Arbeitsrecht: Überstunden richtig organisieren

Der Betrieb brummt, die Auftragsliste wächst. Die Arbeit muss weggeschafft werden – oft klappt das nur mit Überstunden. Dafür gibt es verschiedene Modelle. Das Arbeitsrecht setzt klare Grenzen.

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    © Dirk Meissner
    Die Zeit verfliegt, Chefs sollten die Übersstunden ihrer Mitarbeiter im Blick haben.
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    © Potratz
    „Innerhalb von sechs ­Monaten muss der Chef für die Mit­arbeiter einen Ausgleich schaffen.“ Arnd Potratz, ­Fachanwalt für Arbeitsrecht in Köln.

Arbeitszeit optimal organisieren

Hoch oben über den Köpfen der anderen Menschen ist der Blick ausgezeichnet – und auch mehr als genügend Arbeit vorhanden. Dachdecker Ralf Brandt kann sich jedenfalls nicht beklagen, „viel Arbeit ist hier das ganze Jahr über“, sagt der Kölner. Vier Angestellte hat der 48-Jährige, und wenn es zeitlich besonders eng wird, dann steht er auch mit auf dem Dach. „Da sammeln meine Angestellten auch schnell ein paar Überstunden an“, erklärt Brandt. Der Dachdecker lässt seinen Angestellten die Wahl: Entweder erhalten sie einen Überstundenzuschlag von 25 Prozent oder sie können die Überstunden mit Freizeit ausgleichen.

Die Wirtschaft brummt weiter. Und so gibt es auch mehr Überstunden: Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) prognostiziert für 2013 für die gesamte deutsche Wirtschaft ein Volumen von etwa 1,45 Milliarden Überstunden, 2012 waren es noch knapp unter 1,4 Milliarden Stunden.

Überstunden müssen Regeln folgen

Das Arbeitsrecht setzt für die Überstunden allerdings Grenzen: Ein Handwerksunternehmer  kann nicht einfach lapidar Überstunden anordnen, warnt  der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Arnd Potratz. „Eine beliebte Klausel im Arbeitsvertrag ist etwa: Mehrarbeit ist mit dem Gehalt abgegolten“, beschreibt der Anwalt. „Aber so einfach ist es nicht. Solche Klauseln sind oftmals ungültig.“ Denn wenn es sich um einen Standardarbeitsvertrag handele, auf den das AGB-Gesetz anwendbar sei, fordere der Gesetzgeber ein hohes Maß an Transparenz. Und die sei schon dann nicht gegeben, wenn das Maß an Überstunden nicht klar definiert sei.

Das Arbeitszeitgesetz schreibt außerdem vor, dass zwar die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden auf bis zu zehn Stunden verlängert werden darf. „Aber dann muss innerhalb von sechs Monaten ein Ausgleich geschaffen werden“, sagt Potratz. Denn Überstunden sollen nicht zum Dauerzustand werden, sondern ein Ausnahmefall bleiben. Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können hier andere Regelungen finden, bei größeren Unternehmen muss dann womöglich auch der Betriebsrat eingeschaltet werden.

Interessen vernünftig abwägen

„Du bleibst heute länger, du musst Überstunden machen.“ Wenn der Chef so auftritt, dann ist Ärger im Handwerksbetrieb dennoch vorprogrammiert. „Der Chef muss nach billigem Ermessen eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Betriebs und des Angestellten durchführen“, sagt Potratz. Und genau hierin liegt auch eine Gefahr für den Chef, wenn er allzu forsch auftritt.

So kann der Unternehmer die unberechtigte Verweigerung von Überstunden zwar auch mit einer Abmahnung oder gar einer Kündigung ahnden. „Schade ist es nur, wenn der Chef mit seinem Mitarbeiter ansonsten zufrieden ist“, sagt der Fachanwalt für Arbeitsrecht. Denn dann fallen womöglich noch sehr frustrierende Überstunden vor Gericht an.