Praxisfall Urheberrecht: Besserer Schutz für gute Erfindungen

Siegfried Schmid aus Gottmadingen sicherte mit einem Patent sein Handlaufsystem für Treppen und den Namen dafür. Viele Handwerker scheuen den dafür nötigen Gang zum Deutschen Patentamt wegen der Kosten. Doch effizienter Ideenschutz ist nur auf diesem Weg zu bekommen.

  • Bild 1 von 4
    © Ilja Mess
    Siegfried Schmid aus Gottmadingen sicherte mit einem Patent sein Handlaufsystem für Treppen und den Namen dafür.
  • Bild 2 von 4
    © Andreas Bröckel
    Tendenz: In den vergangenen vier Jahren registrierte das Patentamt weniger Anmeldungen.
  • Bild 3 von 4
    © Schnekenbühl
    „Patentschutz hilft, eine Idee auch gegen die Großen am Markt durchzusetzen.“ Robert Schnekenbühl, Patent- und Rechtsanwalt, DTS, München.
  • Bild 4 von 4
    © imago/Sven Simon
    München: Neben dem Deutschen nimmt auch das Europäische Patentamt Anträge entgegen.

Besserer Schutz für gute Erfindungen

Die Idee zu seiner Erfindung kam Siegfried Schmid, Geschäftsführer der Flexo-Handlaufsysteme GmbH im schwäbischen Gottmadingen, bei seiner täglichen Arbeit. Der Ingenieur kommt aus dem Treppenbau. Da musste er oft für ältere oder behinderte Menschen geeignete Handläufe einbauen, „das war jedesmal eine Einzelanfertigung und deshalb unrentabel“. Schmids Idee war ein Baukastensystem für Handläufe aus vorgefertigten Teilen. Er entwickelte das zur Produktionsreife und nannte es „FlexoForte“. Damit fährt der Handwerker zum Kunden, schneidet die Elemente zurecht und montiert sie - fertig.

Doch der Erfinder wusste: Ohne Schutz würden andere seine Idee klauen. Deshalb meldete er die Erfindung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München an. Und um den guten Produktnamen zu schützen, registrierte er ihn als Marke. Der Erfolg: Heute beliefert sein Unternehmen mit 20 Mitarbeitern rund 350 Sanitätshäuser sowie über 300 Schreinereien.

„Viele Handwerker sind innovativ“, sagt Klaus Günter, Innovations- und Technologieberater bei der Handwerkskammer Karlsruhe, „aber zu wenige schützen ihre Ideen durch Patente, Gebrauchsmuster oder als Marken“.Viele scheuen den Aufwand der Anmeldung beim DPMA, einige, dass die große Konkurrenz gegen ihre Schutzrechte prozessiert, bis ihnen die Luft ausgeht.

Neues Patentgesetz

Jetzt will die Bundesregierung den Zugang zum Patent durch ein Patentnovellierungsgesetz einfacher und attraktiver machen. Wer künftig das Amt für 250 Euro recherchieren lässt, ob seine Erfindung neu ist - nur dann kann sie patentiert werden -, bekommt zusätzlich weitere Informationen über die Chancen seines Antrags, etwa ob die Erfindung das für ein Patent notwendige hohe Niveau hat. Das erfuhren Erfinder bislang erst bei der Prüfung. Vor allem bringt die Reform die Online-Akteneinsicht: Sie ermöglicht schnellere und deshalb kostengünstigere Recherchen bei allen eingetragenen Patenten und Gebrauchsmustern. Bisher lief das nur sehr umständlich über Anträge und Papier-Kopien.

Ob das genügt, die Sorgen der Handwerker zu zerstreuen, dass ihr Patent kaputtprozessiert wird? Tatsächlich „gibt es das“, sagt Patent- und Rechtsanwalt Robert Schnekenbühl, Kanzlei DTS, München, „aber es gibt auch die umgekehrte Geschichte: Der Kleine, der seine Erfindung mithilfe des Patents erfolgreich gegen alle verteidigt.“ Und wenn der Angreifer verliere, bleibe er auf den gesamten Verfahrenskosten sitzen.

