Versicherung des Fuhrparks Autoversicherung: Mit Telematik-Tarifen Geld und Nerven sparen

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Telematik-Tarife sorgen für umweltverträgliches, umsichtiges Autofahren – und führen so zu sinkenden Reparatur- und Verbrauchskosten. Der Versicherungsmarkt bietet eine kleine und eine große Lösung. Was genau, mit welchen Vor- und Nachteilen, zeigt handwerk magazin.

Telematik hilft, Kosten zu sparen
Telematik, als App oder Box, ist ein gutes Mittel, um Fahrverhalten und Fuhrparkkosten zu optimieren. - © Shutter81 - stock.abobe.com

Am frühen Morgen des 21. März 2019 erlebte Stefan Zeltner (39) aus Erbendorf bei Weiden einen Schock: Mitten in der Nacht wurde der neue Firmenwagen des Oberpfälzers aus der Einfahrt gestohlen. Für den Außendienstmitarbeiter, der rund 60.000 Kilometer jährlich zurücklegt, beruflich wie privat ein herber Verlust. Doch Zeltner hat eine Telematik-Box in seinem Auto, die ihm das digitale Führen eines Fahrtenbuchs ermöglicht. Durch die Live-Ortung des Anbieters Vimcar kann das Auto sehr schnell in einem Waldstück nahe der polnischen Kleinstadt Dzierzoniów sichergestellt werden.

Telematik bietet Live-Ortung - und vieles mehr

Ortung ist bei Diebstahl ein wichtige Element der Telematik-Technik. Doch die Systeme können noch mehr. So halten sie zu jeder Zeit den Verbrauch des Fahrzeugs fest und wissen, wann der Fahrer Tempolimits überschreitet. Die Systeme erfassen auch den Fahrstil der einzelnen Fahrer. Rund 63 Prozent aller Telematik-Systemnutzer arbeiten mit einem „Global Positioning System“, bekannt als GPS. Das hat der Marktbeobachter Dataforce 2018 in einer Befragung von fast 24.000 Fuhrparkleitern festgestellt. Und 42 Prozent aller Unternehmen, die große Flotten von 50 bis 99 Firmenfahrzeuge haben, nutzen bereits Telematik-Systeme, so Dataforce. Der Anteil ist um rund 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Gleichzeitig zeigt die Studie: Bei kleinen Flotten von fünf bis neun Fahrzeugen verharrt der Nutzungsanteil von Telematik-Systemen bei zehn Prozent.

Telematik mit Versicherung koppeln

Tatsächlich gilt Telematik noch als Domäne des Lkw. Doch laut Dataforce gibt es auch eine ganze Reihe an Pkw-Flotten, bei denen bereits auf die neue Technik gesetzt wird. „Perspektivisch besonders attraktiv erscheint mir eine Kopplung von Telematik-Systemen mit Versicherungstarifen. Über 42 Prozent der Unternehmen, die bislang keine Telematik-Lösung nutzen, könnten sich vorstellen dies im Rahmen einer Kostensenkung der Versicherungstarife künftig zu tun“, weist Dataforce Analyst Nils Wehner auf eine Entwicklung hin, die wohl kommen wird. Doch wer als Handwerker auf die Assekuranzen setzt, dürfte noch lange warten müssen. Denn für gewerbliche Fahrzeuge bietet derzeit kein Versicherer in Deutschland einen Telematik-Tarif an. Dies zeigt eine aktuelle Umfrage, die handwerk magazin bei Assekuranzen durchgeführt hat.

Gute Tarife für Privatnutzer, die auch dem Handwerk nützen

Anders sieht die Versicherungslandschaft bei der privaten Nutzung aus. Hier haben Versicherer bereits Telematik-Tarife im Angebot. Dazu misst eine App im Smartphone, eine kleine Box im Fahrerraum oder ein Stick im Zigarettenan­zünder, wie sich der Fahrer im Straßenverkehr verhält. Diese Tarife sind insbesondere für junge Fahrer interessant, die mit der freiwilligen Kontrolle ihrer Fahrkünste eine Reduzierung der hohen Versicherungsprämie erzielen. Wer sich nicht sicher ist, ob er wirklich einen sicheren Fahrstil hat, kann vorab eine Telematik-App ohne Versicherung testen. Handwerksunternehmer profitieren zumindest indirekt: Sorgt die Fahrstilkontrolle für ein verbessertes Fahrverhalten, vermindert das auch das Risiko für Unfälle mit dem Firmenwagen. Laut der Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) gibt es bereits 300.000 private Telematik-Verträge am Markt.

Die kleine Lösung ist eine App

Zwei Versicherer bieten eine kleine Telematik-Lösung für Handwerksunternehmer an. Die AXAarbeitet mit der DriveApp, die über den AppStore kostenfrei auf das Smartphone geladen werden kann. Sie analysiert den Fahrstil und ermittelt eine Bewertung, den sogenannten Score . Dieser liegt zwischen null und 100. Je besser die Fahrweise, desto höher der Score. Die HDIbietet die DiamondDrive- App als 90-tägige kostenlose Testversion an. „Dafür muss das Smartphone mit der installierten HDI DiamondDrive-App immer bei den Fahrten mitgeführt werden“, erläutert HDI-Expertin Liane Hauburg.

