Bankkredit: Wie sich Handwerker gute Konditionen sichern

Die Geldinstitute greifen bei Kreditvergaben derzeit extrem hohe Sicherheiten ab – und behalten sie auch nach Ablauf des Darlehens weiter ein. Wie Firmenchefs die Gier der Banken zügeln.

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    © Cartoon: Dirk Meissner
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    © Chart: handwerk magazin
    Im Handwerk hat sich das Kreditklima im Vergleich zu den Vorjahren für die Betriebe deutlich  verbessert.
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    „Wir beobachten derzeit bei den Geld­instituten die Tendenz, neue Kredite zu übersichern.“ Christine Deibert, ­Inhaberin der Beratungsgesellschaft Deibert & Partner in München.

Gierigen Banken Paroli bieten

Die Finanzierung der Selbständigkeit lief bei Martin Laubner reibungslos. Anfang vergangenen Jahres übernahm der Zweiradmechaniker die Firma Radsport-Werber in Bad Krozingen von seinem ehemaligen Chef. Die Nachfolge plante der 33-Jährige von langer Hand. „Sicherlich habe ich mich frühzeitig darüber informiert, welche Anforderungen die Banken an mich stellen“, sagt Laubner. Insbesondere bereitete der Betriebswirt seinen Businessplan inklusive Investitions- und Liquiditätsrechnung akribisch vor. „Es gab keine langwierigen und schwierigen Verhandlungen“, betont Laubner. Rund 20 Prozent Eigenkapital brachte der Gründer mit ein. „Für den Rest konnte ich mit Unterstützung meines Firmenkundenberaters die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg und die L-Bank mit ins Boot holen“, so Laubner. Die Geldinstitute verlangten allerdings für die Finanzierung ausgiebige Sicherheiten. Seine Frau musste eine Bürgschaft übernehmen. Außerdem verpflichtete sich Laubner, eine Risikolebensversicherung abzuschließen.

„Die Banken zeigen aktuell ein verstärktes Bedürfnis, Kredite komplett abzusichern“, bestätigt Franz Ruß, Steuer- und Finanzierungsberater der Kanzlei RSW in Hallstadt bei Bamberg. Und zwar nicht nur bei Gründungs-, sondern ebenfalls bei hohen Investitionskrediten. Das dokumentiert eine aktuelle Unternehmerumfrage der KfW-Bankengruppe.

Zu viele Sicherheiten

Danach werden Kreditanträge in 58,5 Prozent der Fälle abgelehnt, weil zu wenige Sicherheiten geboten werden (siehe Grafik Seite 54). Zum Vergleich: Eine niedrige Eigenkapitalquote oder eine geringe Rentabilität geben 33,8 Prozent der Unternehmer als Grund dafür an, warum sie kein Darlehen bekommen. „Wir beobachten derzeit bei den Geldinstituten sogar die Tendenz, die Kredite zu übersichern“, sagt Christine Deibert, Inhaberin der Beratungsgesellschaft Deibert & Partner in München. Vielfach behalten die Banken ihre Sicherheiten auch noch ein, wenn die Darlehen längst abbezahlt sind. Clevere Unternehmer lassen sich das nicht gefallen und gehen aktiv dagegen vor. „Am besten reichen Firmenchefs prinzipiell schriftlich einen Antrag ein und verlangen die Rückgabe ihrer Sicherheiten, sobald das gesamte Darlehen plus Zinsen beglichen ist“, empfiehlt Deibert. Zum Beispiel sollte der Unternehmer darauf bestehen, dass etwa eine Hypothek im Grundbuch gelöscht wird. Andernfalls bleibt die Bank formal weiter beteiligt. „Die Freigabe ist Voraussetzung dafür, dass die Immobilie als Sicherheit für weitere Finanzierungen genutzt werden kann“, sagt Deibert.

