Bewertungsportale: Im strengen Urteil der Kunden

Was in der Hotelbranche üblich ist, gewinnt im Handwerk rasant an Bedeutung: die Bewertung im Internet. Wie Sie den Trend nutzen und sich bei technischen Problemen der Portalbetreiber wehren.

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    © Matthias Jung
    Positive Erfahrung: Fensterbauer Norbert Schulze hat – bis auf eine Ausnahme – immer die Bestnote von fünf Sternen bei kennstdueinen.de erhalten, das bringt ihm jeden Monat zehn bis 20 neue Aufträge.
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    „Wer glaubt, sein Betrieb hat keine ­Bewertung im Netz, der irrt oft gewaltig.“ Wolfram Kroker, Berater für E-Business-Lösungen bei der Handwerkskammer Lübeck.
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    © Fritz Stockmeier
    Negative Erfahrung: Friseurmeister Frank Bosshammer und seine Kundinnen Simone Sträter-Brücker und Gudrun Kreibich (v. l.) haben sich mächtig darüber geärgert, dass yelp als neuer Portalbetreiber ohne Rücksprache 15 Fünf-Sterne-Meinungen ausgeblendet hat.

Die Kunden von Norbert Schulze halten mit ihrer Begeisterung nicht hinterm Berg. „Selten solch eine Handwerksarbeit und Beratung erlebt“, bescheinigt etwa ein Hausbesitzer aus Niederkassel auf kennstdueinen.de. Über 170 Beurteilungen hat die Kölner Firma „Fensterkonzepte Schulze“ seit März 2013 von ihren Auftraggebern erhalten. Bis auf eine weisen alle die „Bestnote“ von fünf Sternen auf. Eine Traumquote, die für das vor zwei Jahren gegründete Unternehmen im wahrsten Sinne Gold wert ist. „Etwa zehn bis zwanzig neue Aufträge pro Monat erhalten wir aufgrund der Bewertungen“, schätzt Rollladen- und Jalousienbaumeister Norbert Schulze.

Damit gehört der Unternehmer zu den Vorreitern in seiner Branche. Denn im Gegensatz zum Hotelgewerbe sind Bewertungen von Handwerksbetrieben im Netz bislang noch selten. „Allerdings gibt es Ausnahmen“, differenziert Wolfram Kroker, eBusiness-Lotse der Handwerkskammer Lübeck. So müssten sich Friseure weitaus häufiger dem öffentlichen Urteil ihrer Kunden stellen als zum Beispiel Betriebe in den Bau- und Ausbaugewerken.

Die Ursache sieht der Experte in der Emotionalität der Dienstleistungen: „Ob eine Frisur oder ein Hotelaufenthalt gelungen sind, kann letztlich niemand besser beurteilen als der Kunde.“ Bei einer Heizungsinstallation oder einem neuen Fenster hingegen trauten sich viele Laien kein Urteil zu. „Oder erst, wenn die Neuerwerbung sich bewährt hat“, ergänzt Kroker, „doch wer denkt dann noch an eine Bewertung?“

Emotionen als Empfehlungstreiber

Sofern nicht Emotionen ins Spiel kämen. „Wer sich etwa über einen Installateur ärgert, der ist viel eher geneigt, seinem Unmut Luft zu machen“, gibt der EDV-Ingenieur zu bedenken, „früher im Bekanntenkreis, heute gerne auch im Internet.“ Deshalb sei das Gefühl vieler Handwerker, vom Meinungsaustausch im Netz (noch) nicht betroffen zu sein, trügerisch: „Viele Betriebe haben schon etliche Bewertungen im Netz, ohne es auch nur zu ahnen.“ Dass die Kundenmeinungen Auswirkungen aufs Geschäft haben, steht längst außer Frage. So ergab eine im Frühjahr veröffentlichte repräsentative Umfrage des Hightech-Verbands Bitkom in Berlin, dass 77 Prozent aller Internetnutzer regelmäßig Bewertungen lesen, bevor sie eine Ware oder Dienstleistung kaufen.

