was da gerade im Markt passiert.

DATEV-Vorstandschef Dr. Robert Mayr hatte es in der Rede auf der Pressekonferenz vergangenen Freitag bereits sehr gut auf den Punkt gebracht: „Wir sehen, dass diese sogenannte Plattform-Ökonomie in allen Branchen um sich greift.“ Das gilt aus meiner Sicht auch für das Handwerk.

Online-Plattformen bündeln Nachfrage und vermitteln sie an die Leistungsersteller weiter. Ein Beispiel: Manche Malerbetriebe, die vor etwa drei oder vier Jahren als erste erkannten, dass sich immer mehr Kunden für fugenlose Bäder interessierten und die Teile ihrer Website auf diese beiden Suchbegriffe hin optimiert haben, machten die Erfahrung, dass sich auf einmal Interessenten aus der gesamten Bundesrepublik bei ihnen meldeten. Es gab noch wenige Betriebe, die diese beiden Begriffe auf ihre Websites integriert hatten, also landeten Interessenten aus Flensburg oder aus Dresden auf der Website eines Betriebs in Reutlingen - oder umgekehrt. Hier fand also eine Bündelung von Nachfrage statt. Das ist grundsätzlich die Funktionsweise von Plattform-Business.

Nur dass es eben nicht mehr die einzelnen Betriebe sind, die diese Nachfrage auf sich ziehen, sondern große Plattformen - wie etwa der Badrenovierer Banovo oder der Heizungsbauer Thermondo (rund 60.000 Angebote in den ersten zwölf Monaten). Diese Plattformen können für ihre Dienstleistung mehr Mittel in Content-Marketing und Suchmaschinenoptimierung stecken, als einzelne Betriebe. Deshalb werden sie im Suchmaschinenranking meist auch besser abschneiden als der Betrieb. Eine Ausnahme gibt es: Sucht der Kunde bewusst mit einem Ortsnahmen (etwa: „Badrenovierung Freising“), hat der Betrieb noch große Chancen, vom Kunden gefunden zu werden.  

Was diese Entwicklung hin zum Plattform-Geschäft nun für die Betriebe bedeutet, lässt Vorstand Mayr ebenfalls durchblicken: „Was für den Kunden (von Online-Plattformen – Anm. des Autors) ein echter Mehrwert ist, bedeutet für den eigentlichen Leistungsersteller: Er verliert den direkten Kundenkontakt, verschwindet hinter der Plattform und wird auswechselbar.“ Das ist das, was vielen Betrieben blühen könnte, wenn die unzähligen Handwerks-Plattformen reüssieren. Die Plattform-Revolution marginalisiert die Betriebe, weil die Firmen den Markt- und Kundenzugang sowie die Hoheit über Kunden- und Auftragsdaten verlieren und zu simplen Produktionsfaktoren werden .

Wir sehen heute, wie Amazon dem Buchhandel zugesetzt hat. Oder etliche Reiseplattformen den Reisebüros. Oder: Würden Sie heute noch eine Videothek eröffnen? Aus diesem Grund plädiere ich dafür, dass die Handwerksorganisationen dringend darüber nachdenken, wie man den Handwerksbetrieben den Sprung in diese Plattform-Ökonomie ermöglicht.  

Erste, eher zaghafte Versuche gibt es schon: Der Fachverband der Tischler NRW ist – oder war – auf dem richtigen Weg. Denn die Website mehr-stauraum.de ist eigentlich genau die richtige Maßnahme, um Betriebe an der Plattform-Ökonomie teilhaben zu lassen: Eine starke Plattform sammelt die Menschen ein, die auf der Suche sind nach einem Dienstleister, der Einbaumöbel realisiert, und dabei den Begriff „Stauraum“ in Google eingeben. Ganz so, wie ich das oben am Beispiel der Suchbegriffe „Fugenlose Bäder“ oder „Fugenloses Bad“ erklärt habe.

