Praxisfall Ausbildung: Die Ausbildungsqualität im Handwerk verbessern

Ein Forschungsprojekt will die Qualität der Ausbildung in den Handwerksbetrieben verbessern. Erste Instrumente liegen vor und werden von Betrieben getestet. Die Resonanz ist durchweg positiv. Kältetechnik-Spezialist Bastian Hintz erzählt von seinen Erfahrungen.

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    Handwerksunternehmer Bastian Hintz (re.) legt größten Wert auf die Ausbildung seiner Lehrlinge.
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    Im Handwerk sind Ausbildungsabbrüche nach wie vor hoch und für die Betriebe teuer, wie die Zahlen zeigen.
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    „Für jeden Teilbereich der Lehre ist bei uns ein anderer Ausbilder verantwortlich.“ Bastian Hintz, Kälteanlagenbauermeister und Firmenchef mit Ausbilder Robert Schrade.

Azubis besser ausbilden

Noch vor wenigen Jahren meldete Bastian Hintz freie Ausbildungsstellen der Arbeitsagentur und der Handwerkskammer und wartete dann auf Bewerber. Diese Zeiten sind vorbei. „Das reicht heute nicht mehr aus“, hat der Kälteanlagenbauermeister erkannt. Wenn er für seinen Betrieb, die Roter Kältetechnik GmbH in Langenhagen bei Hannover, Nachwuchs sucht, muss er den Schulabgängern eine attraktive Lehrstelle bieten. Deshalb beteiligte sich Hintz an dem Projekt „Qualitätsentwicklung in der Ausbildung in Handwerksbetrieben“ der Zentralstelle für Weiterbildung im Handwerk (ZWH) und der Handwerkskammer Hannover.

Das Projekt entwickelt Instrumente, die die Qualität und Attraktivität der Lehrlingsausbildung in den Handwerksbetrieben verbessern sollen. Zum einen, um Handwerksberufe und -betriebe für Jugendliche interessanter zu machen, zum anderen, um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden und bessere Prüfungsergebnisse zu erzielen. Die ersten Qualifizierungskonzepte liegen jetzt vor und werden von den beteiligten Handwerksbetrieben in der täglichen Praxis erprobt und weiterentwickelt. Ziel ist, allen Handwerksbetrieben zu mehr Qualität in der Ausbildung zu verhelfen.

Kälteanlagenbauer Hintz setzt in seinem Betrieb schon die ersten Hilfen aus dem im Projekt entwickelten Arbeitsheft „Gelungener Ausbildungsstart“ ein, zum Beispiel die Checkliste „Erster Arbeitstag“ (siehe Kasten unten) oder die Vorlage „Zusatzvereinbarung zum Ausbildungsbeginn“. Hier stehen Regelungen für Arbeitszeit, Überstunden oder Berufsschule drin. „Das ist schön übersichtlich, lässt sich einfach ausfüllen und ich bin sicher, nichts vergessen zu haben“, freut sich Hintz. Und der neue Lehrling hat alles schwarz auf weiß und weiß, was er alles beachten muss.

Vier Phasen der Ausbildung

Bei den Überlegungen, wie die Qualität der Ausbildung in den Handwerksbetrieben verbessert werden kann, gingen die Experten der ZWH strategisch vor. „Wir haben zunächst die vier entscheidenden Phasen der Ausbildung im Betrieb festgelegt und dann für jede Phase konkrete Hilfen für Ausbilder und für Lehrlinge erarbeitet“, erlärt Projektleiterin Beate Kramer von der ZWH (siehe auch Interview auf Seite 20). Diese qualitätsrelevanten Ausbildungsphasen sind:

1. Rekrutierung der Auszubildenden und Planung der Ausbildung

2. Einstiegsphase und Probezeit

3. Qualifizierungsprozesse während der Ausbildung (Zwischenprüfung)

4. Vorbereitung auf die Gesellenprüfung

Auch beim Thema Rekrutierung will sich Handwerksunternehmer Hintz noch verbessern. „Wir werden künftig in die Schulen gehen und den Beruf des Mechatronikers für Kälte- und Klimatechnik vorstellen, denn der ist bei der Jugend noch zu wenig bekannt“, plant Hintz. Helfen wird ihm dabei das Arbeitsheft „Nachwuchs werben und auswählen“, das ebenfalls im Rahmen des Projektes entwickelt wurde.

Schulung für Ausbilder

Ganz entscheidend für eine gute Ausbildung ist natürlich der Ausbilder. Das ist zwar in erster Linie Aufgabe des Chefs, aber in der betrieblichen Praxis lernt der Azubi von einem Gesellen oder Meister, entweder bei einem Auftrag beim Kunden oder in der Werkstatt. Hier setzt der Workshop „Qualifizierte Gesell(inn)en - fähige Azubis an, der ebenfalls in dem Projekt bei der Handwerkskammer Hannover entwickelt wurde. „In dem Zweitagesseminar vermitteln wir den ausbildenden Gesellen, wie die Lehrlinge ticken, geben Tipps zum Umgang mit Konflikten und zum systematischen Beurteilen“, informiert Psychologin Claudia Klemm, die in der Handwerkskammer Hannover das Projekt betreut.

Bastian Hintz hat seine Ausbilder schon zum Workshop geschickt und war überrascht, wie engagiert sie bei der Sache waren, auch wenn es abends später wurde. Gut angenommen wird auch der Workshop „Azubi-Tandem“, erzählt Claudia Klemm. Hier werden ältere Lehrlinge auf Mentorenaufgaben vorbereitet, um die Neulinge in die Ausbildung einzuführen.

„Die Workshops werden zunächst von den am Modellprojekt beteiligten 16 Handwerksbetrieben getestet, anschließend werden sie allen Betrieben in unserem Kammerbereich angeboten“, so Beraterin Klemm.

Für alle Betriebe nutzbar

Doch das ist erst der Anfang. Wenn das Projekt im Mai 2013 zu Ende geht und alle Qualitätsinstrumente durch die beteiligten Handwerkskammern Hannover, Ostwestfalen-Lippe und Braunschweig-Lüneburg-Stade getestet und für gut befunden wurden, werden alle interessierten Handwerksorganisationen die Materialien für ihre Handwerker nutzen können. Das Interesse daran ist groß, das zeigen schon die Anfragen von Zentralfachverbänden des Handwerks und von Ausbildungsberatern der Handwerkskammern. Die Anwendung des Qualitätskonzeptes in den betrieblichen Ausbildungsablauf soll durch die Entwicklung eines Diagnoseinstruments integriert werden. Ausbildungsberater können dieses für eine umfassende Beratung von Betrieben nutzen, es ist aber auch zur Selbstbewertung der Betriebe einsetzbar. Beate Kramer von der ZWH ist überzeugt, dass die Nachfrage bei Betrieben und Ausbildungsberatern groß sein wird.