Zwei Drittel der Kunden machen mit

Norbert Schulze wurde durch einen Lieferanten auf die Potenziale von Bewertungsportalen aufmerksam. „Meine Firmenstrategie zielte von Anfang an auf eine hohe Weiterempfehlungsquote“, erklärt der 39-Jährige. Der folgende Schritt, die Mund-zu-Mund-Propaganda von der realen in die virtuelle Welt auszudehnen, schien da nur folgerichtig.

Mit finanzieller Unterstützung seines Lieferanten richtete der Jungunternehmer einen Account als „EmpfehlungsExperte Plus“ bei kennstdueinen.de ein. Für 189 Euro (netto) im Monat erhielt er ein Firmenprofil auf dem Portal mit einer laufend suchmaschinenoptimierten Kontaktseite, dazu ein weiteres Profil bei Google+ Local sowie lokale Google-Adwords-Anzeigen im Wert von 100 Euro pro Monat. „Dieses Paket sorgt zum einen dafür, dass wir gefunden werden, wenn ein Internetnutzer in unserer Region nach Begriffen wie ,Fenster‘ sucht“, bescheinigt Schulze. Zum anderen könne er seinen Kunden einen zusätzlichen Weg zur Bewertung bieten: „Wer seine Meinung nicht am Rechner abgeben möchte, kann eine von kennstdueinen.de vorbereitete Postkarte ausfüllen und portofrei an das Portal schicken.“ Dieser Service trägt entscheidend zur Resonanz bei. „Rund zwei Drittel der Kunden tun ihre Meinung über uns kund“, freut sich Schulze.

Die auch bei kennstdueinen.de übliche Anonymität der Meinungsäußerungen zieht für Außenstehende die Frage nach der Glaubwürdigkeit nach sich. Die Plattform kennstdueinen.de setzt dabei auf das wache Auge der Nutzer:„Wir prüfen entsprechende Bewertungen und deaktivieren sie, wenn sie sich als beleidigend oder ungerechtfertigt herausstellen“, versichert Winlocal-Vorstand John Goddard.

Das amerikanische Portal yelp hingegen setzt konsequent auf eine automatische Filtersoftware. Deren wenig transparente Funktionsweise brachte im Frühjahr zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmer auf die Palme. So auch Frank Bosshammer aus Kassel. Der Friseurmeister hatte im Lauf mehrerer Jahre auf dem Portal „qype“ 16 Bewertungen gesammelt, mit einer Gesamtnote von 4,5 Sternen.„Als qype Anfang 2014 in yelp integriert wurde, blieb die einzige Zweisterne-Bewertung sichtbar“, empört sich der Unternehmer, „die 15 Fünfsterne-Bewertungen konnte dagegen niemand mehr einsehen“.

Klage gegen Abwertung

Eine Abwertung in der Gesamtnote, die der Handwerksmeister keinesfalls auf sich sitzen lassen wollte. „Schon der Kundinnen wegen, die sich auch über die Löschung geärgert haben“, holte sich Bosshammer juristischen Beistand. Von seinem Anwalt Jens Steinberg erfuhr er, kein Einzelfall zu sein. „Allein unsere Kanzlei bearbeitet etwa 20 Fälle, bei denen etwa 80 bis 90 Prozent der Kundenmeinungen nicht mehr in das Gesamturteil einfließen“, erklärt der Partner der Berliner Kanzlei Greyhills. Ein derartig willkürlicher Eingriff sei „durch das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gedeckt“, moniert der Jurist. Das Kasseler Landgericht gab seinem Antrag auf eine Einstweilige Verfügung statt. Das Dokument ist gegenwärtig, übersetzt ins Englische, auf dem Weg nach Irland, wo yelp seinen Sitz hat. Selbstverständlich wird handwerk magazin über den Ausgang des Verfahrens informieren.