Das Problem bei mehr-stauraum.de: die Landing-Page (so nennt man eine Seite, die Suchmaschinenreichweite, also die Leute, die nach etwas Bestimmtem suchen, einsammelt) wurde nicht weiterentwickelt, nicht suchmaschinenoptimiert, und wenn Sie heute „Stauraum“ bei Google eingeben, dann erscheint mehr-stauraum.de der NRW-Tischler gar nicht unter den ersten drei Seiten. „Stauraum“ ist ein wichtiges Keyword, das sich jetzt der Händler stauraum-shop.de, das Magazin Schöner Wohnen und Ikea unter den Nagel gerissen haben. Allerdings – und das gibt Hoffnung: Sucht man nach „Mehr Stauraum“, ist die NRW-Site gleich der erste Treffer. Hier wäre allerdings noch das Snippet zu optimieren.

Und noch ein anderer Aspekt dieses Themas: Weshalb gibt es eigentlich kein europäisches oder deutsches Google? Kein europäisches Facebook? Oder kein europäisches Amazon? Ganz einfach: Weil sich die europäischen Verlagsmanager viel zu lange gegenseitig darin bestätigt haben, dass das Internet überschätzt werde, man nicht jedem Hype hinterherlaufen sollte, es so schlimm schon nicht kommen werde und die Menschen auch weiterhin brav Gedrucktes kaufen und in die Läden strömen.

Das hat sich im Nachhinein alles als nicht richtig herausgestellt. Beim Plattform-Thema sollte es den Betrieben und der Handwerksorganisation nicht ähnlich ergehen.

  • Eine umfassende Analyse der Hintergründe der Plattform-Ökonmie finden Sie in unserer Juni-Ausgabe . Alle Trends und aktuellen Entwicklungen zum Thema erfahren Sie auf unserer Themenseite " Plattform Business "

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14.07.2018: Die DATEV steigt ins Plattform-Geschäft ein

Wenn alles wie geplant läuft, läutet die Jahrespressekonferenz der DATEV am gestrigen Freitag in Nürnberg wahrscheinlich eine neue Epoche in die Geschichte der Genossenschaft ein.

Denn dort stellte der Vorstandsvorsitzende Dr. Robert Mayr ein Projekt vor, das mit mit dem bisherigen Selbstverständnis der DATEV kaum möglich gewesen wäre. Doch eigentlich besteht das Projekt aus vier Einzelprojekten, die sich ergänzen sollen:

1. eine umfassende Online-Plattform inklusive App für die Organisation von privaten Finanzen – natürlich inkl. sämtlicher steuerlicher Aspekte. Zielgruppe - und das ist die erste Sensation: private Steuerbürger. Damit verlässt die DATEV ihr jahrzehntelang gepflegtes Dogma, ausschließlich im Business-to-Business-Markt aktiv zu sein.

2. eine Integrationsplattform, die für die neuen Consumer-Kunden alle finanziellen Partner einbinden können. Einfach gesagt: mit der oben beschriebenen Lösung sollen Kunden künftig in der Lage sein, auch die Transaktionen bei ihren unterschiedlichen Banken organisieren zu können. Kunden brauchen dann nicht mehr ihre Volksbank- oder Sparkassen-App starten, wenn sie eine Überweisung machen möchten. Das kann man künftig von der DATEV-App aus machen, die - logisch - bestimmte Transaktionen gleich für die Steuererklärung festhält. Beispiel: Werden etwa die Kosten für eine Weiterbildung überwiesen, merkt sich die Anwendung diesen Betrag gleich unter Werbekosten für die Einkommensteuererklärung oder für den Lohnsteuerjahresausgleich vor.

3. eine Plattform, die Steuerberatern neue Kunden generiert. Natürlich soll die Steuerbürgerplattform all jeden Nutzern, die keine Lust haben, ihre Steuererklärung selbst zu erstellen, den geeigneten Steuerberater vermitteln. Dabei werden dann nur solche Berater berücksichtigt, die bereits DATEV-Kunden sind und die - wenn der Nutzer dies wünscht - in der Nähe und gut zu erreichen sind. Doch nicht nur das.

