Mehrwert für die Mitarbeiter Erfolgsmodell im Check: Betriebliche Krankenversicherung (bKV) im Kosten- und Leistungsvergleich

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Betriebsversicherung, Krankenversicherung und Mitarbeitermotivation

Mit einer betrieblichen Krankenversicherung (bKV) werden angestellte Handwerker zu Privatpatienten. Das wirkt sich positiv auf Betriebsklima, Mitarbeiterbindung, Fachkräftegewinnung und Krankheitsdauer aus. Ein kostengünstiges Win-win-System.

Von Uwe Schmidt-Kasparek

Robert Sinz, Fa. Sinz Haustechnik
Robert Sinz, Mitinhaber der Firma Sinz-Haustechnik , der die betriebliche Krankenversicherung auch als Employer-Branding werblich nutzt. - © Kees van Surksum

Die betriebliche Krankenversicherung „eilt weiter von einem Erfolg zum nächsten“, freut sich Ralf Kantak, Vorstandschef der Süddeutschen Krankenversicherung und des Verbandes der Privaten Krankenversicherer. Arbeitgeber würden zunehmend erkennen, dass gerade nach der Pandemie noch mehr Mitarbeiter den Wunsch haben, den gesetzlichen Krankenversicherungsschutz mit privater Vorsorge aufzuwerten.

In Zahlen: Über 1,5 Millionen Menschen in 18.200 deutschen Unternehmen haben eine betriebliche Krankenversicherung (bKV). Im Jahr 2018 waren es nur halb so viele Versicherte, die in nur 7.700 Betrieben einen Schutz vom Chef erhielten. Doch es gibt noch Luft nach oben – denn in Deutschland sind mehr als drei Millionen Betriebe registriert, davon über eine Million Handwerksunternehmen. Viele von ihnen könnten ihr Team privat versichern.

Die vier großen Trends

handwerk magazin hat den Markt für betriebliche Krankenversicherungen untersucht und vier große Trends ausgemacht.

Trend 1: Der Arbeitgeber übernimmt die bKV als Sozialleistung, so wird sie steuerlich als Sachlohn behandelt. Das erlaubt auch Betrieben mit wenigen Mitarbeitern den Abschluss einer bKV. Denn zahlt der Arbeitgeber, kann er einen Gruppenvertrag abschließen, der alle Mitarbeiter automatisch versichert. Zahlt der Arbeitnehmer, sind nur Einzelverträge mit schlechteren Konditionen möglich. Unsere aktuelle Marktübersicht zeigt insgesamt 19 Versicherer, die Gruppenverträge für Betriebe im Köcher haben. Der Markt wächst und die Tarifvielfalt nimmt zu.

Trend 2: Es gibt immer mehr individuelle Angebote auch für Kleinstbetriebe. So bieten Signal Iduna und Württembergische bKV-Gruppentarife schon ab drei Mitarbeitern an. Bei vielen anderen Assekuranzen ist das ab fünf Mitarbeitern möglich. Etwas höher liegt oft die Schwelle, wenn die Mitarbeiter künftig als Privatpatient im Krankenhaus behandelt werden sollen.

Budgettarife sind der Renner

Trend 3 sind die Budgettarife. Insgesamt zwölf Assekuranzen bieten sie an. Bei unserer Analyse im Vorjahr konnten wir nur vier Unternehmen identifizieren, die dieses Angebot am Markt hatten.

Bei Budgettarifen legt der Arbeitgeber ein Jahresbudget für private Versicherungsleistungen fest und zahlt dafür einen monatlichen Beitrag in die bKV. Jeder Mitarbeiter kann innerhalb angebotener Pakete oder Leistungen wählen, welche er für sich nutzen möchte. Die Kosten sind gering und variieren je nach Budget: Der „300-Euro-Jahres-Deckel“ bei der Allianz Private Krankenversicherung kostet den Arbeitgeber nur 12,90 Euro pro Monat und Mitarbeiter – für einen Deckel von 1.500 Euro werden fast 53 Euro monatlich fällig.

Das leisten Bausteintarife

Trend 4 sind die Bausteintarife – der Klassiker der bKV. Sie werden zusätzlich zu Budgettarifen angeboten. So hat etwa die Ergo über ihre Tochter DKV die sogenannten Kompakttarife am Markt. „Sie sehen unterschiedliche Leistungsbereiche vor“, so das Unternehmen. Der Unterschied zum Budgettarif: Es gibt keinen Summendeckel. Vielmehr werden bestimmte ärztliche Leistungen versichert. Wichtig: „Die Nutzung der Zahnersatzleistung beeinträchtigt den Anspruch bei der Brillenleistung nicht und umgekehrt“, erklärt die Ergo das Modell.

