E-Rezept und QR-Codes AU-Bescheinigung: Darauf müssen sich Chefs nach dem Aus für den gelben Zettel einstellen

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Seit Januar 2023 sollten die gelben Formulare zur Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit eigentlich endgültig der Vergangenheit angehören. Doch die Praxis zeigt: Längst nicht alle Ärzte machen bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) mit oder erstellen ihre Meldungen nur mit großer Zeitverzögerung. So haben die Arbeitgeber oft mehr statt weniger Aufwand als früher.  

Au-Bescheinigung hat ausgedient
Seit Januar 2023 hat die Zettelwirtschaft endgültig ausgedient, doch manche Ärzte händigen immer noch die gelben Zettel aus. - © M. Schuppich - stock.adobe.com

Aus Sicht des Arbeitgebers klingt die Umstellung auf die neue elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) zunächst vorteilhaft. Denn anstatt sich selbst darum kümmern zu müssen, dass AU-Bescheinigungen von Mitarbeitern bei den Krankenkassen landen, sind nun die Ärzte dafür zuständig, die jeweilige Krankenkasse zu informieren. Allerdings führt die Neuregelung auch dazu, dass Betriebe ihre Abläufe neu organisieren müssen. War der gelbe Zettel oft auch die Grundlage dafür, die entsprechenden Fehlzeiten in der Zeiterfassung zu registrieren, muss der Arbeitgeber jetzt von sich aus erst einmal die AU-Daten von der jeweiligen Krankenkasse des Mitarbeiters abrufen, um diese dann auch korrekt bei der Erstellung der Entgeltabrechung berücksichtigen zu können.

Ärzte übermitteln die eAU oft mit großer Verzögerung

Iris Leisenheimer, die sich in den Malerwerkstätten Leisenheimer in Windsheim um die Lohnabrechnungen kümmert, kann der eAU im betrieblichen Alltag nur wenig Positives abgewinnen. Schließlich muss sie sich jetzt bei der Angabe der möglichen Krankheitsdauer komplett auf die mündlich übermittelten Angaben des jeweils krank geschriebenen Mitarbeiters verlassen. Diese trägt sie zunächst als Schätzung ins System ein und muss dann warten, bis die eAU des Arztes bei der Krankenkasse angekommen ist. Dann wird sie wiederum über die Software aufgefordert, die Krankheitsdauer entsprechend zu korrigieren. Doch das kann im Einzelfall dauern, je nachdem, wie schnell die Ärzte die AU-Daten an die zuständige Krankenkasse übermitteln.

Zeitverzug bei eAU verhindert korrekte Meldung zur U1-Umlage

Bei Kleinbetrieben wie den Leisenheimer Malerwerkstätten kann der Zeitverzug dazu führen, dass sie ihre Meldungen zur Umlagepflicht U1 eben auch erst verspätet erstellen können. Je nach Krankheitsdauer des Mitarbeiters geht es dabei durchaus um nennenswerte Beträge, schließlich erhalten Betriebe bis 30 Mitarbeiter durch die U1-Umlage einen großen Teil der Aufwendungen für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall von der Krankenkasse erstattet. Um die AU-Daten möglichst zeitnah und korrekt zu erfassen, versucht Iris Leisenheimer, die Krankheitsdauer möglichst exakt bei den Mitarbeitern abzufragen, was diese natürlich auch manchmal nerve.

Wichtig: Beschäftigte müssen Arbeitsunfähigkeit weiterhin melden

Für den Arbeitnehmer, der sich nicht gut fühlt, zu seinem Arzt geht und sich krankschreiben lässt, ist jedoch wichtig zu wissen, dass die neue Digitalisierung ihn keineswegs komplett aus seinen Pflichten entlässt. Niemand darf sich darauf verlassen, dass durch die neuen digitalen Automatismen sich alle Meldepflichten von selbst erfüllen. Jeder muss auch künftig seine Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt feststellen lassen und von sich aus seinen Arbeitgeber zeitnah über eine Arbeitsunfähigkeit informieren.

Noch keinen Plan, wie das mit der eAU laufen soll? Viele Fragen zur Umstellung beantwortet die Kassenärztliche Bundesvereinigung., das Video der IKK Classic erklärt den Prozess aus Sicht der Arbeitgeber.

© IKK Classic 2022

QR-Codes statt rosa Zettel – das E-Rezept

Auch ein anderes millionenfach benötigtes Dokument im Gesundheitswesen wird digital. Ein E-Rezept soll künftig die rosa Papierform ersetzen. Besonders nach Videosprechstunden war es bislang für Patienten ärgerlich, nur zum Abholen eines Rezeptes die Arztpraxis aufsuchen zu müssen. Kann auf das Ausstellen eines Rezeptes in Papierform verzichtet werden, weil das Rezept digital übermittelt wird, erspart dies Zeit und Wege. Künftig soll man seine Rezepte – in einigen Ländern Europas ist das bereits heute möglich – nur noch in elektronischer Form erhalten. Die Rechtsbasis dafür ist das Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG).

Die Pflicht zum E-Rezept kommt - Zeitpunkt noch unklar

Eigentlich sollte die Pflicht zum digitalen Rezept für verschreibungspflichtige Arzneimittel bereits ab Januar 2022 greifen. Doch der sehr ambitionierte Zeitplan erwies sich als unrealistisch, weil vor allem Ärzte, Kassen und Apotheken in der Praxis mit zahlreichen Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen hatten. Der neue Plan: Die Gesellschafter der Gematik - das sind das Bundesministerium für Gesundheit und Soziales sowie Ärzte-, Kassen - und Apothekerverbände - wollen erst dann konkret über eine flächendeckende Einführung sprechen, wenn die gemeinsam definierten Zielkriterien erreicht sind. Nachdem das einzige bundesweite Pilotprojekt zum E-Rezept in Westfalen-Lippe jetzt wegen Datenschutzbedenken gestoppt wurde, ist jedoch wieder völlig unklar, in welcher Form und wann das E-Rezept überhaupt kommen wird.

Vorteil für Patienten, aber auch für Online-Apotheken

Aus Patientensicht klingt das E-Rezept nach einer Vereinfachung. Vorausgesetzt, man besitzt ein Smartphone und kann damit umgehen. Ist das nicht der Fall, soll es weiterhin möglich bleiben, sich sein Rezept in Papierform von der Arztpraxis ausdrucken zu lassen. Alle anderen haben die Option, ihr E-Rezept direkt an eine Apotheke ihrer Wahl zu senden. Wer die Infrastruktur an seinem Wohnort stärken will, klickt keinen Online-Medikamentenhändler an, sondern wendet sich an die Apotheke seines Vertrauens vor Ort. Dort prüft man, ob das gewünschte Arzneimittel vorrätig ist oder bestellt werden muss und liefert auf Wunsch zeitnah aus.