4. eine Funktion zur Bewertung von Steuerberatern. Weiteres Kriterium neben DATEV-Zugehörigkeit und regionaler Nähe sollen auch Kunden- oder Mandanten-Bewertungen über Steuerberatern sein. Der Nutzer kann sich anzeigen lassen, wie zufrieden die Mandanten mit dem jeweiligen Steuerberater sind. Damit schafft die DATEV ein weiteres, diesmal vom Kunden selbst getriebenes Qualitätssicherungs-System. Sie sorgt damit auch für eine steigende Kundenorientierung der Kanzleien und Steuerberaterbüros sowie erhöht den Innovationsdruck auf die Berater.

Zur steigenden Relevanz der Plattform-Ökonomie für alle Branchen erklärte DATEV-Chef Mayr auf der Pressekonferenz: „Was für den Kunden ein echter Mehrwert ist, bedeutet für den eigentlichen Leistungsersteller: Er verliert den direkten Kundenkontakt, verschwindet hinter der Plattform und wird auswechselbar. Wir sehen, dass diese sogenannte Plattformökonomie in allen Branchen um sich greift, auch vor der Steuerberatung macht sie nicht halt.“ Wer die gesame Rede lesen möchte: Hier geht es zur Quelle: https://www.datev.de/web/de/m/presse/im-fokus/aktuelle-themen/jahrespressekonferenz/dr-robert-mayr-vorsitznder-des-vorstands-datev-eg.html

Auch am Handwerk gehen diese Entwicklungen natürlich nicht vorbei. Das sehen wir etwa an Projekten wie der Heizungs-Installations-Plattform Thermondo (thermondo.de) oder am Badsanierungs-Portal Banovo (banovo.de). Dazu in Kürze mehr.

  • Eine umfassende Analyse der Hintergründe der Plattform-Ökonmie finden Sie in unserer Juni-Ausgabe . Alle Trends und aktuellen Entwicklungen zum Thema erfahren Sie auf unserer Themenseite " Plattform Business "

PS: Zu unserem gemeinsamen Projekt "DATEV Smart Transfer" zusammen mit Würth und DATEV erfahren Sie auf unserer Website in Kürze mehr.

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11.07.2018: Der Handelsstreit zwischen USA und China eskaliert

Nachdem die USA vergangenen Samstag die Sonderzölle auf eine Reihe von Produkten aus China in Kraft gesetzt haben, das Riesenreich darauf ebenfalls mit erhöhten Zöllen auf bestimmte US-Waren reagiert hat, legt US-Präsident Trump heute nach: Eine neue Liste definiert weitere Produkte, die in zwei Monaten mit Extrazöllen belegt werden sollen.

Neue alte Freunde: China braucht neue wirtschaftliche Verbündete. Denn seit Trump keine Eskalation im Handelskrieg scheut, sieht sich das Riesenreich zunehmend unter Druck. So warb Chinas Premier Li Kegiang beim Staatsbesuch Anfang der Woche in Berlin um die deutsche und die europäische Wirtschaft.

Deutsche Firmen unterzeichneten in Berlin rund 22 Abkommen mit chinesischen Unternehmen, darunter Kooperationsvereinbarungen für autonomes Fahren und die Entwicklung einer Plattform für das Internet der Dinge.

Eigentlich eine gute Gelegenheit, um mit China über die weitere Lockerungen der Bedingungen für Investitionen im Reich der Mitte zu sprechen. Denn bislang müssen westliche Unternehmen, die in China eigene Kapazitäten aufbauen wollten, stets eine chinesische Firma mit als Gesellschafter aufnehmen. Zwar wurde dieser Joint-Venture-Zwang gelockert, doch erst in 2020 soll die Senkung der Beteiligungsgrenzen für Nutzfahrzeuge kommen. Ab 2022 dann die Verringerung der Grenzen für PKWs und die Aufhebung der Beschränkung auf zwei Joint Venture Partner. Nach einer fünfjährigen Übergangsfrist sollen sämtliche Beteiligungsbeschränkungen entfallen.

