Altersdiskriminierung: Raus hier, Sie sind zu alt

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Arbeitsrecht

Ist bei einer Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin aufgrund von Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters zu vermuten und gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diesen Verdacht zu widerlegen, ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam.

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Das hat das Bundesarbeitsgericht im Fall einer zum Kündigungszeitpunkt 63 Jahre alten Klägerin entschieden, die bei der beklagten Gemeinschaftspraxis seit 1991 als Arzthelferin beschäftigt ist (Az.: 6 AZR 457/14). In der Praxis sind noch vier jüngere Arbeitnehmerinnen tätig. Die Klägerin war zuletzt überwiegend im Labor eingesetzt. Die Gesellschafter der Praxis kündigten ihr Arbeitsverhältnis wegen Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten. Dabei führten sie an, die Klägerin sei „inzwischen pensionsberechtigt“. Den anderen Beschäftigten wurde nicht gekündigt.

Arbeitgeber argumentiert nicht überzeugend

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangt eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Das Kündigungsschreiben lasse eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten. Nach Darstellung der Beklagten sollte die Kündigung lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden. Die Kündigung sei wegen eines zu erwartenden Entfalls von 70 bis 80 Prozent der abrechenbaren Laborleistungen erfolgt. Die Klägerin sei mit den übrigen Arzthelferinnen nicht vergleichbar, weil sie schlechter qualifiziert sei. Deshalb sei ihr gekündigt worden.

Klares Votum des Bundesarbeitsgerichts

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Der Grund: Die Kündigung verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und ist deshalb unwirksam. Der Arbeitgeber habe keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Klägerin der geltend gemachte Entschädigungsanspruch zusteht, konnten die Erfurter Richter selbst nicht feststellen. Deshalb wurde die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Rechtstipp

Die Entscheidung zeigt, dass auch in Betrieben, in denen wegen der geringen Mitarbeiterzahl das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, kein rechtsfreier Raum besteht, sondern die Arbeitsgerichte zumindest eine Missbrauchskontrolle durchführen. Arbeitgeber tun gut daran, in einem Kündigungsschreiben keine Kündigungsgründe anzugeben, um keine unnötigen Angriffsflächen zu bieten. Außerdem sollten sie jede mündliche oder schriftliche Äußerung vermeiden, die auf eine Diskriminierung schließen lässt.