Steuerliche Behandlung: Die bKV ist privilegiert

Eine bKV bringt den Mitarbeitern erhebliche Vorteile bei der Versorgung im Krankheitsfall. Auch der Fiskus spielt mit, wenn die folgenden Regeln beachtet werden.

Seit 2019 ist die betriebliche Krankenversicherung (bKV) vom Bundesfinanzministerium als Sachlohn anerkannt. Die nachfolgenden Tipps sind eine Orientierung für Handwerksunternehmer, damit es bei Einrichtung und Abrechnung der bVK-Beiträge keinen Ärger mit dem örtlichen Finanzamt gibt. Sie können aber nicht eine individuelle Beratung durch einen Steuerberater sowie Fachanwalt für Arbeitsrecht ersetzen.

  • Der Sachlohn wird als zusätzlicher Bonus zur Mitarbeitermotivation genutzt. Beliebte Formen sind Essens- oder Tankgutscheine – aber eben auch zusätzliche Versicherungsleistungen in Form einer betrieblichen Krankenversicherung.
  • Bis 50 Euro pro Monat und Arbeitnehmer ist der Sachbezug derzeit steuerfrei. Bei der Umsetzung der bKV sollte darauf geachtet werden, dass eine arbeitsvertragliche Regelung vorliegt. Voraussetzung ist, dass der Mitarbeiter nur Anspruch auf die Versicherungsleistung einer bKV hat. Ein Anspruch auf einen Geldzuschuss für den Abschluss einer bKV, schließt hingegen den Sachlohn aus.
  • Wichtig ist, dass mit Überschreiten der Sach-bezugsfreigrenze alle Sachbezüge steuerpflichtig werden. Problematisch kann es daher werden, wenn bereits andere Leistungen, etwa Tankgutscheine, als Sachlohnleistungen gewährt werden. Eine Umstellung ist dann nicht immer ganz einfach, weil rechtliche Grundlagen für einen Sachbezug geprüft werden müssen. „Einfach umstellen kann man eine solche Leistung vor allem dann, wenn sie lediglich eine betriebliche Übung ist und so nicht als arbeitsvertragliche Zusage oder aus einer bestehenden Versorgungsordnung stammt“, erläutert Uwe Jüttner vom Versicherungsmakler Aon aus Hamburg.
  • Der Sachbezug kann nach §40 oder §37b Einkommensteuergesetz (EstG) pauschal versteuert werden. Möglich ist auch eine Nettolohnversteuerung. Dabei wird das Bruttogehalt so weit erhöht, dass netto nach Abzug des Beitrags zur bKV inklusive der dazugehörigen Steuern und Sozialabgaben der gleiche Nettolohn wie vorher rauskommt. Damit entsteht für den Arbeitnehmer kein finanzieller Nachteil.
  • Die Kosten für Steuern und Sozialabgaben der bKV übernimmt der Arbeitgeber. Das Unternehmen kann diese Kosten inklusive Steuern und Sozialabgaben als Betriebsausgaben steuerlich geltend machen.

Neue Anbieter, neue Leistungen

Viele Arbeitgeber entscheiden sich für Budgetangebote. Damit überlassen sie dem Mitarbeiter die Wahl der Leistung. Die Assekuranz reagiert und weitet ihr Angebot aus. So haben Continentale, Nürnberger und R+V jüngst Budgettarife eingeführt. Auch die Gothaer will im Oktober mit zwei neuen, leistungsstärkeren Budgettarifen an den Markt gehen. Während die Nürnberger sich inhaltlich noch bedeckt hält, erläutert die R+V die neuen Budgettarife ausführlich. Möglich sind drei Budgets mit 300, 600 und 900 Euro. Die Versicherten können wählen zwischen ambulanten Vorsorgeuntersuchungen und Schutzimpfungen, Zahnvorsorge inklusive professioneller Zahnreinigung und Kunststofffüllungen sowie Sehhilfen und operative Sehschärfenkorrektur. Außerdem wird der Aufwand für Arzneimittel und Hilfsmittel sowie Naturheilverfahren übernommen. Bei Zahn- und Sehleistungen gilt für jedes Budget zusätzlich eine kleinere Summe als Jahresdeckel (siehe Download).