Wohl im Gegenzug will der chinesische Konzern CATL für einen dreistelligen Milllionenbetrag die größte Akkufabrik Europas im thüringischen Erfurt bauen. Mitinvestor und erster Kunde ist BMW. Die Bayern wollen sich günstige Konditionen sichern und Akkus im Wert von 1,5 Milliarden Euro abnehmen, die in Deutschland in Automobile verbaut werden sollen.

Das zeigt auch, wie sehr wiederum die deutsche Automobilindustrie unter Druck steht: Denn hätte sie eigenes Know How, um Speicherzellen für Elektroautos zu bauen, würde BMW kaum den Bau des chinesischen CATL-Werk in Erfurt unterstützen.

  • Lieferanten der Automobilindustrie sollten als Risiko-Streuung über Diversifikation nachdenken. Tipps dazu auf unserer Themenseite Wachstum

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05.07.2018: Der IWF warnt vor einer Immobilienblase in Deutschland

In Deutschlands Großstädten seien die Haus- und Wohnungspreise schneller gestiegen, als dies durch Nachfrage und Fundamentaldaten erklärt werden könne, sagen die Experten des Internationalen Währungsfonds.

Die allgemeine bundesweite Preisentwicklung gäbe zwar keinen Anlass für Alarm, sagt der IWF. Doch für München,  Hamburg, Frankfurt, Hannover, Stuttgart und Düsseldorf hätten sich die Kaufpreise ungewöhnlich stark erhöht - sowohl "im Verhältnis zu anderen Kennzahlen wie Einkommen oder Mieten, als auch im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten." Das veröffentlichte der Spiegel heute früh (IWF-Warnung: In deutschen Großstädten drohen Preisblasen) und zitierte damit den jährlichen IWF-Bericht zur Bundesrepublik, der heute veröffentlicht wurde und dem SPIEGEL vorab vorlag.

Am stärksten überbewertet seien die Preise laut IWF in München, wo im Jahr 2017 rund 46 Prozent über dem Niveau lag, das man aufgrund von Fundamentaldaten erwartet hätte. In Hannover , Hamburg und Frankfurt läge die Abweichung 25 bis 30 Prozent. In Stuttgart und Düsseldorf gebe es eine Überbewertung von 10 bis 15 Prozent, "allerdings scheine dieser Trend im vergangenen Jahr unterbrochen worden zu sein", schreibt der Spiegel.

Der Deutsche Welle veröffentlichte heute unter der Headline IWF: Mögliche Immobilienblase ein Risiko für deutsche Wirtschaft eine entsprechende Einschätzung der Bundesbank, wonach "das deutsche Finanzsystem einen Rückgang der Immobilienpreise um bis zu 30 Prozent verkraften" könne: "Die Kapitalausstattung der Banken sei dafür ausreichend, selbst wenn zeitgleich die Arbeitslosenquote auf acht Prozent hochschnellen sollte. Die Bundesbank hält 15 bis 30 Prozent der Wohnimmobilien - vor allem in Ballungsgebieten - für überbewertet."

Diese Entwicklung liefert Grund für Investoren und Anleger sich die individuelle lokale Standortentwicklung von Immobilien genau anzusehen und sich nicht auf eine automatische Wertsteigerung des Standortes allgemein zu verlassen.

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04.07.2018: Trauerarbeit und die neue deutsche Krankheit

Spiegel Chefredakteur Klaus Brinkbäumer schreibt über Innovationsfeindlichkeit als die neue deutsche Krankheit in Politik, Wirtschaft und im Fußball. Ein absolut lesenswerter Text.

Am Abend der entscheidenden Niederlage der deutschen Mannschaft und dem Ausscheiden des Teams aus dem Weltmeisterschaftsturnier dachte ich noch: Das wird morgen Staatstrauer geben. Doch einige Tage später musste ich feststellen: Nicht nur das. Denn mitten in die noch laufende Trauerarbeit krachte letzten Samstag der SPIEGEL mit einer beachtenswerten Titelgeschichte. Headline: „Fußball, Politik, Wirtschaft: Es war einmal ein starkes Land“ . Illustriert wurde das Stück mit den verlaufenden Farben der Deutschlandfahne. Im Leitartikel auf Seite 6 fasst Chefredakteur Klaus Brinkbäumer die Thesen zusammen. Sein Fazit - das treffender nicht sein könnte - möchte ich Ihnen deshalb nicht vorenthalten:

