3D-Druck: Neuer Druck für den Markt

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3D-Drucker

Als Dienstleister für 3D-Druck spielen Handwerksbetriebe noch kaum eine Rolle. Dabei ist das Potenzial enorm. Denn längst sind Geräte auf dem Markt, die unterschiedlichste Materialien verarbeiten können.

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    Tischler Sebastian Bächer nutzt seinen 3D-Drucker für Designstudien, hier für eine Lampe.
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    „3D-Druck-Kenntnisse sind ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für Betriebe.“ Rainer Gebhardt, ­ Verband Deutscher ­Maschinen- und ­Anlagenbau (VDMA).
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    Sebastian Bächer fertigt Stuhlmodelle per 3D-Druck.
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    Designstudie aus dem Drucker. So könnte eine Fassade aussehen.

Vor drei Jahren kaufte sich Sebastian Bächer, Inhaber der Tischlerei Bächer Bergmann in Köln, den ersten 3D-Drucker. Seine Motivation: Neugier. „Ich war schon immer von computergestützten Maschinen fasziniert“, erzählt Bächer. „Besonders interessiert mich die Schnittstelle zum Handwerk, die meiner Ansicht nach noch in den Kinderschuhen steckt.“ Bis dahin hatte sich Bächer Auftragsarbeiten bei 3D-Druck-Dienstleistern erledigen lassen: Prototypen, Formen, Beschläge. Irgendwann keimte der Gedanke auf, die Technik in der eigenen Tischlerei auszuprobieren, trotz hoher Investitionskosten. Der Schritt war naheliegend, denn der Tischlermeister ist zugleich Programmierer und Spezialist im 3D-Druck-Bereich. In seinem Betrieb entwirft und programmiert er Modelle für Designermöbel, Prototypen oder Skulpturen. Bächer ist längst keine Ausnahme mehr. Denn 3D-Druck ist schon viel verbreiteter, als viele annehmen: Tischler drucken Beschläge, Optiker fertigen individuelle Brillengestelle, Kraftfahrzeugmechatroniker  Scheinwerferhalterungen, und jeder, der mag, kann sich selbst im Miniaturformat ausdrucken. In Großstädten öffneten bereits erste 3D-Druck-Cafés, die günstig Drucke aus verschiedenen Kunststoffen und Holz offerieren. Neue professionelle 3D-Druck-Dienstleistungsanbieter, darunter IT-Experten, technikaffine Unternehmensberater, 3D-Druck-interessierte Privatleute, bieten inzwischen alles vom Computermodell einer Idee bis hin zum fertig ausgedruckten Gegenstand. Nur handwerkliche Betriebe sind noch eine Minderheit.

40 neue Anbieter im Monat

Die niederländische Internetseite 3dhubs.com ist Europas größte Plattform, auf der 3D-Druck-Anbieter ihre Dienste anbieten können. Jeder Besitzer eines Druckers, ob privat oder gewerblich, kann seine Leistungen hier ausschreiben und vermarkten – dafür erhält der Betreiber der Plattform 15 Prozent der über die Webseite generierten Umsätze als Provision. Rund 350 deutsche Anbieter haben sich bereits auf 3dhubs.com registriert, monatlich kommen 40 weitere hinzu. Damit rangieren die Deutschen, gemessen an der Gesamtzahl, hinter denen aus den USA und den Niederlanden auf dem dritten Platz. „Wir erwarten, dass Deutschland die Niederlande bald überholen wird“, sagt Filemon Schöffer, Geschäftsführer der Plattform. Wie viele handwerkliche Betriebe auf seiner Plattform registriert sind, weiß Schöffer nicht. Aber er schätzt, dass es ständig mehr werden. Für Handwerksbetriebe bedeutet das: In der Technologie steckt riesiges Potenzial.

