Abzocke im Web

Internet-Kriminalität | Unseriöse Geschäftemacher entdecken immer neue Methoden, um Internet-Surfern Geld aus der Tasche zu ziehen. Die beliebtesten Tricks und wie Sie sich wehren können.

Abzocke im Web

Der Brief enthält eine wüste Drohung: Sie haben, heißt es in dem Mahnschreiben eines Servicecenters aus der Schweiz, unwahre Angaben zur Person gemacht, als Sie sich auf der Internetseite www.nachbarschaftspost.com angemeldet haben. Das sei Betrug und man behalte sich eine Strafanzeige vor. Fällig seien 54 Euro plus eine Mahngebühr von fünf Euro. So steht es auf der beigefügten Rechnung, ausgestellt von der „Connection Enterprise Ltd“ mit Sitz auf den britischen Virgin Islands in der Karibik.

In den vergangenen Monaten erhielten Tausende Deutsche solche dubiose Mahnschreiben. Alle waren beim Surfen im Internet in eine Abo-Abzockfalle getappt, vor der die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz schon im April 2008 gewarnt hatte. Bereits damals erhielten viele Menschen Anrufe, bei denen per Bandansage behauptet wird, ein Nachbar hätte eine wichtige Nachricht hinterlegt, die auf der Seite www.nachbar schaftspost.com mit einem Zahlencode abgefragt werden könne. Der Code wurde gleich telefonisch mit durchgegeben. Auf der angegebenen Internetseite steht in großen Lettern die gleiche Botschaft: „Für Sie wurde eine persönliche Nachricht hinterlegt.“

Der Haken dabei: Wer auf der Seite surft, muss nicht nur den Code, seine Rufnummer und seinen Namen eingeben, sondern per Klick die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) akzeptieren. Und die lesen sich die meisten Nutzer nicht durch. Aus ihnen geht hervor, dass der Service der „Nachbarschaftspost“ neun Euro im Monat kostet und der Vertrag automatisch zwei Jahre läuft. Das macht 216 Euro. Die Briefe, die die Firma mit bislang unbekannten Hintermännern jetzt verschickt, sind genau genommen Mahnungen für die ersten sechs Monate des Abos (54 Euro).

Die Machenschaften der „Connection Enterprises Ltd“ sind nur ein Beispiel für die unzähligen Angebote, mit denen unseriöse Geschäftemacher Internet-Surfer in raffinierte Vertragsfallen locken und versuchen, ihre Opfer auszunehmen. Ob Tests zur Intelligenz oder Angebote zur Ahnenforschung, ob vermeintlich attraktive Gewinnspiele, Hausaufgabenhilfen oder dubiose Geldanlageangebote – das Internet ist für listige Betrüger eine ideale Spielwiese. Wer darauf nicht hereinfallen will, sollte die wichtigsten Betrugsmaschen kennen und wissen, wie man sich dagegen wehren kann – zehn Tricks im Überblick.

1. Die wertlosen Billig-Aktien. Am Neuen Markt haben Millionen Anleger während der Internetblase viel Geld verloren. Trotzdem machen märchenhafte Geschäftsideen wieder die Runde. Dabei werden in Internetforen heiße Tipps für Papiere gegeben, die im Freiverkehr, in einem wenig regulierten Segment der Frankfurter Börse, notiert sind. Stets handelt es sich dabei um Billigaktien, deren Kurs sich oft nur bei wenigen Cent oder allenfalls ein paar Euro bewegt. Häufig handelt es sich um Rohstoffwerte. Die Tippgeber verbreiten dann tolle Geschichten über die Unternehmen, die in Zukunft angeblich Milliardenumsätze erwirtschaften würden. In Wirklichkeit gehe es ihnen nur ums eigene Geld, warnt die Direktbank Ing-Diba in ihren „Informationen für kritische Bankkunden“. Der Hintergrund: Wer die Aktien empfiehlt, hat die Papiere längst günstig erworben und sucht nun ahnungslose Käufer, die den Kurs nach oben treiben. Wenn es so weit ist, steigen die Altbesitzer aus – der Kurs bricht ein, und die neuen Käufer bleiben auf ihren Verlusten sitzen.

2. Das kostspielige Gratiskondom. Kondome sind auch im Supermarkt nicht kostenlos. Trotzdem fallen immer wieder Internet-Nutzer auf Slogans wie „Hol Dir Dein Gratis-Kondom!“ herein. Gratis gibt es die Verhüterli aber auch im weltweiten Netz nicht. Wer zum Beispiel die Seite condome.tv besucht und sich dort die Angaben nicht genau anschaut, wird feststellen, dass er nach einer Testphase von 14 Tagen mit einer Schweizer Firma ein Jahresabo abschließt. Das Unternehmen verschickt 12 Kondome pro Monat – allerdings für acht Euro.