„Die diversen deutschen Krisen verbindet die Tatsache, dass die Welt noch vor wenigen Jahren mit Ehrfurcht, zumindest mit Respekt auf Deutschland blickte: Angela Merkel war die Chefin Europas, deutsche Autos waren begehrt, der deutsche Fußball schien eine stabile Symbiose von Seriosität und Kreativität gefunden zu haben. Wenn es nun eine deutsche Krankheit zu beklagen gibt, dann diese: der sture Glaube an Bewährtes, an Strukturen, die einst funktionierten; die Verweigerung von Einschnitten und Veränderung. Es ist der Versuch, einen nicht konservierbaren Status quo irgendwie bitte, bitte doch zu konservieren; es ist die wütende Ablenkung durch aufgeblasene Konflikte um Identität und Abgrenzung. Es ist der Irrtum, dass Fortschritt ohne Störungen funktioniere. Den Deutschen scheint Innovationslust und Abenteuergier abhandengekommen zu sein – und ein wenig sogar ihr Fleiß und ihre Genauigkeit.“  

Wie wahr. Eine ausländische Tageszeitung - ich kann leider nicht mehr sagen welche - tröstete uns angesichts der Selbstdiagnose des SPIEGELS einige Tage später mit dem Satz (sinngemäß): "Ihr Deutschen, seid nicht so theatralisch". Auch wieder wahr.

Nachtrag: Wie recht Kollege Brinkbäumer hat, wenn er schreibt, dass die "wütende Ablenkung durch aufgeblasene Konflikte um Identität und Abgrenzung" ein Krankheitssymptom sei, sehen wir hier bei handwerk magazin ganz aktuell: Wegen einer jungen Frau mit einem Kopftuch - genauer einer Hidschab - auf unserem aktuellen Juli-Titelbild wirft uns die AfD Mittelsachsen vor, frauenfeindlich und diskriminierend zu sein. Hier unser Bericht: https://www.handwerk-magazin.de/afd-erregt-sich-ueber-juli-titelbild-von-handwerk-magazin/150/12/374118

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02.07.2018: EZB erreicht Inflationsziel und will bei Anleihepolitik bleiben

Vergangenen Freitag veröffentlichte das europäische Statistikamt Eurostat in Luxemburg die aktuelle Entwicklung der Inflation bei den Verbaucherpreisen: Demnach wird die „jährliche Inflation im Euroraum im Juni 2018 auf 2,0 Prozent geschätzt, gegenüber 1,9 Prozent im Mai“. Damit übertrifft die Entwicklung leicht die Ziele der EZB.

Die Gründe für den Anstieg der Inflation liegen überwiegend in der Entwicklung der Energiepreise und hier hauptsächlich beim Öl: „Im Hinblick auf die Hauptkomponenten der Inflation im Euroraum wird erwartet, dass Energie im Juni die höchste jährliche Rate aufweist (8,0%, gegenüber 6,1% im Mai), gefolgt von Lebensmitteln, Alkohol und Tabak (2,8%, gegenüber 2,5% im Mai), Dienstleistungen (1,3%, gegenüber 1,6% im Mai) und Industriegütern ohne Energie (0,4%, gegenüber 0,3% im Mai)“, heißt es in der Pressemeldung.

Mit dem Wert von 2,0 Prozent wurde der von der Europäischen Zentralbank (EZB) im Euroraum angestrebte Wert von 1,9 Prozent leicht übertroffen. Die EZB gibt sich zuversichtlich, dass die Inflation auf diesem Niveau bleibt und kündigte im Juni das Ende ihrer Anleihekäufe (inzwischen mehr als zwei Billionen Euro) zum Jahresende an. Die Zinsen im Euro-Raum sollen aber bis mindestens „über den Sommer“ 2019 auf dem jetzigen Rekordtief verharren. Das scheint mittlerweile überholt.