Das Manko der bKV

Nach Einschätzung von Uwe Jüttner, Experte für betrieblichen Gesundheitsschutz beim Versicherungsmakler Aon in Hamburg, steht die bKV im Wettbewerb mit der Entgeltumwandlung: „Anders als in der betrieblichen Altersversorgung, sieht der Gesetzgeber derzeit keine Möglichkeit vor, eine bKV in Form einer Entgeltumwandlung vorzunehmen.“ Somit gibt es auch keine Pflicht, grundsätzlich 15 Prozent zu übernehmen, wie es seit 2019 für Neuverträge der betrieblichen Altersvorsorge und seit 2022 für alle Betriebsrenten vorgeschrieben ist. Demzufolge entscheide das jeweilige Unternehmen für sich selbst, ob der Arbeitgeber allein, der Arbeitnehmer oder beide einen Beitrag zur bKV leisten. Das sei je Betrieb eine Frage der personalpolitischen Ziele und finanziellen Möglichkeiten.

Beispielfall großer Betrieb

Die Horst Busch Gruppe aus Hamburg, die vor allem Elektro- und Sicherheitsinstallationen anbietet, hat für ihre Mitarbeiter bei der HanseMerkur einen Bausteintarif abgeschlossen. Es entscheidet also der Arbeitgeber, welche Leistungen versichert sind. So kann er jene Krankheiten mit dem Privatschutz versehen, die in seinem Betrieb die längsten Ausfallzeiten verursachen. „Der Extra-Gesundheitsschutz ist nun ein wichtiger Baustein unseres Vorteilkonzepts für die Belegschaft“, erläutert Geschäftsführer Oliver Seib. Sein Bruder Markus Seib ergänzt: „Wir setzen dabei vor allem auf die Vorsorge.“ Alle rund 280 Mitarbeiter – mit Ausnahme der Auszubildenden – können die bKV nutzen. Sie bietet beispielsweise alle zwei Jahre ein vorsorgliches Hautkrebs-Screening. „Das Angebot wird sehr gut angenommen“, so Oliver Seib. Rund 100 Mitarbeiter hätten schon Leistungen abgerufen. „Wir erhalten die Infos von der HanseMerkur natürlich aus Datenschutzgründen vollkommen anonym.“

Das Besondere am Konzept der Brüder Seib: Sie bieten einen nach Betriebszugehörigkeit gestaffelten Schutz an. Markus Seib: „Nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit besteht Anrecht auf Vorsorgeschutz, nach zwei Jahren auf private Zahnbehandlung und nach fünf Jahren auf vollen Zahnersatz.“ Für das höchste Level zahlt der Arbeitgeber rund 17 Euro pro Monat und Mitarbeiter. Mit Gesundheitskarte und Video im Intranet wird das Angebot jedem nahegebracht. „Das hat sich aber auch schnell rumgesprochen“, sagt Oliver Seib. Gleichzeitig würde die Buchhaltung die Gesundheitskarte automatisch updaten, wenn ein neues Schutzlevel aufgrund der Betriebszugehörigkeit erreicht ist. Das Handling sei prima, sagen die Brüder – auch für die Mitarbeiter. Sie müssen sich per App einmal bei der HanseMerkur anmelden und können dann die Rechnungen des Arztes einfach scannen. „Die Zahlung erfolgt blitzschnell. Es musste noch niemand Vorkasse leisten“, freut sich Oliver Seib. Zudem gibt es über die HanseMerkur für alle Mitarbeiter nun den Facharztterminservice per Hotline. „Da bekommt man vielleicht nicht immer den Wunscharzt, aber immer zeitnah einen Termin – das geht viel schneller, als wenn man selbst einen Termin vereinbaren möchte, und ist ein sehr empfehlenswerter Service“, freut sich Markus Seib. Alle Kosten für den privaten Gesundheitsschutz trägt die Firma. „Mög­licherweise deckt unsere bKV irgendwann auch das Krankenhaus ab“, denkt Oliver Seib über eine Erweiterung nach.

Die Tarife der HanseMerkur sind sehr leistungsstark, wie unsere Rating-Übersichten des Analysehauses Ascore zeigen. Bei Zahnersatz ist mit dem Tarif „BKZT/90“ sogar die Top-Note „sechs Kompasse“ möglich, bei privatem Krankenhausschutz und Heilpraktiker gibt es die zweitbeste Bewertung (nicht in der Tabelle aufgeführt).

Beispielfall kleiner Betrieb

Auch kleinere Handwerksbetriebe nutzen die bKV für ihre Mitarbeiter. So etwa die Firma Sinz aus Heimenkirch im Allgäu, die bereits seit 1885 Hausbesitzern hilft, ihre Haustechnik zu erneuern und instand zu halten. „Seither hat sich die Welt natürlich stark gewandelt“, schmunzelt einer der beiden Chefs, Robert Sinz. „Angesichts des Mitarbeitermangels suchen wir ständig nach einem speziellen Employer-Branding. Und haben es über die betriebliche Krankenversicherung ganz gut gefunden“, sagt Sinz. Alle 16 Mitarbeiter seien von der Idee, Privatpatient im Krankenhaus zu sein, begeistert. „Eine Mitarbeiterin hat das schon bei einer Operation gut genutzt“, ist der Unternehmer zufrieden.

