Deutsche Brotkultur Bäcker: Brot ist bedeutend für die deutsche Gesellschaft

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Eine lange Tradition und qualitative Vielfalt ist es, was die ­deutsche Brotkultur auszeichnet. Ein Grund, es als immaterielles Kulturerbe der UNESCO anerkennen zu lassen. Über den Alltagsgegenstand Brot und dessen Bedeutung und Rolle in der deutschen Gesellschaft.

Backen, Brot, Bäckerei Traublinger
Backen: Eine Stunde lang wird das Brot in der Bäckerei Traublinger zum Backen in den Ofen geschoben. Danach ist es knusprig und hat die richtige Bräunung. - © Fiona Kellner/handwerk magazin

Schwarzbrot, Weißbrot, Roggenbrot, Fitnessbrot oder Vollkornbrot – die Liste an deutschen Brotsorten ist lang. Kein Wunder also, dass sich der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks dachte: Diese Tradition bedarf einer Anerkennung. Und nicht nur die Liste der Brotsorten ist lang, sondern auch die dahinterstehende Tradition.

Heinrich Traublinger, stellvertretender Landesinnungsmeister für das bayerische Bäckerhandwerk, ist stolz: Seine Handwerkstechnik ist in die deutsche Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden. Seit 2014 ist die deutsche Brotkultur nun als Kulturerbe anerkannt. Auch wenn es heute viele unterschiedliche Brotsorten gibt, hat sich eines nie verändert: die Teigherstellung. Der erste Schritt dafür ist das Teigmischen. „Der Teigmischer ist die wichtigste Person. Der muss sich mit den Rohstoffen auskennen, muss das Mehl kennen und wissen, wann er die Temperatur verändern muss“, erläutert Traublinger. Hat die Maschine den Teig vermischt, wird er geknetet. Danach folgt die Aufarbeitung mit den Händen. Hier ist viel Fingerspitzengefühl gefragt. Entscheidet der Bäcker, dass der Teig genug bearbeitet wurde, wird er rund gewirkt und in eine Aufbewahrungsschale gelegt. Nun muss er garen – das braucht Zeit und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Die Bäckerei Traublinger besitzt dafür eine extra Kammer. Bei 35 Grad Celsius gart der Teig 30 Minuten mit 75 Prozent Luftfeuchtigkeit, bevor er für eine Stunde in den Ofen geschoben und eingeschlossen wird. „Der Höhepunkt ist, dieses duftende, knusprige Brot aus dem Ofen zu holen“, schwärmt Traublinger.

Mehr als 3.200 Brotsorten im deutschen Brotregister

Deutschland hat 11.347 Meisterbetriebe, die einen Gesamtumsatz von 14,48 Milliarden Euro im Jahr 2017 erwirtschafteten und 273.700 Mitarbeiter beschäftigten. 2017 wurden rund 1,8 Millionen Tonnen Brot verkauft. Dass Brot jedoch etwas Besonderes ist, kommt den wenigsten Kunden in den Sinn. Nicht so den Bäckern. „Wir wussten schon immer, dass wir etwas Besonderes machen. Wie viele Sorten Brot es aber tatsächlich gibt, war uns nicht klar“,sagt Traublinger.

Um als immaterielles Kulturerbe anerkannt zu werden, wurde durch den Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks ein Brotregister erstellt. Bäckermeister aller Innungen können dort bis heute ihre Brotspezialitäten eintragen. Bereits nach kurzer Zeit wies das Register schon über 3.200 verschiedene Brotspezialitäten auf. Mit ihrem Brot setzen die Bäcker neue Maßstäbe oder Ernährungstrends beziehungsweise folgen den aktuellen Trends. Wie etwa mit der Integration von Chiasamen oder Dinkel.

Kampf gegen Billigherstellung und Supermärkte

Das Handwerk muss sich aber auch behaupten. „Die Geiz-ist-geil-Mentalität der letzten Jahrzehnte wird durch die Billigherstellung von Backwaren wie etwa in Supermarktketten unterstützt“, beklagt Traublinger. Auch die Backwarenindustrie macht dem Bäckerhandwerk seit Jahren zu schaffen .

Oberstes Ziel des Zentralverbandes der Bäcker ist deshalb, die Qualität hochzuhalten. Doch Qualität kostet Geld. Vier Jahre nach der Anerkennung als Kulturerbe erkennt die Branche jedoch einen deutlichen Wandel bei den Kunden. „Die Leute setzen wieder mehr Wert auf Qualität, und der Umsatz steigt. Das belegen unsere Statistiken. Das Kulturerbe zeigt den Leuten, dass unser Brot etwas Besonderes ist“, sagt Traublinger.

Immaterielles Kulturerbe: Deutsche Brotkultur

Kurz-Info: Immaterielles Kulturerbe der UNESCO in Deutschland

Definition: Durch das immaterielle Kulturerbe soll die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in und aus Deutschland sichtbar gemacht werden. Zu diesen Ausdrucksformen zählen neben Tanz, Theater, Musik und mündlich überlieferten Bräuchen auch verschiedene Handwerkskünste.

Voraussetzungen: Das Kulturgut muss eine besondere Technik oder auch Handwerkstechnik sein, die seit vielen Jahren generationsübergreifend betrieben wird und identitätsstiftend für eine spezielle Region ist.

Deutscher Beitritt am 10. Juli 2013

Verzeichnis: Auf Bundes- und Landesebene. Bundesländer wie Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben zusätzlich eigene landesweite Verzeichnisse. Aktuell sind 72 Kulturformen in der Liste aufgeführt.