Zum Hintergrund: Rund 2 Prozent Inflation sind für die EZB ein Zeichen für "stabile Preise", deshalb strebt sie diesen Wert an. Die Niedrigzinsen sollen für ein günstiges Investitionsklima sorgen. Mit den Anleihekäufen entschuldet die EZB die europäischen Staaten - auch die Bundesrepublik.

In einem am Samstag veröffentlichten Kommentar auf finanztreff.de (http://www.finanztreff.de/news/die-ezb-und-ihr-schlechtes-timing-ist-das-absicht/13185318) plädiert Clemens Schmale, Finanzmarktanalyst bei GodmodeTrader.de, für eine Fortsetzung der Anleihekäufe und legt dar, weshalb die Bunderepublik einerseits besonders davon profitiere, die hochverschuldeten Euro-Staaten im Süden andererseits nicht so stark:

„Bis Ende 2018 wird die EZB fast 2,2 Billionen Euro an Schulden vom Markt genommen haben. Allein auf Deutschland entfallen gut 500 Mrd. Das entspricht knapp 25 % aller ausstehenden Schulden der Bundesrepublik. Slowenien und die Slowakei haben noch mehr profitiert. Hier gehören der Notenbank dann 28,4 % bzw. 26,5 % der Schulden. Länder mit überdurchschnittlich hoher Verschuldung, z.B. Italien, profitieren weniger. Hier hält die Notenbank am Ende „nur“ 15 % der Schulden.

Länder wie Deutschland werden bei dem Programm begünstigt, weil sie einen hohen Anteil am Kapital der Notenbank haben. Nach dem Kapitalschlüssel entscheidet sich wie viel gekauft werden muss. Gleichzeitig ist die Verschuldung unterdurchschnittlich. Dadurch wird von der Notenbank ein überproportional hoher Anteil an den Schulden gehalten. Für hochverschuldete Länder hilft das QE Programm, ist aber am Ende nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Portugal ist mit 130 % seiner Wirtschaftsleistung verschuldet. 19 Prozentpunkte hält die Notenbank. Das lässt für Privatinvestoren immer noch über 110 %. Es ändert das Gesamtbild kaum."

Sein Fazit: "Die Zinsen werden frühestens im zweiten Halbjahr 2019 steigen. Das ist für die hochverschuldeten Staaten ein Lichtblick, aber vermutlich nicht genug. Die Wirtschaft beginnt sich gerade abzuschwächen. Robustes Wachstum hat im vergangenen Jahr die Verschuldung fast überall sinken oder stagnieren lassen. Langsameres Wachstum wird das erschweren. (... ) Die geldpolitische Wende kommt in einer kritischen Phase. Sie fällt in den Abschwung hinein."

Am gestrigen Sonntag veröffentlichten die Deutschen Wirtschafts Nachrichten eine Meldung (https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2018/07/01/ezb-kauf-aus-gewinnen-von-omt-programm-staatsanleihen/) , wonach die EZB auch weiter Anleihen kaufen wird:

„Die EZB hat ein Ende ihres umstrittenen Kaufprogramms von Staatsanleihen der Euro-Länder zum Ende des laufenden Jahrs in Aussicht gestellt. Trotzdem wird sie auf unabsehbare Zukunft weiterhin Staatsanleihen kaufen, indem sie Gewinne aus den bestehenden und zur Reife gelangenden Anleihen in neue Papiere investiert. Laut Notenbank-Direktor Benoit Coeure werden das 2019 immerhin rund 15 Milliarden Euro pro Monat sein.“

Damit drüfte Wachstumsförderung angesichts erster Anzeichen für eine sich abkühlende Konjunktur oberstes Ziel der europäischen Geldpolitik bleiben.

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01.07.2018: Trumps Embargo gegen den Iran treibt den Ölpreis

Um mehr als drei Prozent stieg der Preis für Rohöl diese Woche. Experten gehen davon aus, dass dies nur der Beginn weiterer Preiserhöhungen sein wird.

