Beschaffung: Online-Einkauf für Handwerker

Bei Materialbestellungen sind Abwicklungsprozesse oft teurer als die bestellte Ware. Mit praktikablen Lösungen helfen einige Onlineanbieter, solche Kostenfresser auszubremsen.

Mit Mehrwert einkaufen

Etwa dreimal pro Woche kamen Timo Wernz und sein Team bis vor Kurzem an ungeplanten Einkaufsfahrten nicht vorbei. Ein Problem, das viele Handwerksunternehmer kennen. „Meistens fehlten Standardteile, die eigentlich am Lager sein sollten“, berichtet der Elektromeister und Betriebswirt aus dem hessischen Erlensee. Bei mehreren hundert Artikeln, die das 20 Mitarbeiter zählende Unternehmen für eine schnelle Auftragsabwicklung vorhalten muss, empfand er das eigene Bestellmanagement als „zu unsicher und zu aufwändig“. Bei der Suche nach einer besseren Lösung stieß Wernz auf das Lagerlogistik-Konzept LAKO des Elektro-Großhändlers Fega & Schmitt. „Dessen Herzstück bilden ein Barcode-Scanner, eine Software und eigens angefertigte Etiketten für jeden bevorrateten Artikel“, erläutert Michael Goller, Kundenmanager des Ansbacher Dienstleisters. Die Technik koste Kundenfirmen einmalig 515 Euro (netto). Bei Bedarf könnten zusätzlich Regalsysteme erworben werden. „Der Service selbst ist gratis, weil er auch uns Kosten spart“, betont Goller.

„Auf den Etiketten sind neben der Artikelbezeichnung, der Warennummer und dem zugehörigen Barcode auch die von mir festgelegte Maximal- und Mindestmenge vermerkt“, berichtet Wernz. „Wird die Mindestmenge unterschritten, heftet der Mitarbeiter, der gerade ein Teil entnimmt, einfach einen Magneten auf das Etikett“, freut er sich, „und ich scanne am Abend alle so markierten Codes ab.“

Den kabellosen Scanner legt der Unternehmer dann auf eine Dockingstation; die zugehörige Software stellt aus den gesammelten Daten automatisch einen Warenkorb zusammen. „Die Preise wurden für ein Jahr fest ausgehandelt. Die Mengen ergeben sich aus der Differenz zwischen Mindest- und Maximalbestand von selbst, ich kann die Bestellung jedoch auch noch bearbeiten“, lobt der 39-Jährige das durchdachte System.

Einkaufsprozess im Blickpunkt

Der Gewinn liegt im Einkauf. Diese alte Kaufmannsweisheit hat nach Einschätzung von Professor Ronald Bogaschewsky nichts von ihrer Aktualität verloren - im Gegenteil. „Neben dem Preis ist in den letzten 15 Jahren mit dem Einkaufsprozess ein bis dahin relativ unbeackertes Feld in den Blickpunkt gerückt“, konstatiert der Experte für elektronische Beschaffung von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Darin stecke ein gewaltiges Optimierungspotenzial. Durch umständliche Produktsuche, tradierte Genehmigungsprozeduren, eine Mehrfacherfassung von Daten und unzureichende Logistik beliefen sich die Kosten für eine einzige Order „leicht auf 150, in Großunternehmen 200 Euro und mehr“, verweist er auf zahlreiche Untersuchungen, „selbst wenn nur eine Tüte Schrauben gekauft wird“. Diese Kosten ließen sich um 70 Prozent und mehr reduzieren.

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Beschaffungs-Alternativen für Kleinbetriebe

Konzerne und Mittelständler setzen diese Erkenntnis mit zumeist individuell ausgehandelten Lieferantenkatalogen, Ausschreibungen, Einkaufsauktionen und durchgängigen Lieferketten (Supply Chains) seit Jahren verstärkt um. Das spiegelt sich im von Bogaschewsky in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) jährlich erhobenen „Barometer Elektronische Beschaffung“ wider.

Doch während die „Großen“ dabei auf individuelle Softwarelösungen und Marktmacht bauen können, blieben kleinere Firmen bislang weitgehend außen vor. Innovative Dienstleister eröffnen aber nun auch für sie zunehmend Alternativen. Zum einen, wie zum Beispiel Fega & Schmitt, mit „vorkonfektionierten“ Einkaufslösungen auf der Basis elektronischer Kataloge, die mit geringem Aufwand individualisiert werden können. Zum anderen haben kleinere Unternehmen heute die Chance, via Internet schnell und kostengünstig Spezialbedarfe auszuschreiben, zum Beispiel im Energie- oder Leasingbereich. Diese Entwicklungen markieren einen Neuanfang nach ernüchternden Erfahrungen des Neuen Marktes vor einem Jahrzehnt.

Damals schossen Business-to-Business-Marktplätze wie Pilze aus dem Boden. Viele namhafte Investoren, von Deutscher Bank über ebay bis SAP, päppelten eigene „B2B“-Startups, die fast alle wieder vom Markt verschwanden. Weil sie bei genauer Betrachtung nichts anderes waren als Endkundenportale mit „etwas anderem Sortiment“.

Megastore für Geschäftskunden

Zu den wenigen Überlebenden dieser Ära zählt Mercateo.com. Die Beschaffungsplattform für Geschäftskunden vereint mehr als 600 Lieferanten und etwa acht Millionen Artikel in einem Megastore, Tendenz wachsend. „Außer vielen großen Namen wie zum Beispiel Würth, Schäfer-Shop oder Conrad sind hier auch jede Menge Nischenanbieter präsent“, hat Metallbauer Björn Bergmann aus Essen herausgefunden. Seit 2009 kaufen er und sein 12-köpfiges Team Büromaterial und „Randbedarf, den unsere Stammlieferanten nicht haben“, bei Mercateo ein. „Wenn ein Kunde für Stahlschränke Kunststoffscharniere in ausgefallenen Farben wünscht, finden wir die in aller Regel hier“, schwört der 30-Jährige.

Gegenüber Endkunden-Megastores wie Amazon glänzt Mercateo mit besonders auf die Bedürfnisse von Firmen zugeschnittenen Funktionen: „Zum Beispiel kann ich meinen Warenkorb nach Lieferzeit, Versandkosten oder Anzahl der Sendungen optimieren“, so Bergmann. Seit Ende 2012 bietet Mercateo darüber hinaus die Chance, komplette Warenkörbe per Rückwärtsauktion zu versteigern und so den Gesamtpreis per Knopfdruck binnen Sekunden zusätzlich zu senken.

Einfache Abwicklung

Den größten Nutzen aber sieht Bergmann in der einfachen Abwicklung der immer zahlreicher werdenden Spezialeinkäufe. „Statt uns mit unzähligen Shops herumzuschlagen, arbeiten wir mit einer Oberfläche, mit einem Kreditor und einem Ansprechpartner“, lobt er.

Als besonders hilfreich bewertet er die Möglichkeit, auf Mercateo.com Freigabeprozesse zu definieren. Damit können Firmeninhaber festlegen, welche Mitarbeiter auf dem Portal bis zu welchen Beträgen einkaufen dürfen und wie höhere Ausgaben genehmigt werden müssen. „Diese Abfragen werden vom System automatisch abgearbeitet und jede Bestellung dokumentiert“, lobt Bergmann. So könne er Aufgaben delegieren, ohne die Kosten aus dem Blick zu verlieren.