Banking: „Banken werden crossmedialer“

Mehr Automation, bessere Beratung und weitere Internet-Angebote prägen die Bank der Zukunft, sagt Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR).

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    Uwe Fröhlich, geboren am 29. August 1960 in Sarstedt, begann 1985 seinen Berufsweg als Unternehmensberater bei Arthur Andersen, war anschließend Manager bei IBM und Vorstand bei der Berliner Bank. Seit 2008 Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken und seit 2012 auch Präsident des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV).
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    „Das Kreditgeschäft in Deutschland ist im Augenblick ein Nachfragemarkt.“
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Eigentlich untypisch für Banken. Denn ganz und gar bescheiden versteckt sich der Bundesverband in einem schlichten Verwaltungsgebäude, einer ehemaligen Bankfiliale, in einer kleinen Nebenstraße zwischen Potsdamer Platz und Gleisdreieck. Einzig spektakulär ist das echte Lüpertz-Gemälde, das den Vorraum ziert, und der gigantische Blick vom Konferenzraum über die Dächer von Berlin.

Wie können wir uns das Bankgeschäft der Zukunft vorstellen?

Uwe Fröhlich: Man muss unterscheiden zwischen dem klassischen standardisierten Privatkundengeschäft, das sehr viel mehr über elektronische Zugangswege erledigt werden wird, und dem qualifizierten Beratungsgeschäft – sowohl im Privat- als auch im Gewerbe- und Firmenkundengeschäft. Für uns als Branche wird es darauf ankommen, die Möglichkeiten der Digitalisierung dort anzunehmen, wo es hilft, unser Geschäft effizienter zu machen und vor allem aber auch unsere Kunden in der digitalen Welt zu treffen. Das ist eine ganz entscheidende Herausforderung für uns, da wir in der Vergangenheit eher auf Präsenzgeschäft gesetzt haben. Andererseits wollen wir als genossenschaftliche Bankengruppe das persönliche Beratungsgeschäft nicht vernachlässigen, das uns von den klassichen Direktbanken unterscheidet und das ein Grund für den Zuwachs in den letzten Jahren ist.

Hat sich das Verhalten der Kunden verändert?

Deutlich und an vielen Stellen. Jeder von uns über alle Altersgruppen hinweg nutzt die digitalen Helferlein im Tagesgeschäft. Darauf stellen wir uns ein und investieren kräftig in die Digitalisierung unserer Geschäftsabläufe intern und bei den Kundenzugangswegen. Wir setzen aber auch ganz klar auf die Qualifikation unserer Berater. Das hat unser Unternehmen in den letzten 160 Jahren stark gemacht, und das wird uns auch in Zukunft auszeichnen.

Der Kunde entscheidet heute, auf welchem Kanal er kommunizieren möchte?

Ganz bestimmt tut er das. Die große Herausforderung ist, den Kunden dort digital zu erreichen, wo er sich befindet, denn er setzt nicht mehr automatisch den Fuß in die Filiale.

Sie schauen sich also an, was der Kunde digital macht, bevor er auf Ihre Webseiten kommt, welche Informationen er sich vorher anschaut ...

Wir kommen dem Kunden entgegen. eCommerce ist ein gutes Beispiel dafür, da sich im Bereich Bezahlverfahren neue Mehrwertdienstleister etabliert haben. Wir etablieren jetzt unser eigenes digitales Bezahlverfahren „paydirekt“ (siehe auch Kasten auf Seite 30), und wir drängen damit wieder in die digitalen Bezahlverfahren hinein, die wir in der Vergangenheit zu Unrecht vernachlässigt haben.

Wie sehen die Konditionen bei paydirekt aus?

Ich gehe davon aus, dass wir attraktiver anbieten, als das bei den Anbietern im Markt derzeit der Fall ist. Denn wir wollen nicht, dass unsere Kunden aus der Bankenwelt wegdriften und Mehrwerte bei Intermediären erzeugen, die nicht zum Bankgeschäft zählen.

