Als starkes Team mehr leisten

Motivation | Alle für einen, einer für alle - ohne Teamgeist können Kleinbetriebe ihr Leistungsvermögen nicht annähernd ausschöpfen. Doch gute Zusammenarbeit muss sich systematisch entwickeln.

Firmenchef Johannes Rau (Dritter von rechts mit Frau Martina) lädt seine Mitarbeiter Michael Gscheidle, Goran Cutura, Ralf Bauer und Karlheinz Kumm (von links) zur Kreuzfahrt ein. - © KD Busch

Als starkes Team mehr leisten

Fünf Prozent mehr Umsatz in der Wirtschaftskrise? Als Badspezialist Johannes Rau und seine fünf Mitarbeiter das Ziel für 2009 festlegten, murrte keiner über unrealistische Vorgaben. Im Gegenteil: „2008 war ein Superjahr, da waren wir uns einig, 2009 noch etwas draufzulegen“, erklärt der Inhaber von Rau Bad und Heizung in Ilsfeld-Auenstein (bei Heilbronn). Eine ungewöhnliche Belohnung fachte den Ehrgeiz des Teams zusätzlich an. So lädt Rau beim Erreichen des Ziels seine Mitarbeiter inklusive ihrer Lebenspartner im Mai nächsten Jahres zu einer Kreuzfahrt auf die AIDA ein.

Größenwahn im Kleinbetrieb? Aber keineswegs. Denn was auf den ersten Blick nahezu unglaublich klingt, ist Teil einer ganz speziellen Firmenphilosophie. „Für mich sind die Mitarbeiter das wichtigste Kapital, deshalb bringe ich ihnen auch eine besondere Wertschätzung entgegen“, erklärt Johannes Rau. So hat er bei seiner früheren Tätigkeit in einem Großbetrieb oft schmerzlich feststellen müssen, dass die Maschinen zwar perfekt gewartet werden, die Belange der Mitarbeiter aber häufig zu kurz kommen.

Im Rau-Team gibt es deshalb neben den üblichen Fachschulungen auch persönliche Weiterbildungen, jeder Mitarbeiter fährt einen eigenen Smart und wickelt seine Aufträge eigenverantwortlich nach dem individuellen Rau-Serviceversprechen ab. Obwohl dabei pro Woche oft 50 bis 60 Arbeitsstunden zusammenkommen, sind alle motiviert und mit Spaß dabei. „Die Mitarbeiter“, so Rau, „hängen sich wirklich richtig rein.“

Betriebsklima entscheidet

Dass eine solche Identifikation mit dem Job nicht nur - wie auch bei Rau Bad und Heizung - mit einer übertariflichen Bezahlung sowie außergewöhnlichen Belohnungen zusammen hängt, bestätigen die von handwerk magazin und dem Münchner Geva Institut durchgeführten Betriebsklimabefragungen im Handwerk. Entscheidend für die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter ist demnach das Betriebsklima, erst an zweiter Stelle folgt das Gehalt vor dem Umgang mit Kollegen und der Arbeitsplatzsicherheit. Wer als Firmenchef das vorhandene Leistungspotenzial optimal ausschöpfen möchte, sollte also für einen fairen und motivierenden Umgang im Team sorgen. Denn unzufriedene Mitarbeiter, so die Erfahrungen der Geva-Arbeitspsychologen, sind weniger leistungsbereit und ziehen mit ihrer negativen Einstellung oft das ganze Team herunter.

Franz Josef Gomolka, Unternehmens- und Strategieberater in Weissach (siehe Interview rechts), kennt die Schwachstellen aus seiner Beratungspraxis: „Die Mitarbeiter klagen oft über zu wenig Information und Kommunikation.“ So redeten zwar gerade in Kleinbetrieben Chef und Mitarbeiter viel über das Alltagsgeschäft, doch darüber hinaus findet meist keine Kommunikation über persönliche und unternehmerische Zielsetzungen statt. Ohne die, so Gomolka, kann zwar jeder Einzelne sein Bestes geben, doch das Leistungspotenzial des Teams wird nicht ausgeschöpft. Schließlich käme der vielzitierte Teamgeist, bei dem sich jeder sowohl für das gemeinsame Ziel als auch für den anderen einsetzt, nur dann zum Tragen, wenn es ein gemeinsames Ziel gibt.

