Betriebliche Altersvorsorge: Richtig damit umgehen

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Betriebliche Altersvorsorge

Nachwuchssorgen, Fachkräftemangel, Mitarbeiterbindung: die großen Herausforderungen für Handwerksunternehmer. Ohne das Angebot zusätzlicher Leistungen wird kaum ein Betrieb noch gute Leute finden und halten. Chefs, die ihrer Belegschaft betriebliche Altersvorsorge anbieten wollen, finden hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Björn Heilck
Björn Heilck, Geschäftsführer der Kenston Pension GmbH, in Köln. - © Heilck

Im Kampf um Auszubildende und Fachkräfte konkurrieren Handwerksbetriebe immer mehr mit der Industrie - ihren Leistungen und Angeboten an die Bewerber. Zusätzliche Leistungen wie die betriebliche Altersvorsorge (bAV) werden auch im Handwerk wichtiger, um da mitzuhalten. Die wichtigsten Fragen zum Thema bAV beantwortet dazu Rechtsanwalt Björn Heilck, Geschäftsführer der Kenston Pension GmbH in Köln.

Was ist betriebliche Altersversorgung (bAV) ?

Welche Leistungen unter dem Begriff bAV zu verstehen sind, ist im Betriebsrentengesetz geregelt. Danach umfasst die betriebliche Altersversorgung alle Leistungen, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern aus Anlass des Arbeitsverhältnisses zur Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung auf freiwilliger Basis im Rahmen eines der zulässigen fünf Durchführungswege zusagt. Dies gilt sowohl für arbeitgeberfinanzierte Zusagen als auch arbeitnehmerfinanzierte Zusagen (Entgeltumwandlung).

Was versteht man unter Entgeltumwandlung?

Eine Entgeltumwandlung liegt vor, wenn Arbeitnehmer auf Teile ihres Entgelts (laufendes Entgelt, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) zugunsten einer wertgleichen Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung verzichten. Arbeitnehmer haben Anspruch einen Betrag in Höhe von jährlich bis zu 4 Prozent der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung im Rahmen der Entgeltumwandlung für die betriebliche Altersversorgung zu verwenden. Der Arbeitgeber kann als Durchführungsweg eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds wählen.

Hinweis: Bleibt der Arbeitgeber untätig, kann der Arbeitnehmer die Durchführung über eine Direktversicherung verlangen. Den Versorgungsträger kann der Arbeitgeber festlegen.

Ist der Arbeitgeber verpflichtet, seine Mitarbeiter über den Anspruch auf Entgeltumwandlung zu informieren?

Gesetzlich ist eine solche Informationspflicht des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmern nicht vorgesehen. Erst wenn sich ein Arbeitnehmer zur Entgeltumwandlung entschlossen hat, können den Arbeitgeber Informationspflichten treffen (wie zum Beispiel zum Durchführungsweg, Versorgungsträger, Zusageart, Versorgungs- und Versicherungsbedingungen des externen Versorgungsträgers).

Wer ist der richtige Ansprechpartner wenn es um bAV geht?

Betriebliche Altersversorgung ist im Betriebsrentengesetz geregelt und damit in erster Linie ein arbeitsrechtliches Thema. Wenn es um Fragen rund um die bAV geht, sollte daher – wie bei sonstigen Regelungen die das Arbeitsverhältnis betreffen - erster Ansprechpartner ein zur Rechtsberatung zugelassener Berater sein. Dies gilt auch dann, wenn die bAV über eine Direktversicherung oder Pensionskasse durchgeführt wird.  

Was ist zu beachten, wenn ein Mitarbeiter vorzeitig das Unternehmen verlässt?

Über Entgeltumwandlung finanzierte Versorgungsanwartschaften müssen vom Arbeitgeber aufrechterhalten werden. Dies jedoch nicht in der vollen ursprünglich zugesagten Höhe, sondern nur in Höhe des finanzierten Teils der Versorgung. Sofern nicht anders geregelt, erwirbt der Arbeitnehmer bei einer vom Arbeitgeber finanzierten Versorgungszusage grundsätzlich erst nach Ablauf einer Frist von 5 Jahren eine unverfallbare Anwartschaft. Wurde die Versorgung über eine Direktversicherung oder Pensionskasse durchgeführt, hat der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einen „Mitnahmeanspruch“ der Direktversicherung oder Pensionskasse.

Ist der Arbeitgeber in der Gestaltung der Versorgungszusage frei?