Der Score ist bei beiden Anbietern nicht mit einem Versicherungstarif verbunden. Der Handwerker kann die App und den Score aber nutzen, um auf das Fahrverhalten seiner Mitarbeiter einzuwirken und es zu verbessern.

Mitarbeiter mit Bonus locken

Dafür hat Winfried Nibus, Kfz-Versicherungsexperte der Aktiv Assekuranz, einen Vorschlag: „Positive Anreize wie ein Bonusprogramm, können viel bewirken“, sagt er. So kann der Unternehmer beispielsweise für jeden Mitarbeiter, der einen Firmenwagen führt, einen Jahresbonus ausloben. Wird ein selbst verschuldeter Unfall verursacht, könnte die Hälfte dieser Summe gestrichen werden, beim zweiten Unfall der gesamte Bonus. Auch ein Score-Wettbewerb mit Preis für den höchsten Score kann das Fahrverhalten der Mitarbeiter positiv beeinflussen. „Solche Aktionen erhöhen die Sensibilität der Fahrer“, meint Experte Nibus. Weiterer Vorteil: Wird mit dem mit Firmennamen versehenen Dienstwagen nicht rücksichtslos gerast, nimmt das Image des Betriebes auf der Straße keinen Schaden mehr. Aber Achtung: Datenschutzrechtlich darf ein Arbeitgeber keine Einsicht in die aufgezeichneten Fahrten der Mitarbeiter nehmen.

Die große Lösung wirkt besser

Die große Lösung ist das fest im Fahrzeug installierte Telematik-System. „Wenn Ihr Mitarbeiter immer volle „Pulle“ fährt, können Sie das sehr schön über Ihre RAG-Grafik sehen, die Sie auf Ihrem Computer aufrufen können. Extrem steigender Verbrauch wird dann rot angezeigt“, erläutert Bastian Schössow vom Telematik-Anbieter GPS-WATCH aus Kisdorf in Schleswig-Holstein. Beim Konkurrenten Verizon Connect werden Geschwindigkeit, Fahren ohne Sicherheitsgurt oder der Kraftstoffverbrauch dokumentiert und per Scorecard ausgewertet. „Unterstützend gibt es bei uns den Eco-Buzzer. Er gibt Warnsignale ab, sollte beispielsweise die Geschwindigkeit stark überschritten werden“, erläutert Product Marketing Manager Stephan Hotz. Beim Anbieter Masternaut werden auch harsches Anfahren und Abbremsen oder die Kurvenfahrten mit zu hohem Tempo festgehalten. Die Daten werden direkt aus dem Fahrzeug ausgelesen. So können Fahrer ihren „ Score“ ermitteln und ihr Fahrverhalten verbessern. Wichtig: Eine Umschaltfunktion für den Fahrer sorgt dafür, dass er „Privatfahrt“ einstellen kann. Dann werden die Daten anonymisiert und nicht detailliert aufgezeichnet.

Datenschutz ist die Schwachstelle

Eine solche „Privattaste“ dürfte die Akzeptanz von Telematik-Systemen erhöhen. „Trotzdem muss der Mitarbeiter über die Nutzung GPS-fähiger Software in den Fahrzeugen informiert werden“, sagt Verizon-Manager Hotz. Es sei deshalb gängige Praxis, dass Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter eine Vereinbarung aufsetzen, die den Einsatzzweck des Systems definiert und darüber informiert, welche Daten erfasst werden – so will es der Datenschutz. „Kann das Unternehmen über den Spritverbrauch oder das Beschleunigungs- und Bremsverhalten Rückschlüsse auf das Fahrverhalten ziehen oder ein Bewegungsprofil erstellen, gilt es den Datenschutz zu wahren“, warnt Rechtsanwalt Lutz Fischer von der Kanzlei fischer.legal aus St. Augustin. Selbst die Führerscheinkontrolle der Mitarbeiter falle unter die Datenschutz-Grundverordnung.

Werden umfangreich persönliche Daten erhoben, schreibt das Datenrecht vor, „dass dargelegt werden muss, welche Sicherheitsmaßnahmen für die Daten bestehen“, so Fischer. Zudem müssen Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Datenschutzeinschränkungen in Bezug auf den Zweck begründet werden. „Kommen IT-Systeme zum Einsatz, die geeignet sind, das Verhalten von Arbeitnehmern zu überwachen, spricht der Betriebsrat mit“, erläutert Tim Wybitul, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Latham und Watkins aus Frankfurt. Er empfiehlt eine Betriebsvereinbarung über die genutzten IT-Systeme zu verfassen. Unternehmen können Telematik-Systeme, wie etwa das Fleet.Tech Beacon von Lostnfound, kostenlos testen (www.fleet.tech/voucher). „Unsere Fahrstilberechnungen berücksichtigen sogar externe Faktoren wie die Wetterbedingungen oder die Uhrzeit der Fahrt“, erläutert Daniel Thommen, Chef bei Lostnfound in München. Und beim Telematik-System der Bormann AG kann zusätzlich die Vergesslichkeit kompensiert werden: Die zuvor markierten Werkzeuge werden per RFID-Sensorik überwacht. Fehlt bei Fahrtantritt eines, schlägt das System Alarm. Meist wird dann wohl der Azubi zurück in die Werkstatt beordert, um das fehlende Werkzeug zu holen.