3. Das teure Kochrezept. Auf gute Kochrezepte mag keine Hausfrau und kein Hausmann verzichten. Im Internet finden sich Millionen davon, natürlich kostenlos. Wer bei der Suche nach einem guten Rezept für den Schweins- oder Sauerbraten auf eine dubiose Seite wie „ihre-rezepte.de“ gerät, soll allerdings 84,80 Euro zahlen, für den Zugriff auf „28000 Kochrezepte in einer Datenbank“. Dass die Gebühr fällig wird, steht natürlich nur klein am Seitenende. Derzeit gehen Verbraucherschützer gegen den Anbieter vor.

4. Das falsche Millionärsquiz. Es häufen sich bei Verbraucherzentralen Beschwerden über die Internetseite www.millionenquiz.de. Auf der Homepage können Internetsurfer an einem Quiz teilnehmen und angeblich eine Million Euro gewinnen. Die erhoffte Million bleibt aber eine Vision: Stattdessen erhalten die Teilnehmer hohe Rechnungen zwischen 300 und 500 Euro. Wer sich nämlich nach fünf leicht zu beantworteden Fragen für die Finalrunde registrieren lässt, nimmt gleichzeitig auch die Teilnahmebedingungen an – und muss pro Spiel zehn Euro zahlen.

5. Die vergebliche Ahnenforschung. Die Masche, ein kostspieliges Angebot scheinbar kostenlos aussehen zu lassen, funktioniert auch bei Internetseiten, die Hilfe bei der Suche nach den eigenen Vorfahren anbieten. Dass dann zum Beispiel 60 Euro für einen Eintrag in eine Datenbank zur Ahnenforschung fällig werden, erkennt der Kunde erst, wenn die Rechnung kommt.

6. Die hinterhältige Lebensprognose. Immer wieder mahnen Verbraucherzentralen dubiose Anbieter ab, die ihre Gebühren auf ihrer Homepage verstecken. Oft ist dies vergeblich, weil die Anbieter vom Ausland aus operieren. Das gilt auch für die Webseite „lebensprognose.com“, die mit dem Slogan wirbt „Wie alt wirst Du? Jetzt testen!“ Für die Prognose werden übrigens 59 Euro fällig.

7. Die gefährliche Berufswahl. Auch mit der Berufswahl schlagen unseriöse Geschäftemacher Profit. So verspricht „www.berufs-wahl.de“ einen wissenschaftlichen Berufs- und Karrieretest. Wer sich darauf einlässt und sich in ein Kontaktformular einträgt, ist aber mit 59 Euro dabei. Der perfide Trick dabei: Die Bundesagentur für Arbeit bietet Informationen rund um Ausbildung und Jobwahl unter www.berufswahl.de an. Wer versehentlich den Bindestrich eingibt, gelangt nach längerem Warten nicht auf die offizielle und kostenlose Seite der Agentur, sondern landet bei einem kommerziellen Anbieter.

8. Das beliebte Zahlenrätsel. Sudoku ist in Deutschland äußerst beliebt. Das nutzen Unternehmen aus, sie versprechen Internetsurfern, die Zahlenrätsel zu lösen. Der Zugriff auf manche Seiten kostet allerdings einmalig satte 49,95 Euro.

9. Die gebührenpflichtige Gratis-SMS. „Jetzt 100 Gratis-SMS und Preise im Wert von 5000 Euro gewinnen“ – mit solchen oder ähnlichen Werbeparolen versuchen Geschäftemacher gutgläubige Kunden zu ködern. Ihr Angebot: direkt von einer Webseite SMS, also Kurznachrichten, auf Handys schicken. In den Geschäftsbedingungen haben die Anbieter eine tückische Klausel versteckt. Danach verwandelt sich das Testangebot nach 14 Tagen in ein Jahresabonnement.

10. Der angedrohte Schufaeintrag. Egal, ob es nun um den Trick mit der Nachbarschaftspost, um Gratiskondome oder Karrieretests geht – wenn sich Verbraucher dagegen wehren, die Rechnungen zu bezahlen, drohen die Geschäftemacher gerne per Rechtsanwalt mit einem negativen Schufa-Eintrag bei Nichtbezahlung. Verbraucherschützer raten aber auch dann, kein Geld zu überweisen (siehe Infokasten).

Frank Schuster

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de