Beteiligungskapital: Jetzt frisches Geld ins Unternehmen holen

Mezzaninekapital ist jetzt leichter zu bekommen als in den Vorjahren. Nicht nur Gründer haben damit gute Chancen, die Eigenkapitalquote zu erhöhen – auch gestandene Betriebe können profitieren.

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    Friseurmeisterin Laura Castan brauchte Fremdkapital für ihren ersten eigenen Betrieb. Sie setzte dabei auf Beteiligungskapital der MBG Baden-Württemberg.
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    „Meine größte Sorge bei der Finanzierung war, die ­Kon­trolle als ­Unternehmerin zu verlieren.“ Laura Castan, ­Friseurmeisterin und Existenzgründerin in Mühlacker im Enzkreis.
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    „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für die Betriebe, sich mit Kapital zu versorgen.“ Franz Falk, ­Geschäftsführer bei der Handwerkskammer ­Region Stuttgart.
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    „Im Handwerk geht es fast immer um stille Beteiligungen. Da redet keiner ins ­Geschäft rein.“ Joachim Pfeiffer, ­Geschäftsführer der ­Beteiligungsgesellschaft der Kreissparkasse in Reutlingen.

Eigenkapital jetzt erhöhen

Ein bisschen Angst hat sie schon. Das gibt Laura Castan offen zu. In diesen Tagen eröffnet die Friseurmeisterin in Mühlacker im Enzkreis ihren eigenen Friseursalon: Laura Castans Haarstudio. Als sie Ende 2013 beschloss, sich selbständig zu machen, gerade 22 Jahre alt und frisch die Meisterprüfung bestanden, war klar, dass sie dazu Fremdkapital brauchte. Als ihr Bankberater vorschlug, nicht nur auf ein Förderdarlehen für Existenzgründer zurückzugreifen, sondern auch Geld aus dem neuen Mezzaninefonds Deutschland zu beantragen und damit eine Beteiligungsgesellschaft ins Boot zu holen, da musste sie schon „erst mal schlucken.“ Ihre größte Sorge: „Die Kontrolle als Unternehmerin zu verlieren.“

„Wenn es um mezzanine Finanzierungen geht, ist die Unsicherheit groß“, bestätigt Gerald Karch, Geschäftsführer der BGG Bayerische Garantiegesellschaft mbH. Und das nicht erst, seit SPD-Politiker Franz Münterfering 2005 die Heuschreckendebatte anstieß. Nicht nur die Angst vor Fremdbestimmung hält viele Gründer und Betriebsinhaber im Handwerk ab, sich mit dem Thema zu befassen. Auch die vermeintlich zu hohen Zinsen, die immer über normalen Kreditzinsen liegen, und mögliche Gewinnbeteiligungen schreckten viele ab, stellt Krach in der Praxis immer wieder fest.

Einstiegshürden sinken

Dabei liegt es nicht nur am Handwerk, dass das Thema angstbesetzt ist. Auch die Beteiligungsgesellschaften taten sich schwer, auf den Wirtschaftsbereich zuzugehen. Der Grund: Viele Gesellschaften engagierten sich erst ab 500 000 Euro – eine Einschränkung, die inzwischen nicht mehr gilt. In fast allen Bundesländern wurden Mezzaninefonds aufgelegt, die deutlich kleinere Beteiligungen zulassen. Der letztes Jahr vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technik neu aufgelegte Mikromezzaninefonds-Deutschland steigt schon ab 10 000 Euro ein. Eine Summe, die auch Castan für ihre Existenzgründung brauchte. 40 000 Euro Finanzbedarf hatte der Steuerberater errechnet. 30 000 Euro erhielt sie als Förderdarlehen plus Bürgschaft der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg. Den Rest über die MBG Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg – aus dem Mikromezzaninefonds-Deutschland.

Dabei ist Mezzaninekapital nicht nur für Existenzgründer interessant, sondern auch für gestandene Betriebe. Denn neben den gesunkenen Einstiegssummen sind die Rahmenbedingungen aktuell so günstig wie selten. „Den Banken geht es gut, den Betrieben auch“, sagt Franz Falk, Geschäftsführer bei der Handwerkskammer Region Stuttgart. „Das ist jetzt der richtige Zeitpunkt, sich mit Kapital zu versorgen.“

Auf den ersten Blick mag es Handwerkern nicht einleuchten, jetzt an Kapitalbeschaffung zu denken: Die Konjunktur brummt, die Geschäfte fürs Handwerk laufen gut. Wer sich aber erst bei finanziellen Schwierigkeiten oder gar im Sanierungsfall nach Kapital umsieht, wird auf dem Mezzaninemarkt sicher nicht fündig, wie Falk betont. Und gerade jetzt profitieren Handwerker von guten Konditionen. Denn Ende letzten Jahres haben viele Gesellschaften ihre Konditionen noch einmal verbessert.