Unter Beachtung der zwingenden Vorschriften des Betriebsrentengesetzes kann der Arbeitgeber insbesondere, den Durchführungsweg, den Versorgungsträger, die Leistungen, die Zusageart und die Regelungen zur Unverfallbarkeit bestimmen.

Was ist bei einem Neueintritt eines Arbeitnehmers mit bestehender bAV zu beachten?

Zunächst sollten von anderen Unternehmen erteilte Versorgungszusagen nicht ungeprüft übernommen werden. Anstelle der Übernahme der Versorgungszusage kommt auch eine Übertragung des Übertragungswertes und Erteilung einer wertgleichen Neuzusage in Betracht. Wurde die Versorgungszusage nach dem 31.Dezember 2004 erteilt, haben Arbeitnehmer sogar einen gesetzlichen Übertragungsanspruch der Versorgungsanwartschaften auf den neuen Arbeitgeber.

Voraussetzung ist, dass die bestehenden bAV über eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds durchgeführt wurde und die Übertragung innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beantragt wird.

Weite Anspruchsvoraussetzung ist, dass der Übertragungswert nicht die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung übersteigt.

Hinweis: Da für die Neuzusage die aktuellen Rechnungsgrundlagen des externen Versorgungsträgers Anwendung finden, kann eine Übertragung aufgrund der historisch niedrigen Garantieverzinsung (2014: 1,75 %) und der seit Dezember 2012 geltenden Unisextarife für den Arbeitnehmer nachteilig sein.

Wie wird die betriebliche Altersversorgung vom Staat gefördert?

In der Ansparphase können jährlich mindestens Beiträge bis 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, steuer- und sozialversicherungsfrei in die bAV investiert werden. In den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse können sogar nahezu unbegrenzt Beiträge steuer- und sozialversicherungsfrei in eine Anwartschaft auf bAV umgewandelt werden.

Auch Arbeitgeber sparen auf die eingebrachten Beiträge Sozialversicherungsbeiträge, sofern das Gehalt des jeweiligen Arbeitnehmers unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung liegt.

Hinweis: In der Auszahlungsphase müssen auf die Leistungen meist Steuern und Beiträge in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) entrichtet werden, wenn der Leistungsempfänger gesetzlich krankenversichert ist. Für die Bemessung der Beiträge aus den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ist der volle, allgemeine Beitragssatz der jeweiligen Krankenkasse maßgebend.

Was ist bei der Versorgung von Gesellschafter-Geschäftsführern (GGF) zu beachten?

Je nach der Verteilung der Stimmrechte unterliegen sog. beherrschende GGF nicht dem Anwendungsbereich des Betriebsrentengesetzes. Dies eröffnet einerseits Gestaltungsspielräume, andererseits finden dann wichtige Arbeitnehmerschutzvorschriften wie die Vorschriften über den gesetzlichen Insolvenzschutz keine Anwendung. Auch vor dem Hintergrund einer bevorstehenden Unternehmensveräußerung oder Nachfolgeregelung sollte daher dringen ein wirksamer privatrechtlicher Insolvenzschutz der Pensionsansprüche eingerichtet werden.

Hinweis: Bei Versorgungszusagen an (beherrschende) GGF stellten die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung strenge Anforderungen an die steuerliche Anerkennung. Es ist daher dringen anzuraten, die Versorgungszusage regelmäßig von rechtlichen Beratern überprüfen zu lassen. Für beherrschende GGF ist zudem aufgrund der Befreiung der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht von einem besonders hohen Versorgungsbedarf auszugehen.   

Bestehen aus Sicht des Arbeitgebers Haftungsrisiken im Zusammenhang mit der bAV?

Ja. Auch bei der Durchführung der bAV über einen mittelbaren Durchführungsweg muss der Arbeitgeber für die zugesagten Leistungen einstehen. Daher sollten riskante Rückdeckungsprodukte vermieden werden. Zudem hat der Arbeitgeber im Rahmen seiner „Fürsorgepflichten“ bestimmte Aufklärungs- und Informationspflichten. Er hat insbesondere darauf zu achten, dass Auskünfte rund um die angebotene bAV richtig und vollständig erteilt werden. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber Arbeitnehmerberatungen über externe Berater (Finanzvermittler) durchführen lässt.  

Welche Dokumente sind für eine bAV unverzichtbar?

Arbeitgeber benötigen für die Erteilung einer Versorgungszusage individuell angepasste Zusagetexte. Gleiches gilt auch für die Entgeltumwandlungsvereinbarung. Für die Mitarbeiterberatung sollte immer ein „Beratungsprotokoll“ verwendet werden, in welchem das Versorgungswerk genau erläutert wird.