Bewertungsportale An den Pranger gestellt

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Immer mehr Kunden informieren sich vor dem Kauf im Internet. Da jeder negative Eintrag Kunden kosten kann, lohnt es sich, das eigene Image zu überwachen und zu korrigieren.

An den Pranger gestellt

Bis zu 80 Prozent seiner Neukunden gewinnt Elektrotechniker Sascha Reitz über das Internet. Damit möglichst viele potenzielle Kunden den Weg zu seiner Homepage finden, investiert der Chef von drei Mitarbeitern jährlich 3000 Euro für Homepagepflege und Suchmaschinenoptimierung.

Eine schlechte Bewertung, da ist sich der Frankfurter Unternehmer sicher, kann jedoch den Kundenstrom schnell versiegen lassen. Denn negative Mundpropaganda verbreitet sich on- wie offline gleichermaßen schnell.

Angst vor dem Urteil seiner Kunden hat Reitz dennoch nicht. Allerdings hat er inzwischen gelernt, dass man „nicht jeden glücklich machen kann“. So seien schlechte Noten nicht auszuschließen, weil es in der Praxis leider immer wieder vorkommt, dass jemand einem etwas auswischen will.

„Wenn unzutreffende Behauptungen aufgestellt werden, müssen wir notfalls auch rechtliche Schritte einleiten“, ist sich Reitz bewusst.

Am Internet kommt man heute nicht mehr vorbei

Ein Risiko, das die meisten Unternehmer lieber meiden würden. Genau das aber ist nach Einschätzung von Professor Michael Bernecker unmöglich: „An den Themen Internet und Bewertungen kommt man heute als Handwerksunternehmer nicht vorbei“, weiß der Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Marketing in Köln.

Weil die jüngeren Zielgruppen damit aufwachsen, wird die Bedeutung der Internetbewertungen nach seiner Einschätzung weiter zunehmen. „Bereits heute gilt, dass eine negative Beurteilung 50 Prozent der potenziellen Kunden abschreckt, während eine gute Online-Note ein Drittel positiv beeinflusst.“

Laut Bernecker gibt es eben zwei Arten von Kommunikation über die Qualität des Unternehmens: die gesteuerte, also Werbung, und die aus dem Umfeld wie die Bewertungen. „Letztere ist glaubwürdiger und damit effektiver.“

Doch diese Erkenntnis hat sich im Handwerk noch längst nicht herumgesprochen. So gab es etwa heftige Diskussionen, als die Kammer Hamburg ihr Handwerker-Suchportal durch eine Bewertungsfunktion für die Kunden ergänzen wollte.

Meinungsfreiheit deckt auf deftige Werturteile

„Die Sorge vor der Missbrauch war groß“, erinnert sich Hauptgeschäftsführer Frank Glücklich. Allerdings baute die Kammer vorsorglich Schutzfunktionen ein, in den letzten drei Jahren gab es nur einen aufgedeckten Fall von Missbrauch.

„Die Meinungsfreiheit erlaubt Werturteile, auch in scharfer Form“, so Thorsten Müller-Winterhager, Anwalt im Berliner Büro der Spitzweg Partnerschaft. „Zu teuer“, „unfreundlich“ oder „mieser Service“, „nie wieder!“ – gegen solche Äußerungen ist kaum etwas auszurichten.

„Alles muss sich der Handwerker nicht bieten lassen“, sagt der Münchner Anwalt Michael Karger, „gegen unwahre Tatsachenbehauptungen oder sogenannte Schmähkritik kann er sich rechtlich wehren.“ Unrichtige Aussagen etwa über Mängel, Termintreue oder Preise, aber auch Beschimpfungen sind angreifbar. Allerdings erfolgen die meisten Äußerungen im Internet anonym oder unter Nicknames, häufig ohne E-Mail-Adresse.

„Aber der Betreiber der Internetseite ist bekannt, und an den kann ich mich halten“, weiß der Frankfurter Anwalt Thomas Lapp. Allerdings warnt er davor, bei Ärger mit Online-Bewertungen zu sehr auf rechtliche Mittel zu bauen.

Persönlichen Kontakt zum Kunden pflegen

„Auch wenn es gelingt, einen Beitrag löschen zu lassen, kann der Effekt eine Negativ-Werbung sein, denn die Internetgemeinde reagiert in solchen Dingen sehr empfindlich, und nicht unbedingt gerecht.“

Elektrotechniker Reitz legt deshalb großen Wert auf den Dialog mit seinen Kunden, fragt die Zufriedenheit ab und klärt Probleme sofort. Doch auch bei guten Kundenbeziehungen tun Unternehmer gut daran, die Bewertungen im Auge zu behalten.

So bekam Reitz bei www.KennstDuEinen.de nur die Gesamtnote zwei, obwohl er eine eins verdient hätte. Schuld war ein Kunde, der das Notensystem nicht verstanden hatte.

Obwohl er mit dem Service superzufrieden war, gab er Reitz eine Fünf, weil er dies fälschlicherweise für die bestmögliche Note hielt.

kerstin.meier@handwerk-magazin.de