Zahlungsmoral: Im Handwerk immer noch nicht top

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Eine aktuelle Inkasso-Umfrage bringt gute Nachrichten: Zahlungsmoral ist derzeit top, private und gewerbliche Pleiten gehen 2015 weiter zurück. Die Gründe liegen auf der Hand: boomende Konjunktur und niedrige Arbeitslosenzahlen.

Firmeninsolvenzen gehen auch 2015 weiter zurück. - © Gina Sanders/Fotolia

In ihrer Halbjahresumfrage melden 64 Prozent der Inkassounternehmen, dass Rechnungen jetzt genauso gut wie vor sechs Monaten bezahlt werden. 20 Prozent haben sogar eine noch bessere Zahlungsmoral beobachtet. Grund ist die gute Konjunktur, verbunden mit einer niedrigen Arbeitslosigkeit und einem für Unternehmen wie für Verbraucher attraktiven Investitionsklima.

Firmenpleiten gehen zurück

Daher gehen auch die Unternehmensinsolvenzen weiter zurück. Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) prognostiziert bis Ende des Jahres etwa 22.500 Verfahren (2014 waren es noch 24.085 Verfahren). Auch die Verbraucherinsolvenzen sind rückläufig – auf voraussichtlich rund 82.000, nach 86.298 im Vorjahr.

Hauptgrund, warum Verbraucher schlecht zahlen, ist nach wie vor die Überschuldung (81 Prozent der Inkassofirmen melden das in der aktuellen Umfrage), gefolgt von einem unkontrollierten Konsumverhalten (72 Prozent) und einem vorübergehenden Geldmangel (49 Prozent). Nur noch 46 Prozent nennen Arbeitslosigkeit als Grund – vor zwei Jahren lag dieser Wert bei 66 Prozent.

Handwerk profitiert nicht von besserer Zahlungsmoral

Probleme mit der Rechnungstreue ihrer Kunden haben aktuell das Handwerk (meldeten 45 Prozent der BDIU-Mitglieder), der Online- beziehungsweise Versandhandel (44 Prozent) sowie die Energieversorgungswirtschaft (37 Prozent). Vergleichsweise gut läuft es im Gastgewerbe – hier berichtet nicht einmal jedes zwölfte Inkassounternehmen von Schwierigkeiten.

Öffentliche Hand zahlt schlechter

Völlig gegensätzlich zum guten allgemeinen Zahlungsverhalten ist die Entwicklung bei öffentlichen Auftraggebern. 86 Prozent der Inkassounternehmen melden, dass deren Zahlungsverhalten unverändert schlecht ist. Elf Prozent berichten sogar von einer weiteren Verschlechterung. „Die öffentliche Hand sollte beim Zahlungsverhalten eine Vorbildfunktion haben“, mahnt BDIU-Präsident Wolfgang Spitz. „Ein Grund, warum das leider nicht der Fall ist, dürfte wohl auch darin zu sehen sein, dass viele Städte und Gemeinden selbst über kein gutes, eigenes Forderungsmanagement verfügen.“ Alleine die Kommunen haben in Deutschland derzeit offene Forderungen von über 20 Milliarden Euro.

EU-Datenschutz gefährdet Zahlungsmoral

Deutliche Kritik äußern die Inkassounternehmen auch an den Plänen zu einer EU-Datenschutzgrundverordnung. Sie soll noch dieses Jahr auf den Weg gebracht werden. Das könnte zur Folge haben, dass Gläubiger bei der Beauftragung von Inkassounternehmen nachweisen müssen, dass ihre Schuldner mit der Weitergabe ihrer Daten einverstanden sind. 83 Prozent der Inkassounternehmen glauben, dass dadurch die Durchsetzung von Forderungen erheblich erschwert wird.

Auch Auskunfteien sind betroffen. BDIU-Präsident Spitz: „Die Bonität von Kreditnehmern kann dann nicht mehr zuverlässig ermittelt werden. Das brächte mehr Zahlungsausfälle, deren Kosten wiederum alle redlichen Verbraucher mittragen müssten, denn sie bezahlen zum Ausgleich höhere Preise für Waren und Dienstleistungen.“

77 Prozent der Inkassounternehmen prognostizieren daher, dass sich das Zahlungsverhalten wegen der Datenschutzgrundverordnung erheblich verschlechtern wird.