Sinz zahlt mit knapp 43 Euro pro Mitarbeiter und Monat nicht nur für den neuen Status im Krankenhaus, sondern mit dem zweitteuersten Tarif der Versicherungskammer Bayern auch für alternative Heilmethoden, Zahnleistungen, Sehhilfen und Auslandskrankenversicherung. „Mit dem Rundumschutz werben wir auch in Stellenanzeigen“, erzählt Sinz. Er meint, dass gerade kleinere Betriebe mit dieser Leistung bei der schwierigen Mitarbeitersuche punkten können.

Allein die Einrichtung der bKV sei etwas anstrengend gewesen. Doch nun laufe es prima. Die Mitarbeiter würden ihre Privatversicherten-Karte vorzeigen und könnten dann die Rechnung der Versicherungskammer schicken. Die Beiträge werden unkompliziert über die Lohnbuchhaltung abgebucht. Sinz: „Mit dieser Versicherung“, Betonung auf ‚dieser‘, „sind wir wirklich glücklich.“

Betriebliche Krankenversicherung im Leistungstest

Ascore Scoring bewertet Versicherungstarife – hier sind die am besten benoteten Tarife für drei Bausteine aufgeführt.

Baustein-Tarife „Zahnersatz“
  • Allianz: bKV Zahnersatz Best (FZZB02)
  • AXA: FlexMed Zahnersatz Premium
  • Barmenia: Zahn-Budget 5.000
  • DKV: BonusMed Zahn BDT85
  • HanseMerkur: BKZT/90
  • Süddeutsche: Zahn 100 (ZP1O/ZP1F)
  • Süddeutsche: Zahn 90 (ZP9O/ZP9F)
Baustein-Tarife „Stationär – Topschutz“
  • Allianz: bKV Krankenhaus (FKH02)
  • Barmenia: BusinessClass top
  • R+V: Klinik premium PROFIL (K1VF)
  • Süddeutsche: Klinik 1-Bett (SP1O/SP1F)
  • Süddeutsche: Klinik 2-Bett (SP2O/SP2F)
Baustein-Tarife „Heilpraktiker“
  • DKV: BonusMed Naturheilverfahren BNHB
  • Süddeutsche: Ambulant 100 (AP1O/AP1F)
  • Süddeutsche: Ambulant 90 (AP9O/AP9F)

Quelle: ascore Das Scoring GmbH; Abruf Datenbank 06.06.2022

Die bKV ist einfach im Handling

Uwe Jüttner erklärt die „denkbar einfache“ Einrichtung einer bKV: Zunächst werde zwischen dem Arbeitgeber und der Assekuranz ein Gruppenversicherungsvertrag geschlossen. Darin wird festgehalten, wer – alle Mitarbeiter oder nur eine bestimmte, objektive Gruppe – welche Leistungen erhält. „Dieser Leistungsanspruch sollte gegenüber den Mitarbeitern in Form einer Versorgungsordnung oder Betriebsvereinbarung schriftlich festgehalten werden“, rät Jüttner. Mit Beginn der bKV werden die Mitarbeiter vom Arbeitgeber angemeldet und intern eine eigene Lohnart angelegt. Die Beitragszahlung erfolgt monatlich, meist im Lastschriftverfahren. Damit ist der Prozess der Ersteinrichtung bereits abgeschlossen. „Die laufende Abwicklung sieht nur noch die An- und Abmeldung neuer oder ausscheidender Mitarbeiter vor“, informiert Jüttner.

Fazit: Die bKV stellt bei Handwerksbetrieben ein deutliches Alleinstellungsmerkmal dar. Unternehmer können sie werblich nutzen, um neue Mitarbeiter zu gewinnen und Fachkräfte an sich zu ­binden – etwa in Stellenanzeigen oder auf der Homepage. Experte Jüttner sieht in der bKV zudem einen Inflations­ausgleich für steigende Gesundheits­kosten. Eine bKV sei somit eine Alternative zu einer Gehaltserhöhung. „Ich stelle in der Praxis immer wieder fest, dass die Mitarbeiter, die eine bKV von ihrem Arbeitgeber vollfinanziert erhalten, nicht nur den Mehrwert schnell erkennen, sondern sich auch ganz besonders wertgeschätzt fühlen“, erzählt Jüttner.

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