Gut fürs Eigenkapitalpolster

Doch was genau bedeutet Mezzaninekapital? „Mezzaninekapital steht in der Bilanz zwischen Eigen- und Fremdkapital, zählt jedoch zum Eigenkapital“, erklärt Dirk Buddensiek, Geschäftsführer der MBG Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg. Das ist der entscheidende Pluspunkt: Wer sich Mezzaninekapital ins Haus holt, erhöht die Eigenkapitalquote und verbessert so das Rating des Unternehmens. Und ein gutes Rating erleichtert den Zugang zu Krediten und sorgt für niedrigere Zinsen bei der Rückzahlung.

Ein Aspekt, der nicht hoch genug bewertet werden kann, wie Experte Buddensiek findet – den viele Betriebsinhaber aber unterschätzen. „Die Unternehmer sehen auf den ersten Blick nur die höheren Zinsen im Vergleich zu normalen Krediten.“ Acht Prozent zahlt Laura Castan, plus eine gewinnabhängige Vergütung von 1,5 Prozent. Wird weiteres Geld benötigt, kann die bessere Eigenkapitalquote aber zu besseren Konditionen führen. Ein Effekt, der Friseur-meisterin Castan überzeugte. Die Jungunternehmerin startet mit der Rückzahlung erst mit dem siebten Geschäftsjahr. „Bis dahin habe ich Zeit, mich zu etablieren.“

Weniger Sicherheiten für die Bank

Bei Mezzaninekapital geht es nicht um eine einzelne Finanzierungsform, sondern um einen Sammelbegriff. Darunter fallen Genussscheine, Wandelanleihen sowie stille Beteiligungen (siehe Kasten „Mezzaninefinanzierung“, rechts). Im Handwerk geht es aber immer um stille Beteiligungen, wie Joachim Pfeiffer, Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft der Kreissparkasse Reutlingen, feststellt.

Auch Pfeiffer, der zahlreiche regionale Handwerksbetriebe betreut, bedauert, dass das Thema im Handwerk noch nicht den Stellenwert hat, den es haben sollte. Denn Mezzaninekapital habe für Handwerksunternehmen viele Vorteile. Neben der Erhöhung des Kapitals müssen stille Beteiligungen nicht wie Kredite besichert werden. Und Mezzaninekapitalgeber werden nicht zu Mitgesellschaftern im eigentlichen Sinne, sie haben keine Stimmrechte. „Da kommt also niemand und redet ins Geschäft rein“, wie Pfeiffer betont. „Von Heuschrecken kann hier keine Rede sein.“ Die Geldgeber erwerben – je nach Ausgestaltung des Vertrages – Informations- und Kontrollrechte.

Erste Infos über Hausbanken

Ein Aspekt, vor dem aber kein Handwerker Angst haben muss, wie Jörg Loos, Inhaber von Holzbau Loos, beteuert. Der Reutlinger Zimmerer sieht dies sogar positiv: „Ein professioneller Blick auf die eigenen Zahlen kann schließlich nur helfen.“ Loos sicherte sich bereits vor über fünf Jahren eine stille Beteiligung der Kreissparkasse Reutlingen und würde auch anderen Betrieben dazu raten. Alles lief „unkompliziert und hilfreich“, fasst er die Zusammenarbeit mit der Bank zusammen. Vergeben wird Mezzaninekapital von Venture-Capital-Gesellschaften, Banken oder deren Beteiligungsgesellschaften, Versicherungen, privaten Investoren oder speziellen Mezzaninefonds (siehe Kasten „Mezzaninefonds“, Seite 57). Interessenten wenden sich am besten entweder an ihre Hausbank oder auch direkt an einen Fonds, empfiehlt Beteiligungsexperte Karch. Gute Ansprechpartner fürs Handwerk sind insbesondere die Bürgschaftsbanken, die entweder selbst Kapital anbieten oder mit Schwestergesellschaften zusammenarbeiten.

Friseurmeisterin Castan ist inzwischen überzeugt, dass ihre Entscheidung für eine stille Beteiligung richtig war. Schließlich hat ihr dieser Weg die Selbständigkeit erst ermöglicht. Als Angestellte bei verschiedenen Ketten hatte Castan immer das Gefühl, unter ihren Möglichkeiten zu bleiben. Jetzt freut sie sich auf die Eröffnung. „Das ist mein Ding!“