Betriebsrenten Der Staat spielt nicht fair

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Die Europäische Zentralbank senkte den Leitzins auf Null. Das hat auch Auswirkungen auf die Betriebsrenten. Unternehmen müssen jetzt höhere Rückstellungen bilden. Das Steuerrecht erkennt diese Belastungen aber zum Teil nicht an. Der Gesetzgeber ist hier dringend gefordert.

Betriebsrenten könnten zunehmend zur Belastung für Arbeitgeber werden. - © © Marco2811 - Fotolia.com

Auf der Liste der Sozialleistungen, die ein Unternehmen für Arbeitnehmer attraktiv machen, nimmt die Betriebsrente einen prominenten Platz ein. Sagt eine Firma ihrem Mitarbeiter eine solche Rente zu, muss sie Rückstellungen bilden, um die künftigen Zahlungen leisten zu können.

Welche Rolle die Zinsen spielen

Die Höhe der Rückstellungen hängt vom handelsrechtlichen Zinssatz ab. Diesen ermittelt die Bundesbank auf Basis des durchschnittlichen Marktzinses der vergangenen zehn Jahre. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat den handelsrechtlichen Rechnungszins seit 2010 von mehr als 5 auf 4,3 Prozent gedrückt. Bleibt der Leitzins auf dem heutigen Nullniveau, wird der für die Rückstellungen relevante Zinssatz bis Ende 2018 auf 3 Prozent sinken, rechnet Tobias Hentze vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IWD) in Köln vor.

Niedrigere Zinsen bedeuten für das Unternehmen, dass die Pensionsrückstellungen weniger Kapitalerträge bringen. Der Betrieb muss also mehr Geld zurücklegen: " Sinkt der Rechnungszins um 1 Prozentpunkt, steigen die Pensionsrückstellungen im Durchschnitt der Unternehmen um bis zu 18 Prozent", analysiert Hentze.

Dadurch weist das Unternehmen in der Gewinn- und Verlustrechnung einen höheren Aufwand aus, sprich: einen geringeren Gewinn.

Steuerrecht ignoriert aktuelle Entwicklungen

Das Steuerrecht berücksichtigt diese Entwicklung bislang jedoch nicht: Der verankerte Rechnungszins liegt seit mehr als 35 Jahren bei 6 Prozent. "Damit unterstellt der Fiskus dem Unternehmen geringere Rückstellungen und einen höheren Gewinn, als es in der Handelsbilanz ausgewiesen hat. Folglich werden Steuern auf Gewinne fällig, die der Betrieb gar nicht erwirtschaftet hat", erklärt IWD-Experte Hentze .

Sein Fazit: Die Unternehmen in Deutschland müssen etwa 20 bis 25 Milliarden Euro Steuern auf fiktive Gewinne zahlen, weil aufgelaufene Pensionsrückstellungen steuerrechtlich nicht adäquat berücksichtigt werden.

Unternehmen fehlen wichtige Mittel

Damit verstoße der Fiskus gegen das Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit, kritisiert Hentze. Zwar erhalten die Firmen die zu viel gezahlten Steuern zurück, wenn sie die Rückstellungen auflösen. Doch bis dahin fehlen wichtige Mittel – zum Beispiel für Investitionen. Das kann Arbeitsplätze kosten und schlimmstenfalls sogar die betriebliche Existenz gefährden.

"Dabei wäre die unfaire Besteuerung leicht aus der Welt zu schaffen – indem der Gesetzgeber den steuerrechtlichen an den handelsrechtlichen Zinssatz anpasst. Leisten könnte er sich das angesichts hoher Steuereinnahmen und niedriger Zinsausgaben allemal", fasst der IWD-Experte seine Analyse zusammen.