Rund 2,8 Millionen Barrel (159 Liter) Rohöl fördert der Iran jeden Tag. Diese Menge sei nicht durch freie Förderkapazitäten, die bei etwa rund einer Million Barrel pro Tag liegen, aufzufangen, sagt Carsten Fritsch, Commodity-Analyst bei der Commerzbank, im Deutschlandfunk. Hinzukämen Angebotsausfälle von Venezuela und Libyen. Besonders im nordafrikanischen Libyen dürfte der Kampf um die Vermarktungsrechte an Schärfe gewinnen. Das alles treibe den Ölpreis weiter.

Zwar will Trump dafür sorgen, dass Saudi Arabien und die Golfmonarchien ihre Fördermengen anheben, doch die OPEC kann kaum mehr als eine Million Barrel pro Tag zusätzlich liefern. Und diese Menge reicht nicht aus, um die Fördermenge des Iran auszugleichen. Weiter will Trump auf Fracking setzen, das bei steigenden Ölpreisen wirtschaftlich wieder attraktiv wird.

Der Barrel für Brent-Rohöl liegt im Augenblick bei rund 76 Dollar. Am Donnerstag war der US-Ölpreis mit 74,03 Dollar auf den höchsten Stand seit dreieinhalb Jahren gestiegen. Nordseeöl nähert sich unterdessen der 80-Dollar-Marke. Commodity-Analyst Fritsch kann sich Barrel-Preise im dreistelligen Bereich vorstellen. Ein solcher Ölpreisschock würde die Inflation nach oben drücken, die Zinsen treiben und die Konjunktur drücken. Fritsch spricht von einer "schweren Belastung der Weltwirtschaft ".

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30.06.2018: Zeitenwende? Zeitenwende! Deshalb dieser Blog

Hätte man mir letzten Sommer gesagt, dass wir uns ein knappes Jahr später in einem mehr oder weniger offenen Handelskrieg mit den USA befinden, hätte ich nur ungläubig den Kopf geschüttelt. Gleiches gilt, wenn man mir gesagt hätte, dass Europa oder gar die Union wegen der Flüchtlingsfrage auf der Kippe stehen. Beide Themen drücken auf den DAX, den Euro-Kurs und die Geldmärkte. Und während wir Extrazölle auf Harley-Davidson-Motorräder und Erdnussbutter erwägen, hebt die us-amerikanische Notenbank den Leitzins schrittweise vierteljährlich an und die deutschen Wirtschaftsinstitute diagnostizieren eine Konjunkturwende für die deutsche Industrie.

Die Wirtschaft wird immer komplexer und unübersichtlicher. Vielleicht auch unberechenbarer. Es scheint: die Gewissheiten der Vergangenheit gelten immer weniger. Damit entstehen eine Menge Fragen: Was bewirkt die Zinswende? Kommt die Konjunkturwende beim Handwerk an? Und wenn ja, wann? Was bedeutet die Rückkehr der Inflation? Frisst die europäische Schuldenkrise Ihre Altersvorsorge?

Weil diese und andere Fragen immer drängender werden, will ich ab sofort mehrmals die Woche den Versuch machen, das aktuelle Wirtschaftsgeschehen zu analysieren und einzuordnen. Dazu zählen Entwicklungen in der Wirtschaft, auf den Geld- und Aktienmärkten und natürlich auch in der Wirtschaftspolitik. Und das selbstverständlich aus der Sicht des unternehmerischen Mittelstandes.

Es geht aber auch um Hintergründe: Welche Treiber und welche dahinterstehenden Interessen bestimmen die wirtschaftliche Entwicklung? Was bedeutet das für Sie und ihr Unternehmen? Denn auch Sie und Ihr Unternehmen sind von den makroökonomischen Entwicklungen betroffen. Das zeigt sich besonders im Geld-, Aktien- und Rentenmarkt sowie bei Fragen der Altersvorsorge und der Geldanlage. Damit wird die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung zur Chefsache .

Schreiben Sie mir gerne, wenn Sie Anregungen haben, eigene Beobachtungen beisteuern möchten oder etwa zu anderen Bewertungen kommen. Ich freue mich auf Ihr Feedback.

Olaf Deininger
olaf.deininger@handwerk-magazin.de