Fachkräfte: Ältere Arbeitnehmer beschäftigen

Der demografische Wandel kommt in die Betriebe. Deshalb müssen Unternehmen ältere Mitarbeiter besser in Strukturen und Prozesse integrieren. Für das Handwerk eröffnen sich hier viele Chancen.

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    Handwerksunternehmer Holger Schiffer (li.) baut auf die Qualität älterer Mitarbeiter wie Rolf Pfeiffer.
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    Ältere Fachkräfte werden künftig für den ­Arbeitsmarkt noch wich­tiger werden.
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    „Im Handwerk sind bereits sieben Prozent der Mitarbeiter 60 Jahre oder älter.“ Holger Schwannecke, Generalsekretär des ­Zentralverbandes des Deutschen Handwerks.

Neue Chancen mit älteren Mitarbeitern

Bis zum Jahr 2050 wird die deutsche Bevölkerung nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes um rund sieben Millionen Menschen schrumpfen. Gleichzeitig ist der Anteil der unter 20-Jährigen zwischen 1960 und 2010 von 28,4 auf 18,4 Prozent gesunken, während parallel der Anteil der älteren Personen beständig gestiegen ist. Dies wirkt sich negativ auf den Arbeitsmarkt in Deutschland aus: Laut der Studie „Arbeitslandschaft 2030“ der Beratungsgesellschaft Prognos droht Deutschland im Jahr 2030 eine Arbeitskräftelücke von 5,5 Millionen Erwerbstätigen, und bereits heute haben Zahlen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages zufolge rund 70 Prozent der Unternehmen Schwierigkeiten, genügend Fachkräfte zu finden.

Dadurch rücken insbesondere im Handwerk ältere Arbeitnehmer in den Fokus. Sie können die Lücken qualitativ schließen, die das Fehlen der Jungen reißen, und sie bringen zahlreiche Fähigkeiten in die Unternehmen ein.

Das hat auch Holger Schiffer erkannt. Der Mönchengladbacher Sanitär- und Heizungsbaumeister führt den Fachbetrieb „Schiffer schöne Bäder“ in vierter Generation, nachdem er ihn im Jahr 2010 von seinem Vater Karl-Heinz übernommen hat. Sein Unternehmen hat eine lange Tradition in der Beschäftigung von älteren Mitarbeitern. „Wir haben es vielfach erlebt, dass unsere Techniker und Außendienstmitarbeiter bei uns in Rente gegangen sind. Es war uns immer wichtig, sie so lange wie möglich im Betrieb zu halten“, erklärt Holger Schiffer.

Unglaublicher Erfahrungsschatz

Das gilt auch noch heute. „Unser Altgeselle Rolf Pfeiffer ist 56 Jahre alt und ein wichtiger Teil des Unternehmens“, so Schiffer. Ältere Mitarbeiter, das gilt für das ganze Handwerk, bringen einen unglaublichen Erfahrungsschatz mit ein. Sie können Wissen vermitteln, das heute in den Ausbildungen nur noch am Rande gelehrt wird, aber dennoch sehr wichtig ist.

Holger Schiffer denkt dabei in seinem Gewerk besonders an Altbauten. Diese kämen nun nach und nach in die Jahre. „Ein junger Mitarbeiter weiß beispielsweise in aller Regel nicht, wie man mit Rohren aus den 1950er- oder 60er- Jahren umgeht, wenn diese defekt sind. Da ist dann der Altgeselle gefragt, solche Schäden fachkundig zu beheben und gleichzeitig den jüngeren Kollegen zu zeigen, wie man mit diesen Beständen umgeht.“

Sein Mitarbeiter Rolf Pfeiffer ist zwar hauptsächlich im Kundendienst tätig. Aber auch hier könnten Ältere viele Stärken ausspielen. Zum einen sei das Auftreten sicherer und vielfach auch höflicher als bei Jüngeren, und zum anderen verfügten Fachleute wie Rolf Pfeiffer auch in der Betreuung von Kunden und Objekten über einen großen Erfahrungsschatz. „Wir betreuen zum Beispiel seit vielen Jahren eine Bank vor Ort. In deren Objekt ist immer viel gebaut und modernisiert worden. Wenn ein Mitarbeiter eine solche Immobilie jahrelang begleitet, kennt er die Details und kann Probleme viel kundenorientierter und effizienter beheben“, sagt Schiffer.

Wichtiges Age-Management

Aber gleichzeitig müssen die Unternehmen diese Mitarbeiter auch speziell fördern, um deren Leistungsfähigkeit zu erhalten und ihnen zu ermöglichen, bis zum Ende des regulären Erwerbslebens im Beruf bleiben zu können. Als „Age-Management“ werden solchen Maßnahmen bezeichnet. Dabei geht es besonders um die Gesundheitsförderung älterer Kollegen, wozu unter anderem die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes oder auch eine Herabsetzung der Arbeitsanforderungen gehören können. Aber auch andere Maßnahmen sind möglich, zum Beispiel eine Reduzierung der Arbeitszeit oder Teilzeitangebote.

Bei Schiffer in Mönchengladbach setzt der Chef beides ein. „Wir haben mit Rolf Pfeiffer auf seinen Wunsch hin ein Vier-Tage-Modell vereinbart, damit er kürzer treten kann und mehr Erholung hat“, erklärt der Unternehmer und hofft, dass Pfeiffer so dem Betrieb noch lange erhalten bleibt. Zudem ist seine Tätigkeit im Außendienst körperlich weniger fordernd als die Arbeit auf einer Baustelle. „Und da sind wir so organisiert, dass wir Unterstützung bei der körperlichen Anstrengung bieten – und sei es nur in Form von speziellen Karren zum Transport von Materialien und Werkzeugen“, so Sanitär- und Heizungsbaumeister Schiffer.

Gutes Betriebsklima

Substanzielle Veränderungen in den betrieblichen Abläufen hat Schiffer nicht festgestellt. Er musste keine Pausenzeiten anpassen, und auch die Kernarbeitszeit blieb unangetastet. „Das war auch gar nicht der Wunsch des älteren Kollegen“, sagt er.

Holger Schiffer hat festgestellt, dass es neben der flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit und des Arbeitsplatzes auch auf das Arbeitsklima ankommt, um ältere Mitarbeiter – auf die er auch in Zukunft bauen will – langfristig an den Betrieb zu binden. „Ältere wollen Verantwortung übernehmen und auch selbstbestimmt arbeiten. Das bestätigt auch Birgit Ester, Leiterin des Instituts für Technik der Betriebsführung.

Für Sanitär- und Heizungsbauunternehmer Schiffer ist eine gesunde Mischung von Alt und Jung im Betrieb wichtig, damit jede Gruppe ihre individuellen Fähigkeiten ausspielen kann. Er wird weiterhin auch auf Ältere bauen.