Wann und in welchen Fällen das Institut die Sicherheiten zurückgeben muss, steht im jeweiligen Kreditvertrag. Kritisch kann es werden, wenn dieser die Klausel enthält, dass die Immobilie, die Lebensversicherung oder das Festgeld „gegenwärtig und künftig“ als Sicherheit dienen soll. „Dann hat die Bank ein Argument, sich zu verweigern“, so Deibert. Kluge Handwerksunternehmer achten schon bei Abschluss darauf, dass die Formulierung „künftig“ nicht im Vertrag vorkommt.

Banken sind im Vorteil

Schwierig wird es auch, wenn ein und dieselbe Sicherheit private wie auch betriebliche Darlehen abdeckt. „Falls Zins und Tilgung dann für einen Teil noch nicht vollständig geleistet sind, wird das Geldinstitut keine Freigabe erteilen“, warnt Deibert. Die Banken sitzen dann am längeren Hebel. In diesen Fällen wird es auch nicht einfach sein, eine Umschuldung einzuleiten – jedenfalls nicht, ohne eine Ablöse oder Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen.

Am besten lassen sich Handwerkschefs auf derartige Konstellationen erst gar nicht ein. Sie verhandeln im Vorfeld mit der Bank und gehen mit ihren Sicherheiten sparsam um. Firmenchefs mit einer guten Bonität sind hier erfahrungsgemäß im Vorteil. Die Bank kann bei ihnen davon ausgehen, dass sie Zins und Tilgung leisten können. „Ein Argument, das Handwerksunternehmer im Kreditgespräch auf den Tisch bringen sollten“, so Deibert.

Wert der Sicherheiten ermitteln

Die Expertin empfiehlt Unternehmern auch, sich vor dem ersten Gespräch mit der Bank da-rüber zu informieren, wie viel ihr Hab und Gut aktuell wert ist. Anhaltspunkte für den Verkehrswert eines Grundstücks zum Beispiel geben die Bodenrichtwerte der Gemeinde. Ein Sachverständiger kann den Marktpreis einer Immobilie ermitteln. Den Wert eines Aktiendepots weisen die Banken taggenau aus.

Kritisch sollten Unternehmer reagieren, wenn eine Bürgschaft aus dem Familienkreis ins Spiel kommt. Diese wird eher häufig verlangt. Doch wenn Dritte wie die KfW-Bankengruppe, mittelständische Beteiligungsbanken oder eine Landesbank beteiligt werden können, kann der Firmenchef darauf hinweisen, dass sich das Finanzierungsrisiko schon auf mehrere Schultern verteilt. Experte Ruß nennt eine Alternative zur Bürgschaft: Der Unternehmer schließt innerhalb der Familie einen Darlehensvertrag ab und bringt das Geld als Eigenkapital in die Finanzierung mit ein. „Das wirkt sich sogar noch positiv auf das Rating aus“, so Ruß. Die Familie kann die Rückführung des Darlehens kontrollieren und ist somit stetig im Bilde über die Leistungsfähigkeit des Unternehmers.

Finanzierung ohne Bürgschaft

Unternehmer Lothar Möschle in Baltmannsweiler bei Esslingen konnte eine Bürgschaft seiner Frau bei einer Investitionssumme von über einer Million Euro vermeiden. Der Firmenchef musste bei der Übernahme der Firma Söhnel Maschinenbau mit elf Mitarbeitern eine Immobilie finanzieren. Der 52-Jährige machte der Hausbank glaubhaft, dass seine Familie ihn voll unterstützt. „Eine Immobilie sowie meine Lebensversicherung dienen jetzt als Sicherheit“, so Möschle. Die Institute bewerten Lebensversicherungen mit dem Rückkaufswert, Immobilien mit 50 bis 80 Prozent des Verkehrswertes, Festgeld und Sparguthaben mit 80 Prozent. Das Warenlager können sie kaum verwerten, deshalb bringt es für die Bank keine Sicherheit.

Zweiradmechaniker Laubner brachte weder seine Bestände noch die Einrichtung des Unternehmens in die Finanzierung mit ein. „Dafür hat sich die Hausbank nicht interessiert“, erklärt der Firmenchef.