Nur noch fünf Jahre soll es dauern, bis sich die 3D-Drucktechnologie endgültig im Alltag durchgesetzt hat, schätzen Analysten des IT-Marktforschungsinstituts Gartner. Schon jetzt sind Geräte auf dem Markt, die Objekte aus Metall, Holz, Keramik oder Gummi herstellen können. Das Marktvolumen soll bis 2018 auf weltweit 16,2 Milliarden US-Dollar anwachsen. Experten sehen heute bereits einen Jahresumsatz von 2,2 Milliarden US-Dollar (Einen umfangreichen Marktbericht finden Sie in Ausgabe 10/2014). „Die 3D-Druck-Technik bietet sich immer an, wenn etwa nur wenige verschlissene Bauteile ersetzt werden müssen“, erklärt Rainer Gebhardt, 3D-Experte beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). „Schon die Herstellung eines passenden Werkzeugs ist oft viel zu teuer und zu aufwändig.“ Auch Verschleißteile müssten zukünftig nicht mehr komplett ausgetauscht werden, wenn sie  abgenutzt sind. 3D-Druck erlaubt es, schichtweise neues Material aufzutragen. Im Maschinenbau arbeiten die Experten vor allem daran, industrielle Anwendungen weiterzuentwickeln. Wenn alles klappt, müssen Betriebe zukünftig kein breites Ersatzteil-Sortiment vorrätig haben, sondern lediglich die nötigen Computer-Daten für den Druck. Was gebraucht wird, wird ausgedruckt. Das spart Logistik und Lagerhaltung. Gerade Handwerksunternehmer könnten deshalb die Technologie viel umfassender einsetzen, als sie es bisher tun. Doch viele zögern noch. Experten sehen mehrere Gründe: Professionelle Drucker seien mit hohen Investitionen verbunden. Außerdem fehle oft Fachwissen, um effektiv mit der neuen Technologie umgehen zu können. „Betriebe brauchen immer noch viel Zeit, um zu entdecken, was mit 3D-Druckern möglich ist“, sagt Gebhardt.

Drei Wege für Handwerker

Für Handwerkerbetriebe gibt es drei verschiedene Wege, erste Erfahrungen mit dem 3D-Druck zu sammeln: Sie können einen Drucker anschaffen und nach Möglichkeiten suchen, die Maschine im eigenen Unternehmen einzusetzen. Oder sie beauftragen einen Dienstleister, Produkte und Einzelteile per 3D-Druck zu fertigen. Dritte Möglichkeit: Handwerksbetriebe schaffen einen Drucker an, werden selbst zum Dienstleister anderer Unternehmen – und generieren auf diesem Weg zusätzlichen Umsatz.
„Für uns ist die Technologie sehr interessant und das Potenzial noch längst nicht voll ausgeschöpft“, sagt Bächer. „Aber wir verdienen damit noch kein Geld.“ Der Hauptgrund: Für die Bedienung eines 3D-Druckers ist ein CAD-Zeichner nötig, der am Computer technische Zeichnungen erstellen kann. „Man benötigt mindestens ein bis zwei Personen, die mit der 3D-Technologie arbeiten, sonst sind die Drucker wirtschaftlich nicht tragfähig.“ Bächer hat das Problem in seinem Betrieb gelöst, indem er diese Aufgabe selbst erfüllt.

Michael Stange ist einer der Deutschen, die das Dienstleistungs-Geschäftsmodell bereits erfolgreich betreiben. Der Industriemechaniker und technische Zeichner baute in Stuttgart das Unternehmen Rioprinto.com auf. Kunden sind Architekturbüros, Modellbauer und Firmen aus der Automobilzulieferer-Branche. „Im Moment betreibe ich Rioprinto noch in Teilzeit“, berichtet Stange. „Aber die Zahl der Anfragen nimmt ständig zu. Viele kleine und mittelgroße handwerkliche Betriebe wollen von uns wissen, wie sie 3D-Druck für sich nutzbar machen können.“ Der Unternehmer bietet Expertenwissen im CAD-Bereich und kann so Skizzen und Ideen in einen 3D-Druck verwandeln. Mehrere Branchenverbände wollen Unternehmen in ihren Bemühungen, Know-how im 3D-Druck-Bereich zu sammeln, unterstützen und schaffen mit Netzwerken und Initiativen Schnittstellen zwischen Unternehmen und Experten. „Viele Unternehmen sprechen nicht gern über ihr Know how“, sagt Rainer Gebhardt. Aber: „Nicht alle denken so. Zum Glück.“