Gefährlicher für Erfinder dürfte etwas anderes sein, ein schlecht gebautes Patent. Innovationsberater Günter berichtet von einem Fliesenlegermeister, der eine Bauplatte für den Innenausbau entwickelt hatte, „wasserdicht und mit sehr guten Isoliereigenschaften“. In der Patentanmeldung schrieb er, das als Umhüllung aufgebrachte Gewebe werde stramm aufgespannt - das war technisch nicht notwendig und deshalb ein Fehler. Ein Konkurrent kupferte die Platte ab, mit „lose aufgelegtem“ Gewebe. Dagegen half das Patent nicht, vor Gericht hatte der Erfinder keine Chance. Günter rät deshalb zur Hilfe eines erfahrenen Patentanwalts, denn „bei der Formulierung kommt es auf Kleinigkeiten an.“

Kosten bis 3500 Euro

Die Hilfe durch den Patentanwalt hat ihren Preis, „da ist mit 2000 bis 3000 Euro zu rechnen“, sagt Patentanwalt Stefan Gehrsitz, Kanzlei Charrier Rapp & Liebau, Augsburg, „das ist der Hauptanteil der Anmeldekosten“. Die amtlichen Gebühren machen mit Prüfungsgebühr etwa 500 Euro aus. Immerhin gibt es hier interessante Fördermöglichkeiten.

Wegen der Kosten auf Schutz zu verzichten lohnt sich nicht, weiß Gottfried Dischinger aus Neusäß bei Augsburg. Er hatte einen Gartenstuhl aus Plastik zum Zusammenstecken patentiert, aber kaufen wollte das Patent niemand. „Da ließ ich es aus Kostengründen verfallen.“ Kaum war das passiert, baute eine schwedische Firma die Erfindung nach. Der Tüftler bekam keinen Cent dafür.

Siegfried Schmid ist da vorsichtiger: Für den Schutz seiner Systeme setzt er neben Patenten für Technik auch auf Marken. Damit schüttelt er Trittbrettfahrer ab, die sich nur an seinen guten Namen anhängen, ohne die Technik zu kopieren. Zusätzlich können Handwerker einfachere technische Erfindungen durch Gebrauchsmuster und Design durch Geschmacksmuster sichern.

Markenschutz beliebter

Kammerberater Günter beobachtet, dass Handwerker Marken häufiger anmelden als Patente, selbst Kleinbetriebe wie Friseure oder Metzger. Auch hier sollten Betriebe nicht am Patentanwalt sparen, etwa „400 bis 500 Euro kostet die Prüfung des Experten“, sagt Stefan Gehrsitz. Denn auch dabei kommt es auf Feinheiten an. So muss jede Marke für bestimmte Klassen von Waren oder Dienstleistungen wie „Musikinstrumente“ oder „Materialbearbeitung“ angemeldet werden. Gehrsitz: „Ein Fehler kann den Schutzbereich der Marke erheblich beeinflussen“.

Am gefährdetsten sind Ideen, bevor der DPMA-Schutz greift. Klaus Günter: „Im Handwerk ist weniger Industriespionage die Gefahr, als dass ein Mitarbeiter nach dem Ausscheiden Informationen zur Konkurrenz bringt.“ Das ist nicht strafbar, wenn er beim neuen Chef nur Ideen der früheren Firma ausplaudert, die er im Kopf hat. Deshalb rät Experte Günter zur Geheimhaltungsklausel im Arbeitsvertrag mit Vertragsstrafe bei Verstoß (siehe Kasten Mitarbeiter, Seite 54). „Der ist zwar nur schwer nachzuweisen, doch die Klausel hat einen Abschreckungseffekt.“