Johannes Rau weiß, wovon der Experte redet: „2007 war kein gutes Jahr, deshalb habe ich überlegt, was man besser machen kann.“ Mit Unterstützung von Gomolka richtete der Bad- und Heizungsspezialist seinen Betrieb neu aus. Erste Maßnahme war eine anonyme Mitarbeiterbefragung, die dann auch die üblichen Kommunikationsdefizite aufzeigte. Im zweiten Schritt entwickelten Chef und Mitarbeiter ein gemeinsames Leitbild: „Unsere Alleinstellung ist das Familiäre und Persönliche, sowohl innerhalb des Betriebs als auch gegenüber den Kunden“, fasst Rau zusammen. Die Früchte der gemeinsamen Zielsetzung zeigten sich bereits im nächsten Geschäftsjahr, das - mit den gleichen Mitarbeitern - „einfach super lief“, wie der Chef stolz formuliert. Das für 2009 angepeilte Umsatzwachstum hat der Betrieb bereits im November erreicht. „Die Kreuzfahrt für nächsten Mai ist bereits gebucht“, freut sich Johannes Rau.

Teamgeist aufbauen

Hildegard Deriko, Geschäftsführerin der Paul Albrecht GmbH in Bad Sobernheim, hat ihre 30 Mitarbeiter im September ebenfalls mit einem etwas anderen Betriebsausflug überrascht: Zwei Tage Tirol mit Bergwanderung, Hüttenübernachtung sowie Mountainbike- und Raftingtour. Besonders gut angekommen sei bei den zumeist jungen Mitarbeitern die Raftingtour, das Wandern wurde von den meisten nicht so als Event gesehen: „Insgesamt hat sich der Ausflug dennoch positiv auf den Teamgeist und die Zusammenarbeit ausgewirkt, das werden wir nächstes Jahr sicher wieder machen“, erklärt Hildegard Deriko.

„Natürlich lassen sich mit einer Veranstaltung keine tiefgreifenden Probleme lösen, doch je nach Ausgestaltung können wir damit Prozesse anstoßen“, erklärt Till Preis vom Event-Anbieter „Outdoor2Business“ in Köln. So unterscheiden die Veranstalter zwischen reinen Spaß- und Motivationsveranstaltungen sowie professionellen Teamtrainings. Geht es bei den Spaßevents vorrangig um das gemeinsame Erlebnis, werden die Events zur Teambildung exakt auf die individuelle Situation der Firma zugeschnitten. Da solche, in Zusammenarbeit mit Arbeitspsychologen konzipierte Veranstaltungen sehr teuer sind, entscheiden sich die meisten Firmen laut Preis für eine Mischform: „Spaß haben und mit sinnvollen Aufgaben den Teamgedanken stärken.“

Im Trend liegen dabei vor allem Veranstaltungen mit GPS-Navigation. Beim Geocoaching (siehe unten) müssen die Teilnehmer etwa in einem Waldstück Aufgaben an verschiedenen Stationen lösen, erst dann erhalten sie die Koordinaten für die nächste Station. Passend zur Wintersaison bietet Anbieter „Faszinatour“ in Immenstadt (Allgäu) zudem Winterspiele und Übernachtungen im Iglu-Village an. „Gerade in einem solchen Umfeld lassen sich Kommunikation und Teamgeist nachhaltig fördern“, weiß Inka Scholz von „Faszinatour“. Welches Event das richtige ist, lässt sich laut Scholz nicht pauschal sagen. „Angebote von der Stange gibt es fast nicht, wir beraten jeden Kunden individuell.“

Steuergrenze 110 Euro

Outdoor2Business-Experte Till Preis hat noch ein weiteres Kriterium parat: die steuerliche Absetzbarkeit. Für einen Betriebsausflug kann der Unternehmer jedem Mitarbeiter bis zu 110 Euro steuerfrei zuwenden. Wird es teurer, müssen die Mitarbeiter den darüber hinausgehenden Betrag als geldwerten Vorteil versteuern. Laut Preis sind deshalb viele Event-Angebote so konzipiert, dass sie unterhalb der Steuergrenze liegen. Reine Teambildungsmaßnahmen könne der Unternehmer dagegen als Weiterbildung geltend machen. Da die Grenze fließend sei, gäbe es keine Garantie für die Anerkennung als Betriebsausgabe. „Dass eine AIDA-Kreuzfahrt auch beim gutmütigsten Finanzbeamten keine steuerliche Anerkennung findet, ist für Johannes Rau kein Thema: „Die Reise ist für die Mitarbeiter natürlich kostenneutral, den Ausgleich des geldwerten Vorteils übernimmt die Firma.“ -

kerstin.meier@handwerk-magazin.de