Wie sehen Sie die Zukunft des handwerklichen Mittelstandes? Teilt sich der Markt in Premium- und Commodity-Dienstleister auf?

Ein guter Handwerksbetrieb hat immer die Möglichkeit, sich gegenüber der Massenware und der Industrie mit einem qualitativ hochwertigen Produkt oder einer Dienstleistung zu differenzieren. Und das honoriert der Markt.

Geraten handwerkliche Betriebe durch Industrie 4.0 und deren Fähigkeit zu individualisierten Produkten und Einzelanfertigung mit „Losgröße 1“ unter Druck?

Ich sehe keine Gefahr für das Handwerk, denn nicht alles kommt aus dem 3D-Drucker. Aber es gilt auch: Diese neuen digitalen Möglichkeiten kann nicht nur die Industrie nutzen, sondern auch jeder Handwerksbetrieb. Letztendlich ist es doch immer die Frage: Verstehe ich das Kundenproblem richtig und kann ich eine passende Lösung anbieten?

„Mittelstand gelassen, Großunternehmen nervös“, meldete die KfW zu den Konjunkturaussichten. Teilen Sie diese Einschätzung?

Ich teile die Einschätzung, die ja auch auf unsere Branche zutrifft. Unsere Volksbanken und Raiffeisenbanken sehen sicher optimistischer in die Zukunft als die Großbanken. Das hängt am internationalen Umfeld: Je stärker Sie vom Außenhandel abhängig sind, desto stärker sind Sie von globalen Risiken betroffen. Und wir freuen uns derzeit über die starke Binnenkonjunktur und den Erfolg des Mittelstands.

Wie schätzen Sie die Investitionen der Betriebe im Augenblick ein. Wird investiert?

Aus unserer Sicht ist im Handwerk ein steter Zuwachs an Betriebsmittel- und Investitionskrediten zu verzeichnen. Aber wir spüren auch, dass man der Zukunft nicht uneingeschränkt traut. Das Handwerk ist gut positioniert, könnte aber bei Erweiterungsinvestitionen noch mehr tun. Wir sehen auch eine Investitionsschwäche der öffentlichen Hand. Hier müsste noch viel mehr investiert werden.

Die Kreditzugangsschwelle war noch nie so niedrig wie heute?

Richtig, wir haben hier in Deutschland ganz klar einen Nachfragemarkt was das Kreditgeschäft angeht. Deshalb hören wir auch wenig Klagen seitens des Handwerks.

Viele Betriebe sind mit ihrem Rating unzufrieden. Erfa-Gruppen kommen oft zu anderen Kennzahlen als die Banken ...

Das Rating könnte aus Sicht des Betroffenen immer besser sein. Banken nutzen das Rating, um ihr Risiko abzuschätzen. In diesem Fall rate ich den Betrieben, mit ihren Bankberatern in die Diskussion zu gehen, um gemeinsam die Ursachen für die unterschiedlichen Sichtweisen zu finden.

Wird die Beratung Ihrer Banken so bleiben können oder werden sich immer mehr Bereiche automatisieren und industrialisieren?

Wir sehen eine Zweiteilung: Der reine Service-Mitarbeiter gehört tatsächlich der Vergangenheit an. Wir erwarten von unseren Mitarbeitern, dass sie über ein großes Fachwissen verfügen. Massengeschäfte werden weiter digitalisiert, auch im Interesse des Kunden. Im Firmenkundengeschäft werden wir versuchen, die Kredite bis 50 000 Euro sehr schlank abzuwickeln, allerdings unter der Regie eines Bankberaters.

  • Vita: Uwe Fröhlich,
  • Uwe Fröhlich,
    geboren am 29. August 1960 in Sarstedt, begann 1985 seinen Berufsweg als Unternehmensberater bei Arthur Andersen, war anschließend Manager bei IBM und Vorstand bei der Berliner Bank. Seit 2008 Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken und seit 2012 auch Präsident des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV).